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#In 108 Minuten um die Erde

In 108 Minuten um die Erde

John F. Kennedy übte sich am 12. April bei seiner regulären Pressekonferenz in Washington in Beschwichtigung: „Wir haben erwartet, dass die Sowjets aufgrund ihrer Fortschritte in der Triebwerkentwicklung, wo sie uns voraus waren, die ersten sein würden, einen Mann in den Weltraum zu bringen“, antwortete er, gefragt nach seiner Einordnung der Neuigkeiten aus Moskau, die die Welt an diesem Tag in Erstaunen und Begeisterung versetzt hatten. Die Vereinigten Staaten würden lieber die Führung in anderen wissenschaftlichen Bereichen anstreben, die der Menschheit auf Dauer größeren Nutzen bringen würden.

Sibylle Anderl

Unter strenger Geheimhaltung, wie sie für das russische Raumfahrtprogramm üblich war, hatten es die Sowjets am Morgen geschafft, den 27 Jahre alten Juri Alexejewitsch Gagarin auf einer elliptischen Umlaufbahn in 108 Minuten einmal um die Erde zu schicken und ihn wohlbehalten landen zu lassen. Während des Flugs hatte Gagarin per Funkverbindung vom Blick auf die Erde und seiner Erfahrung der Schwerelosigkeit berichtet – und damit nicht nur die eigenen Landsleute in Ekstase versetzt, die, per nationaler Radioübertragung und öffentlichen Lautsprechern vom historischen Ereignis informiert, angehalten worden waren, alles stehen und liegen zu lassen, um die Errungenschaft auf den Straßen zu feiern. Auf der ganzen Welt wurde der Flug als Meilenstein in der Menschheitsgeschichte bejubelt und bewundert, wenngleich das Ereignis auf Seiten der kommunistischen Länder sogleich auch Anlass zu politischer Propaganda bot. So bemerkte etwa Walter Ulbricht in seiner Glückwunschnachricht an den russischen Premier Nikita Chruschtschow, der Flug zeige der ganzen Welt, dass der Sozialismus über die gestrigen und zerfallenden Systeme triumphieren müsse. Das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei der Sowjetunion selbst stellte in seiner offiziellen Stellungnahme fest, diese historische Leistung verkörpere das Genie des sowjetischen Volks und die kraftvolle Stärke des Sozialismus. Chruschtschow hatte außerdem für Gagarin eigens eine neue Bezeichnung eingeführt: Anders als die amerikanischen Astronauten wurde er in der russischen Öffentlichkeit als Kosmonaut bezeichnet.

Die Rakete mit der Gagarin ins All geschossen wurde.


Die Rakete mit der Gagarin ins All geschossen wurde.
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Bild: DPA

Der Schock über den Erfolg der Russen war auf Seiten der Amerikaner zwar geringer als dreieinhalb Jahre zuvor, als am 4.Oktober 1957 mit Sputnik 1 der erste Satellit in die Erdumlaufbahn befördert worden war. Die Enttäuschung war dennoch groß. Die Redstone-Rakete, die wenig später im Rahmen des Mercury-Programms mit Alan Shepard den ersten Amerikaner in den Weltraum schicken sollte, hatte am Cape Canaveral schon bereitgestanden. Sowohl die beteiligten Techniker und Ingenieure als auch die Mercury-Astronauten hatten gehofft, die Russen diesmal ausstechen zu können. Die transparente amerikanische Informationsstrategie, Zeitpläne und Fortschritte mit der Öffentlichkeit zu teilen, hatte sich aber gegenüber den im Geheimen arbeitenden Russen als Nachteil erwiesen, die ihre Pläne entsprechend anpassen konnten.

Bereits 1959 begann die Suche nach einem geeigneten Kandidaten

Die Idee, einen Mann mithilfe einer mehrstufigen Rakete ins All zu senden, war in der Sowjetunion offiziell seit Ende 1958 unter Führung des Raumfahrtingenieurs Sergei Pawlowitsch Koroljow verfolgt worden. Genutzt werden sollte dafür die erste russische Interkontinentalrakete R-7, die 1957 bereits die Sputnik-Satelliten befördert hatte und noch heute mit nur geringen Veränderungen als Sojus-Rakete im Einsatz ist. Bereits 1959 hatte die Suche nach geeigneten Kandidaten aus den Reihen der Kampfpiloten der russischen Luftstreitkräfte begonnen: Zunächst auf der Grundlage medizinischer Daten, wobei geeignete Kandidaten nicht älter als 30 Jahre und nicht größer als 170 Zentimeter sein sollten. Dann in einer weiteren Runde geprüft durch das GMVK einer Regierungskommission, deren Auswahl politische und charakterliche Aspekte berücksichtigte. Daraus resultierte Ende 1959 eine Gruppe von zwanzig Kandidaten, deren Training im März 1960 in einem im Aufbau begriffenen Trainingszentrum nordöstlich von Moskau begann, das heute bekannt als „Sternenstädtchen“ noch immer zur Raumfahrtausbildung dient. Der Standort war unter anderem aufgrund seiner versteckten Lage in dichtem Wald gewählt worden. Bald wurden aus diesen Zwanzig sechs Männer ausgewählt, die bevorzugt trainiert wurden. Ende Januar 1961 wurde diese Gruppe unter Berücksichtigung strenger Tests weiter auf drei reduziert: Juri Gagarin, German Titov und Grigori Neljubow.

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