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#Im Anfang war die Rache für den Parkplatzklau

Es ist ein nichtiger Vorfall, der in der Serie „Beef“ große Kreise zieht: Auf einem Parkplatz geraten Danny Cho (Steven Yeun aus „The Walking Dead“) und Amy Lau (die Komikerin Ali Wong) über die Vorfahrt aneinander. Wildes Gehupe und wütende Stinkefinger steigern sich in eine Verfolgungsjagd, der mehrere kalifornische Vorgärten und fast einige entsetzte Verkehrsteilnehmer zum Opfer fallen, und die schließlich in einen haarsträubenden Rachefeldzug mündet.

Aber was hier eigentlich bloßgelegt wird, während sich Danny und Amy in jeweils halbstündigen Episoden bekriegen, ist der ungeheure Druck, unter dem die beiden Protagonisten in einer Gesellschaft stehen, die ständigen Erfolg verlangt, in der man sich andauernd mit den Errungenschaften anderer messen und die Beleidigungen und kleinlichen Ansprüche anderer ertragen muss, um ja nicht unter die Räder zu kommen.

Es geht schief, was schiefgehen kann

Die zehnteilige Serie stammt von Lee Sung Jin und ist fast völlig mit asiatischen Figuren besetzt. Yeun spielt einen selbständigen Handwerker am unteren Ende der sozialen Leiter, der sich mit nervigen kleinen Jobs über Wasser hält, während er hofft, seine Firma in ein großes Unternehmen auszubauen. Aber nichts will klappen – seine Klienten machen sich über ihn lustig, sein Bruder Paul (Young Mazino) schäkert mit Kundinnen, anstatt zu arbeiten. Und das Geld, das sich Danny von seinem kriminellen Cousin Issac (David Choe als gefährlicher Berserker) leiht, versandet in einem Bitcoin-Crash.

Ali Wongs Amy ist mit George (Joseph Lee als blasierter Gutmensch), dem Sohn einer angesehenen Künstlerfamilie, verheiratet und verkehrt in den oberen kulturellen Sphären von Los Angeles. Sie bemüht sich verzweifelt, nicht nur die entspannte Nonchalance ihres Gatten zu spiegeln, sondern auch den unerfüllbaren Ansprüchen ihrer Schwiegermutter Fumi (Patti Yasutake) gerecht zu werden. Amy hat sich ein cooles Unternehmen aufgebaut, das sie an eine manipulative Milliardärin Jordan (Maria Bello) zu verkaufen hofft, um ihrer kleinen Tochter June (Remy Holt) eine bessere Mutter zu sein, aber der Preis für ihre angestrengte Freundschaft mit der egomanischen Kunstsammlerin ist hoch. Für Danny und Amy gerät der Streit zum Ventil für ihren Lebensfrust, und je weiter die Intrigen eskalieren, desto unvermeidlicher wird eine echte Katastrophe.

Figuren mit ungeheurem Frust

Lee Sung Jin hat eine temporeiche Erzählung geschaffen, die beseelt ist von schwarzem Humor und es trotzdem schafft, die Menschlichkeit ihrer Charaktere in den Vordergrund zu stellen. Dass das hier so mühelos gelingt, ist auch den Schauspielern zu verdanken, die den ungeheuren Frust ihrer Figuren mit einem schonungslosen Einblick in ihre Gefühlswelt verbindet. In Amy Wongs Miene spiegeln sich ihre widerstreitenden Emotionen – blanke Wut, überlagert von dem Versuch, sich zu einem Lächeln zusammenzureißen; die verzweifelte Angst, nicht zu genügen, gepaart mit eiserner Entschlossenheit, ihr Ding durchzuziehen. Als ihr Gatte sie milde lächelnd ermahnt, dass „Wut nur ein vorübergehender Bewusstseinszustand“ ist, möchte man dem Verlangen in ihrem Blick folgen und ihn würgen.

Steven Yeun verstrahlt als Danny soviel Anspannung, dass man sie fast körperlich spüren kann, und wenn in seiner Kirchengruppe, in die er unversehens hineingerät, von der „Umarmung meines Feindes“ gesungen und Friede-Freude-Eierkuchen gespielt wird, weiß man ähnlich wie Danny nicht, ob man lachen oder heulen soll.

„Beef“ scheut sich nicht, den Protagonisten tief ins Herz und ins Hirn zu blicken, und die Nebenfiguren sind so lebhaft gezeichnet und gespielt, dass man sich an „Breaking Bad“ oder „Game of Thrones“ erinnert fühlt. „Beef“ ist außerdem visuell bemerkenswert stilsicher. Los Angeles ist hier nicht glamouröse Kulisse, sondern anonymer Hintergrund, und Dannys schäbige Junggesellenbude kontrastiert wirkungsvoll mit Amys stilvollem Haus, dem jede persönliche Note fehlt (ganz nebenbei fällt diese kunstsinnige Serie ein vernichtendes Urteil über die verblasene Selbstverliebtheit von L.A.s selbsterklärten Künstlern und Kunstkennern).

„Warum hast du mich dazu gebracht, das zu tun?“, schreit Danny in einer Szene in die Nacht, und es ist ein Schlüsselsatz der Serie, in der sich jeder von einem anderen zu Untaten gezwungen sieht. Aber unter der Oberfläche kreist hier alles um die Bemühungen der Figuren, dem lähmenden Gefühl der Einsamkeit und der Angst, nicht geliebt zu werden, zu entkommen. Dass die Serie, statt ins Melodrama abzugleiten, absurde Momente darin findet, ist ihr ebenso hoch anzurechnen, wie der Respekt, den sie ihren Figuren zollt. Dass sie es auch noch schafft, dem Drama ein komisches und poetisches Ende zu geben, ist ein kleines Wunder. Eine so unterhaltsame und zugleich kluge Serie hat man lange nicht bei Netflix gesehen.

Beef ist abrufbar bei Netflix.

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