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#… in dem ich mich von meinen High Heels verabschiedete

… in dem ich mich von meinen High Heels verabschiedete

Mit Anfang 20 denkt man, dass sich einige Dinge nie ändern werden: Freundschaften halten ein Leben lang, man bekommt niemals einen Kater – und solange man sich auf den Beinen halten kann, läuft man in High Heels durch die Welt. Rund 15 Jahre später haben sich einige Freundschaften in Luft aufgelöst, dafür ist der Kater nun ein regelmäßiger Besucher, wenn es doch mal ein Glas Wein mehr wird. Und die High Heels landen gerade in Päckchen an Frauen, die noch daran glauben, mit ihnen glücklich werden zu können.

Marilyn Monroe soll mal gesagt haben: „Gib einer Frau die richtigen Schuhe und sie kann die Welt erobern.“ Nun war auch die talentierte Frau Monroe nicht unbedingt für ihr praktisches Schuhwerk bekannt, sondern dafür, einen Absatz ihrer hochhackigen Schuhe kürzen zu lassen, um ihren Hüftschwung noch stärker zu betonen. Immerhin hat sie damit tatsächlich die Welt erobert.

Ich trug Schuhe mit hohen Absätzen, seit ich in die Großstadt gezogen war. Getreu dem Carrie-Bradshaw-Motto „Je höher, desto besser“ – bezeichnenderweise sagt die „Sex and the City“-Kolumnistin dies in der Serie, bevor sie auf einem Laufsteg wegen zu hoher Absätze spektakulär stürzt und wie ein überfahrener Mode-Igel liegen bleibt. Dass in diesem ironischen Bild ein Funken Wahrheit enthalten ist, entgeht einem mit Anfang 20. High Heels, so dachte man naiv und noch gut zu Fuß, seien chic, mondän und sie klackerten lustig auf dem Pflaster, wenn man ausging. Außerdem streikten auch die Füße noch nicht, wenn man eine ganze Nacht in Zehn-Zentimeter-Stilettos durchtanzte.

Zwischen Emanzipation und Statusgeprange

Die ersten Studienjahre klackerte ich also überall hin, ins Café, in die Oper und auch in die Uni – was mir in einem Winter fast zum Verhängnis wurde, denn die Sprachwissenschaftsgebäude zogen sich einen steilen Hügel hinauf und waren nur über einen Weg mit spiegelglattem Kopfsteinpflaster zu erreichen. Ich kämpfte mich über Schneewehen am Wegesrand nach oben, denn die gaben den hohen Stiefelabsätzen immerhin ein wenig Halt. Warum ich nicht schon damals vernünftiger wurde? Es lag an einem Mann. Ihm waren die Absätze und überhaupt vieles an meiner Garderobe zu auffällig. So wurde die Schuhwahl zum Ausdruck der Emanzipation und Absätze zur trotzigen Kampfansage, sich bezüglich der Kleiderwahl von niemandem etwas vorschreiben zu lassen.

Davon abgesehen waren High Heels natürlich auch immer Statussymbol: der Absatz steht für städtisches Kulturleben, das sich nicht auf unbefestigten Straßen abspielt. Einen absurden Höhepunkt erreichte dieses Mode-Phänomen im 15. und 16. Jahrhundert mit sogenannten Chopines, Schuhen, die zunächst im katholischen Spanien mit dicker Korksohle, später im reichen Venedig mit Holzplateaus getragen wurden. Bis zu 60 Zentimeter konnten die Absätze ihre Trägerinnen in die Höhe heben. Die Frauen wollten damit ihren Reichtum zur Schau tragen. Ihnen ging es nicht um die Absätze, es ging um die zusätzlichen teuren Stoffbahnen, die man benötigte, um die Schuhe zu verbergen. Die Republik Venedig hatte zur Gleichstellung ihrer Bürger einen einheitlichen Dresscode erlassen, der jedoch nur für die Männer galt. Wer wohlhabend war, ließ das also von seiner Frau vorführen. Die Höhe der Absätze bewirkte zudem, dass die Frauen nicht mehr selbständig das Haus verlassen konnten, Bedienstete mussten sie stützen. Das symbolisierte auch: Die Trägerin dieser Schuhe ist so reich, dass sie im eigenen Haushalt keinen Handgriff tun muss. Eine wirklich freie Bürgerin sah freilich anders aus.

Mittlerweile kommt der Absatz aus der Mode: Schon Amy Winehouse machte sich über Frauen in unmöglichen High Heels lustig („Fuck me pumps“). Eine ukrainische Fluglinie hat unlängst für ihre neuen Uniformen Sneaker bestellt, damit Stewardessen sich nicht mehr den ganzen Tag auf Absätzen durch die Gänge schleppen müssen. Und in Japan demonstrierten Frauen gegen althergebrachte Dresscodes, die ihnen das Tragen von High Heels in einigen Berufen vorschrieben.

Mich befreite nun ausgerechnet der Lockdown von den hochhackigen Schuhen. Seit zwei Jahren standen sie im Regal und staubten ein. In der Zeit im Homeoffice wäre ich nie auf die Idee gekommen, sie über den Teppich spazieren zu führen. Vielmehr hat sich die Garderobe den Bedingungen zu Hause angepasst, ist bequemer geworden. Beim ersten Versuch in diesem Sommer, die Füße wieder in die Höhe zu schrauben, merkte ich das Drücken am Ballen, die Schmerzen am Zeh, die Spannung in der Wade. Natürlich könnte ich das nun für die nächsten zehn Stunden, die mich der Arbeitstag auf den Füßen halten würde, durchziehen. Aber warum sollte ich?

Männer, die mir irgendwelche Vorschriften über meine Garderobe machen wollen, gibt es schon seit Jahren nicht mehr in meinem Leben. Zu Besuchen auf dem Land und Wanderungen im Wald trage ich mittlerweile freiwillig flache Boots mit dicker Sohle. Und chic und glamourös ist im Zusammenhang mit flachen Schuhen schon lang kein Widerspruch mehr – dieser Text ist in glitzernden Ballerinas entstanden, ganz ohne Schmerzen und Wadenkrämpfe.

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