„Es ist ein Traum, der wahr wird“, sagt Lisa Brennauer. Der Traum von einer Tour de France der Frauen. Nach jahrelangem Hin und Her hat die Amaury Sport Organisation als Veranstalter des Männerrennens sie organisiert. Sie beginnt an diesem Sonntag in Paris und führt über rund 1100 Kilometer und acht Etappen. 24 Teams mit 144 Fahrerinnen sind zur Premiere dabei. Startort und Startzeit sind gut gewählt.

Die Damen gehen um 13.30 Uhr auf ihren Rundkurs in Paris, samt Eiffelturm und Champs-Élysées, just dort, wo am Abend die Männer nach 21 Etappen ihr Finale austragen. Ein Radsportfest, zu dem nun auch die Frauen ihren Teil beitragen können. Acht Etappen – gegen die 21 der Männer ist das nicht die Welt, aber damit sollte man der aktuell besten Radrennfahrerin, der Niederländerin Annemiek van Vleuten, nicht kommen.

„Wir haben die erste Tour de France für Frauen, und dann sagen die Leute, es sind nur acht Tage. Aber nein, es sind acht Tage. Viele Leute schauen auf das, was wir nicht haben, wir konzentrieren uns auf das, was wir haben.“ Die deutsche Zeitfahrmeisterin Lisa Brennauer, die für das Continental-Team Ceratizit-WNT fährt, sieht das genauso. „Das ist ein toller Beginn“, sagt sie. „Diese acht Tage bieten echte Highlights. Wir werden hochklassige und spannende Rennen sehen.“

Brennauer und Liane Lippert, nationale Meisterinnen im Zeitfahren und im Straßenrennen, gehen als deutsche Hoffnungen auf einen Etappensieg in die Tour. Beide träumen von einem frühen Triumph und der Fahrt ins Gelbe Trikot. Vor allem die ersten recht flachen drei Teilstücke haben es Brennauer angetan, aber auch die vierte Etappe mit giftigen Anstiegen und Schotterpassagen. In der Gesamtwertung hat Brennauer keine Ambitionen. „Ich muss realistisch rangehen und sagen, die ersten vier Etappen liegen mir auf jeden Fall. Vielleicht auch die superlange fünfte, aber wenn es dann richtig in die Berge geht, weiß ich auch, dass ich dort an meine Grenzen stoße.“

Die achte und letzte Etappe endet in den Vogesen auf der Planche des belles filles, einem gefürchteten Steilstück, das auch auf dem Programm der Männer-Tour in diesem Jahr stand. Brennauer erwartet harte Rennen. Das erste schon in Paris. „Ich glaube, das wird eine andere Liga, ich glaube, dass wie bei den Männern auch bei uns die Intensität sehr hoch sein wird. Das wird schon auf den Champs-Élyssées so sein, mit dem Publikum, dem Prestige, der Historie, da wird jede das Gelbe Trikot haben wollen. Das wird hektisch und heiß. Ich glaube, dass diese Tour ein Stück next level für uns und den Frauen-Radsport wird.“

Die Etappen der Frauen sind kürzer als die der Männer, aber kürzer heißt oft auch spannender. Die Männer fahren zu acht in einem Team, die Frauen zu sechst. „Das macht alles ein bisschen unvorhersehbarer“, sagt Brennauer. „Da ist vielleicht ein Leader dabei, eine Sprinterin, eine Anfahrerin, und dann hast du nur noch drei Helferinnen.“ Weniger Hilfspersonal macht die Kontrolle eines Rennens schwieriger und sorgt eher für Überraschungen.

Erfahrungen mit Rundfahrten hat Brennauer unter anderem bei der Tour of Great Britain gesammelt. „Das war auch immer so ein Kampf um den Gesamtsieg, die Wertungstrikots, um jede einzelne Etappe, da habe ich mir immer gedacht: Wow, das ist ja hier wie bei der Tour.“ Und jetzt, endlich, findet sie tatsächlich statt, die Tour de France der Frauen.