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#„Ich bin absolut dafür, auch die Zwölfjährigen zu impfen“

„Ich bin absolut dafür, auch die Zwölfjährigen zu impfen“

Frau Brinkmann, haben Sie schon Urlaubspläne für dieses Jahr?

Ja, wir fahren in ein Ferienhäuschen an die Nordsee. Bei der niedrigen Inzidenz reisen wir da guten Gewissens hin. Natürlich verhalten wir uns dabei rücksichtsvoll. Als Familie mit drei Kindern werden wir viel draußen sein. Was ich mich schon gefragt habe, weil die Kinder das so gerne machen würden: Wenn die Freizeitparks offen haben, würden wir da hingehen? Wenn man sich auf engstem Raum in der Schlange anstellen muss, dann eher nicht.

Allerorten wird gelockert, die EM-Stadien sind voll, die Leute wollen verreisen, es wird über die Maskenpflicht diskutiert. Unterschätzen wir die Gefahr einer vierten Welle?

Wie die Zahlen sich entwickeln, das liegt nach wie vor in unserer Hand. Wenn wir keine Vorsorgemaßnahmen treffen, werden sie spätestens im Herbst steigen, vermutlich schon früher. Aktuell haben wir die Gelegenheit, die niedrige Inzidenz zu halten, indem wir weiterhin testen und in Innenräumen Masken tragen. Ich plädiere für ein verstärktes Testen nach den Ferien. Nehmen wir zum Beispiel Nordrhein-Westfalen und die „Lolli-Tests“, bei denen die Schüler an einem Teststäbchen lutschen. Das ist angenehmer, als mit den Stäbchen in der Nase zu popeln, und die Tests funktionieren auf PCR-Basis und können einen Infizierten früher erkennen als die Antigen-Schnelltests. Trotzdem sind die Schnelltests besser als gar keine Tests und stellen einen wichtigen Beitrag dar, vor allem im Hinblick auf die Delta-Variante. Es scheint so, dass bei der Delta-Variante die Infizierten deutlich mehr Viruspartikel ausscheiden als bei der Alpha-Variante. Es ist also wahrscheinlich, dass auch die Schnelltests besser anschlagen.

Was macht die Delta-Variante so gefährlich?

Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit. Wir kommen mittlerweile mit den Impfungen gut voran, aber zurzeit haben wir nicht ausreichend Impfdosen, gleichzeitig hat die Delta-Variante an Effektivität gewonnen. Das Ziel ist, den R-Wert unter eins zu drücken, damit die Ausbreitung des Virus abflaut. Bei der Alpha-Variante können wir ohne Maßnahmen von einem R-Wert von 4 bis 4,5 ausgehen, bei Delta liegt er im Bereich von 6. Deshalb darf man jetzt nicht zu viele Maßnahmen wieder einstampfen. Vor allem nicht die, die am wenigsten wehtun, wie Masken und Testen.

Nach derzeitigem Kenntnisstand ist der vollständige Impfschutz gegen die Delta-Variante besonders wichtig. Mehrere Gesundheitspolitiker fordern, die Zweitimpfungen vorzuziehen. Wer noch gar nicht geimpft ist, käme dann später dran. Halten Sie das auch für geboten?

Nein. Wir müssen so vielen Menschen wie möglich die erste Impfung ermöglichen. Noch haben wir dafür zu wenig Impfstoff, aber bis September hat sich das hoffentlich entspannt. Ich bin absolut dafür, auch die Zwölf- bis Fünfzehnjährigen zu impfen. Aber zuerst sollten die Risikogruppen dran sein. Was nutzt es dem Kind, wenn die Eltern schwer krank werden? Natürlich schützt die vollständige Impfung besser, aber auch die erste reduziert das individuelle Risiko erheblich.

Virologin: Melanie Brinkmann ist Professorin für Genetik der Viren an der TU Braunschweig und berät die Bundesregierung in der Corona-Krise.


Virologin: Melanie Brinkmann ist Professorin für Genetik der Viren an der TU Braunschweig und berät die Bundesregierung in der Corona-Krise.
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Bild: dpa

Angesichts der Ausbreitung der Delta-Variante hat der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach die STIKO dazu aufgefordert, ihre eingeschränkte Empfehlung für die Impfung von Kindern zu überdenken. Wie sehen Sie das?

Die STIKO hat ihre Entscheidung auf der Basis der Studie getroffen, die zu diesem Zeitpunkt veröffentlicht war. Da ging es lediglich um etwa 1000 Kinder. Bei dieser niedrigen Zahl kann man noch nicht abschließend beurteilen, wie es mit seltenen Nebenwirkungen aussieht. Hinzu kommt: Wir haben nicht ausreichend Impfstoff, der ist zurzeit noch für die Älteren gedacht. Es gab also keine generelle Absage an Impfungen für Kinder, die STIKO möchte einfach noch abwarten, bis weitere belastbare Daten vorhanden sind. Wissenschaftlich gesehen, ergibt das Sinn, solch ein Vorgehen führt aber zu Verunsicherung in der Bevölkerung. Idealerweise hätte man das gleich mit kommunizieren sollen. Seit ein paar Tagen gibt es Daten aus den USA, die bereits Hunderttausende Kinder im Alter von zwölf bis 15 Jahren geimpft haben, die Centers for Disease Control and Prevention haben sie zugänglich gemacht. Da wird gegenübergestellt: Wie groß ist das Risiko in der jeweiligen Altersgruppe, an Corona zu erkranken, und wie groß das Risiko, Nebenwirkungen der Impfung davonzutragen? Dabei überwiegt der Nutzen einer Impfung deutlich.

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