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#„Ich kann verstehen, dass Leute gegen Corona-Maßnahmen protestieren“

„Ich kann verstehen, dass Leute gegen Corona-Maßnahmen protestieren“

Das Laster verbindet. „Ich sitze rauchend vor dem Computer“, sagt die 54 Jahre alte Ananas Kaufmann aus Hamburg gleich zu Beginn des Videogesprächs. „Ach so“, ruft Wolfgang W. freudig in die Kamera. „Dann hole ich mir mal kurz die Zigaretten“, sagt der 50 Jahre alte Schwabe, der in Thüringen lebt. Das Eis zwischen der Autodidaktin mit Hauptschulabschluss und dem selbständigen Akademiker ist schnell gebrochen. „Wir duzen uns doch, Wolfgang“, sagt die Hamburgerin. Sie seien eine Generation.

Beide lachen viel und präsentieren sich in gut drei Stunden Konversation bei „Deutschland spricht“ als ebenso schlagfertig wie empathisch. Die vielen „da gebe ich dir recht“ von Kaufmann und die langgezogenen „Ja“ von W. unterbinden mögliche Unverständnisse schon im Ansatz. Dabei ist in dem Gespräch Zündstoff drin. In fast allen Themen, von den Corona-Maßnahmen über die Klimapolitik bis hin zur Frage, ob Deutschland ein rassistisches Land ist, liegen die beiden Gesprächspartner über Kreuz.

Was soll der Staat für seine Bürger tun?

So wundert sich Kaufmann etwa darüber, dass W. die Frage, ob Deutschland sich zu wenig um die Ostdeutschen kümmert, mit „Nein“ beantwortet. Denn er lebe doch seit 1997 in Thüringen. „Ich weiß, wo ich war, als die Mauer gefallen ist“, sagt die Hamburgerin. Ihr Eindruck sei, dass der Westen zwar viel Geld nach Ostdeutschland gepumpt habe, sich aber nicht um die Menschen gekümmert habe. Das sehe man etwa daran, dass immer noch sehr wenige Ostdeutsche in Führungspositionen aufgestiegen seien.

Freiheit das ist Geselligkeit – so sieht es Wolfgang W.


Freiheit das ist Geselligkeit – so sieht es Wolfgang W.
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Bild: Niklas Grapatin

Dagegen kann W. mit dieser Frage, die unter anderem zum Matching des Gesprächspaares geführt hat, nichts anfangen. Was solle denn gemeint sein mit, sich kümmern? Und überhaupt: „Was ist ein Kümmern auf Seiten des Staates“? Der Schwabe in Thüringen offenbart sich als Anhänger eines aus seiner Sicht traditionellen Staatsverständnisses. „Der Staat muss verhindern, dass die Leute sich die Köpfe einschlagen und dafür sorgen, dass sie etwas zu essen haben“. Das Gemeinwesen könne eben nicht alles regeln.

Soll der Staat ein Kümmerer sein, der auch mal zum Therapeuten wird? Oder nur ein Grundversorger, der die Menschen möglichst in Ruhe zu lassen hat? Diese beiden konträren Grundannahmen prallen in dem Gespräch von W. und Kaufmann auch bei jenem Virus aufeinander, das die Gesellschaft weiter spaltet: Corona. Für Kaufmann bedeutete die Pandemie den Jobverlust. „Ich habe die höflichste Kündigung meines Lebens erhalten“, erzählt die Hamburgerin. Denn mit dem ersten Lockdown gab es für die Anwaltskanzlei, in der sie gerade erst begonnen hatte zu arbeiten, keine Prozesse mehr.

„Nichtdenker“ oder legitimer Protest?

Eine neue Arbeit hat Ananas Kaufmann bis heute nicht gefunden. Sie und ihr Ehemann haben in der Pandemie finanziell stark gelitten. Dennoch hat die Mittfünfzigerin null Verständnis für die sogenannten Querdenker-Aktivisten, die sie „Nichtdenker“ nennt. Sie wirft ihnen vor, überhaupt nicht mit den verletzlichsten Mitbürgern zu fühlen. Kaufmann wünscht sich von der Politik auf allen Ebenen, dass sie noch klarere Ansagen macht: „So machen wir es!“ Sie plädiert auch hier für einen aktiven, sich engagierenden Staat.

Mehr Abwägen erwartet hingegen Wolfgang W. Der Freiberufler, der von sich selbst sagt, er sei als Übergewichtiger „Risikogruppe“, macht eine einseitige, auf Inzidenzwerte fixierte Politik aus. Er sagt: „Die Abwägung muss doch sein: Wie viele sterben durch das Virus, und wie viele durch die Isolation? W. sagt: „Ich kann verstehen, dass Leute gegen Corona-Maßnahmen protestieren.“

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