Nachrichten

#„Ich bin nicht der Quoten-Schwarze“

„Ich bin nicht der Quoten-Schwarze“

Wenn bemängelt wird, dass im Bundestag zu viele Beamte und zu wenige Unternehmer sitzen, dann haben es die Berliner in der Hand, dies zu ändern: Im Wahlkreis Spandau-Charlottenburg Nord kandidiert für die CDU Joe Chialo, 1970 in Bonn als Sohn einer tansanischen Diplomatenfamilie geboren, heute Manager in der Musikbranche.

Georg Meck

Georg Meck

Verantwortlicher Redakteur für Wirtschaft und „Geld & Mehr“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Nach dem Abitur absolviert er zunächst eine Lehre zum CNC-Fräser, studiert Geschichte und Politik, spielt außerdem mit seiner Band „Blue Manner Haze“ Crossover-Rock (anzuhören auf Youtube). Irgendwann heuert Chialo beim Musikkonzern Universal an, bis er schließlich seine eigene Firma gründet. „Airforce 1 Music Group“ heißt die, Chialo betätigt sich als Künstlermanager, Musikverleger, Plattenfirma. Diverse Künstler aus Afrika stehen bei ihm unter Vertrag, ebenso Santiano und die Kelly Family.

Gestartet als Unternehmer ist Joe Chialo vor zehn Jahren. „Von null, ohne fremde Mittel“, sagt er. Heute stehe die Firma auf „gesunden Beinen“, hat zehn feste Angestellte plus ein Netz an freien Mitarbeitern. Das Geschäft will der Politik-Aspirant weiterhin betreiben, auch wenn der Sprung in den Bundestag gelingt: „Ich bleibe den Künstlern verbunden.“ Für die Interessen der Kreativbranche, in der Corona-Krise besonders gebeutelt, will er im Parlament kämpfen. Den Beschluss, sich in der Politik zu engagieren, fasste Chialo nach eigener Darstellung auf der Pilgerwanderung auf dem Jakobsweg, die er sich zum 50. Geburtstag selbst geschenkt hat. „Ich fühle eine Verpflichtung, Verantwortung zu übernehmen“, sagt der Polit-Neuling.

Zunächst hatte Chialo sich vorgenommen, den Wahlkreis Berlin-Mitte nach 30 Jahren für die CDU zurückzuerobern. Weil da schon eine potente Kandidatin unterwegs war, bot ihm nun der Berliner CDU-Landesvorsitzende Kai Wegner seinen eigenen Wahlkreis an, da er selbst als Spitzenkandidat für das Berliner Abgeordnetenhaus antritt. Dies sei „eine große Ehre“, sagt Chialo, der in den neunziger Jahren Mitglied der Grünen war. („Ausschließlich wegen der Person von Joschka Fischer; ich habe bewundert, wie er die Welt gesehen und nach seinen eigenen moralischen Maßstäben gehandelt hat.“)

Ausgetreten ist er aus der Ökopartei im Streit um Bundeswehreinsätze auf dem Balkan. Fischer, damals Außenminister, war dafür seinerzeit auf dem Grünen-Parteitag mit Farbbeuteln beworfen worden. Chialo verzweifelte an der Partei; er könne bis heute nicht verstehen, dass Deutsche, die ihre Freiheit dem Blutzoll alliierter Soldaten verdanken, damals vor dem Elend auf dem Balkan die Augen verschlossen haben. Zur CDU stieß der Manager 2016, „aufgrund meiner christlichen Prägung und Werte“, wie er erzählt. Als der Vater 1979 nach Schweden versetzt wurde, blieben Joe Chialo und sein Bruder im Rheinland. Sie lebten fortan im Ordensinternat der Salesianer Don Boscos nahe Köln, wurden von den Brüdern „mit Herzenswärme erzogen“, erzählt Chialo.

Rassismus hat Joe Chialo bisweilen in seinem eigenen Alltag erfahren, einer permanenten Opferrolle verweigert er sich aber. Auch mit gönnerhaft-herablassender Multikulti-Attitüde kann er nichts anfangen. „Es geht um den Blick auf Augenhöhe“, sagt Chialo. „Alle Menschen sind gleich. Artikel eins des Grundgesetzes: Das ist das Maß.“ Für ihn muss niemand zum politisch-korrekten, künstlichen Fachvokabular greifen, um ihn und seinesgleichen als „People of Colour“ zu betiteln: „Wenn die Leute sagen, der Joe ist ein Schwarzer, dann ist das für mich völlig okay.“ Er nimmt sein Aussehen, seine Herkunft als Thema an, will sich aber nicht darauf reduzieren lassen. „Ich bin nicht der Quoten-Schwarze, das war ich noch nie. Sondern ein Typ, der etwas auf die Kette kriegt.“

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!