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#„In der Not weiß man, wo die Freunde sind“

„In der Not weiß man, wo die Freunde sind“

In dem Haus ist der Pegelstand als braune Linie erkennbar, in etwa in Kopfhöhe. Ein Mann kommt heraus. Ob er da gewesen sei, als das Wasser kam? Statt einer Antwort bricht er in Tränen aus und geht weg. Sein Haus steht ganz vorne an der Ahr, wo der Blick über den kleinen Fluss und ins Tal zu normalen Zeiten wunderbar sein muss. Jetzt ist nicht mehr erkennbar, wo der Garten des Hauses einmal war.

Julian Staib

Politischer Korrespondent für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland mit Sitz in Wiesbaden.

Wie durch ein Wunder ist das Gebäude stehengeblieben, auch wenn ein Teil des Vordachs zu fehlen scheint. Drumherum alles voller Müll und Schlamm. Davor schieben sich die immer noch viel zu breiten braunen Wassermassen der Ahr vorbei. Bäume sind abgeknickt oder vom vorbeitreibenden Müll geschält worden. Beim Haus gegenüber fehlt die Hälfte. Die Brücke weiter unten gibt es nicht mehr.

Die Ortschaft Insul im Kreis Ahrweiler in Rheinland-Pfalz ist schwer getroffen von der Flut, die in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag den Westen Deutschlands heimsuchte. Am Freitag, dem zweiten Tag nach der Katastrophe, wird die Zahl der Todesopfer beständig nach oben korrigiert. Mehr als 60 Tote seien bislang in Rheinland-Pfalz gezählt worden, sagt Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) am Mittag. „Das Leid nimmt heute dramatisch zu, weil wir jede Stunde neue Hiobsbotschaften bekommen“, sagt sie. Am Nachmittag heißt es, in den Hochwassergebieten Deutschlands seien mehr als hundert Tote zu beklagen.

Wo einmal eine Brücke stand: Blick auf Schuld an der Ahr


Wo einmal eine Brücke stand: Blick auf Schuld an der Ahr
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Bild: Lucas Bäuml

Viele waren in der Nacht von der Wucht der Wassermassen überrascht worden. Rund 100 werden noch vermisst. Manche wurden von der Flut einfach fortgetragen, andere ertranken in ihren Wohnungen oder Kellern. Allein in einer Behinderteneinrichtung in Sinzig sind zwölf Bewohner und Bewohnerinnen ums Leben gekommen. Ein Sprecher des Trägervereins sagt am Freitag, die Flut habe sie mehr oder weniger im Schlaf überrascht.

2016 gab es schon einmal ein sogenanntes Jahrhunderthochwasser. Da hatte die Ahr einen Pegelstand von 3,5 Metern. Nun waren es etwa 7,5 Meter. Eigentlich sei Rheinland-Pfalz ein Land, das Hochwasser kenne, hatte Ministerpräsidentin Malu Dreyer beim Besuch in der Region am Donnerstagabend gesagt. Aber mit diesem Ausmaß habe niemand gerechnet.

In Schuld an der Ahr


In Schuld an der Ahr
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Bild: Lucas Bäuml

Am Freitag wird erst richtig deutlich, wie groß die Katastrophe ist. Viele Orte haben schweren Schaden genommen, der Wiederaufbau wird Jahre dauern. Im Erftkreis in Nordrhein-Westfalen harrten noch am Vormittag Menschen in ihren von den Fluten umspülten Häusern aus. Hier wie auch im Örtchen Schuld an der Ahr wurden mehrere Gebäude einfach fortgeschwemmt. In Insul, etwas weiter flussabwärts gelegen, fehlen Teile von Häusern. Möglicherweise befinden sie sich in den Bergen von Müll, die weiter unten in den Bäumen hängen. Vor den Häusern liegt der nach Benzin stinkende Schlamm manchmal knietief. An vielen Häusern fehlen Fenster und Türen, Zäune wurden niedergewalzt, abgesoffene Autos stehen in den Garagen.

In Kreuzberg, Ortsteil von Altenahr im Landkreis Ahrweiler


In Kreuzberg, Ortsteil von Altenahr im Landkreis Ahrweiler
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Bild: Lucas Bäuml

Immer wieder fliegen braune, beschädigte Sachen aus den Fenstern. Die Anwohner räumen auf, viele sind auf der Straße, schippen Schlamm aus den Einfahrten, tragen Müll raus, der sich zu Bergen in den Vorgärten auftürmt. Keller werden ausgepumpt, Bagger schieben Müll beiseite. Die Ortsmitte hat sich in eine Art Autofriedhof verwandelt. Hier liegen vielleicht zwei Dutzend demolierte Fahrzeuge. Nach mehreren Stunden im Wasser sei „nichts mehr mit Trocknen“, sagt ein Mann. Er führt eine Strichliste der Kennzeichen. Falls sich jemand nach seinem Auto erkundigen sollte. Aber es seien gar nicht alle hier. Unten in der Ahr lägen ja auch noch einige Fahrzeuge. Dann kommt ein Bagger und transportiert die Autos ab. Ein unweit gelegener Gasthof bringt Essen vorbei, eine Frau reicht in einem Korb Getränke. Jeder helfe mit, erzählen einem die Anwohner hier.

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