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#Impfen oder durchseuchen?

Impfen oder durchseuchen?

Herr Haas, Herr Lauterbach, über die Rolle der Kinder in der Pandemie wurde von Beginn an gestritten. Erst waren sie „Virenschleudern“, dann doch keine Pandemietreiber. Jetzt heißt es, die Delta-Variante bedrohe vor allem Kinder, wir stünden vor einem heißen Herbst. Wie sehen Sie das?

Lucia Schmidt

Redakteurin im Ressort „Leben“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Haas: Als es losging mit Corona, wusste keiner, was das neue SARS-Virus mit unseren Kindern anstellt. Vorsicht war in Ordnung. Aber jetzt haben wir Daten. Von 1650 Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren in deutschen Kliniken mussten während der gesamten 18 Monate nur 85 auf die Intensivstation. Jedes einzelne Schicksal ist bedauernswert, aber wenn man das auf alle 15 Millionen Kinder hochrechnet, ist das ein sehr überschaubares Risiko. An oder mit Corona gestorben sind in Deutschland acht Kinder. Das Virus ist ein großes Problem – für Erwachsene. Wir hätten Schulen nicht schließen und Kinder nicht kasernieren müssen.

Lauterbach: Es gab Gott sei Dank sehr wenige schwere Verläufe bei Kindern – weil insgesamt wenige Kinder erkrankt sind. Dazu haben Schulschließungen beigetragen. Dennoch muss eins von 200 erkrankten Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren ins Krankenhaus, das ist doch keine Kleinigkeit. Zwei bis drei Prozent haben auch nach drei Monaten noch Symptome. In den USA sind die Quoten noch viel höher.

Sie sprechen „Long Covid“ an. Studien aus den USA und Großbritannien zeigen, dass diese Kinder auch Monate nach der Erkrankung Kopfschmerzen oder Schlafstörungen haben, unkonzentriert oder antriebslos sind. Beunruhigt Sie das nicht, Herr Haas?

Haas: Nein. Man muss auch schauen, was in einer Vergleichsgruppe nicht infizierter Kinder passiert. Da zeigt eine Studie aus Dresden: Zwischen beiden Gruppen gibt es gar keinen Unterschied. Auch eine Studie aus Australien legt nahe, dass die unspezifischen Beschwerden vor allem mit dem Lockdown zu tun haben. Sie sind psychologisch getriggert.

Lauterbach: Das sehe ich anders. Auch die besorgniserregenden Daten des britischen Statistikamtes sind mit einer Vergleichsgruppe kontrolliert. Ich nehme die Beschwerden der Kinder ernst.

Karl Lauterbach ist seit 2005 Abgeordneter im Deutschen Bundestag und Gesundheitsexperte der SPD. Von seiner Professur für Gesundheitsökonomie an der Universität zu Köln ist er derzeit beurlaubt.


Karl Lauterbach ist seit 2005 Abgeordneter im Deutschen Bundestag und Gesundheitsexperte der SPD. Von seiner Professur für Gesundheitsökonomie an der Universität zu Köln ist er derzeit beurlaubt.
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Bild: Jens Gyarmaty

Wie belastbar sind diese Daten überhaupt noch, wenn die Delta-Variante die Oberhand gewinnt? Und was bedeutet das für die Schulen?

Lauterbach: Anfänglich hatte man angenommen, dass der Krankheitsverlauf bei der Delta-Variante schwerer ist. Das hat sich bei Kindern nicht bestätigt. Trotzdem ist sie deutlich ansteckender, und auch Kinder werden stärker betroffen sein. Würden sie im regulären Unterricht ohne Masken wieder zusammenkommen, hätten wir riesige Ausbrüche. Wechselunterricht mit Masken und Tests will auch niemand mehr. Deshalb ist es am besten, wenn wir die Kinder jetzt impfen und sie in ein weitgehend normales Schuljahr starten lassen. Wir sollten ihnen anbieten, was wir uns selbst gönnen.

Haas: Ich bin kein Impfgegner und möchte auch, dass die Kinder so schnell wie möglich in ein normales Leben zurückkehren. Aber zu impfen brauchen wir sie dafür nicht. Daten aus Israel und England zeigen, dass Delta für Kinder nichts Schlimmeres bedeutet als die vorherigen Varianten oder der Wildtyp. Außerdem wissen wir, dass Ausbrüche in Schulen gleichzeitig mit Ausbrüchen in den Gemeinden passieren. Das Virus wird durch Erwachsene in die Schulen getragen. Dass Kinder einander, ihre Lehrer oder Eltern anstecken, ist extrem selten.

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