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#„In der Praxis benötigen wir zehn Minuten pro Patient“

„In der Praxis benötigen wir zehn Minuten pro Patient“

Herr Monkowski, Sie sind Hausarzt im hessischen Butzbach und durften im Rahmen eines Pilotprojekts schon impfen – eine Woche lang. Dann gab es für Sie keinen Impfstoff mehr von der Kommune, kurz danach dann die Nachricht, dass Astra-Zeneca seine Lieferungen nicht einhalten werde. Zudem wurde der Impfstoff vorläufig aus dem Verkehr gezogen und dann wieder zugelassen. Wie haben Sie diese Woche in der Praxis erlebt?

Johanna Dürrholz

Lucia Schmidt

Lucia Schmidt

Redakteurin im Ressort „Leben“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Das war eine Riesenenttäuschung, es gab auch von den Patienten großes Unverständnis über all die Nachrichten. Wir hatten bereits 150 Patienten in der Praxis geimpft und über 100 weitere Impftermine ausgemacht. Die mussten wir dann alle telefonisch absagen. Wir hatten erst versucht, die Termine um eine Woche zu verschieben, doch dann hieß es schon, dass es auch in der kommenden Woche keinen Impfstoff geben würde, weil Astra-Zeneca den Vertragsverpflichtungen nicht nachkommen würde. Und dann kam die Entscheidung Jens Spahns, der Empfehlung des Paul-Ehrlich-Instituts zu folgen. Das war für uns überraschend und enttäuschend, weil das, gelinde gesagt, eine unglückliche Entscheidung war. Die nun ja auch wieder rückgängig gemacht wurde. Man hätte direkt genauer hinsehen müssen, wer von den Thrombosen betroffen war.

Wie haben denn Ihre Patienten reagiert?

Viele haben es nicht verstanden und meinten: Das ist doch eine freiwillige Impfung! Warum dürfen Sie nicht nach Aufklärung weiterimpfen? Wir hatten eigentlich einen ungebremsten Impfandrang. Viele fragten auch, ob wir nicht Impfstoff übrig hätten, und meinten: Ich nehme alles, was da ist! Man muss sagen, das wäre auch sinnvoll gewesen. Ein Zusammenhang ist ja immer noch nicht bewiesen. Von den Thrombosen betroffen waren ja gar keine Patienten über 70. Die sind im Moment aber an der Reihe und sollten dringend weitergeimpft werden.

Es ist absurd: Zunächst sollten Menschen über 65 nicht mit Astra-Zeneca geimpft werden, nun scheinen gerade sie den Impfstoff besonders gut zu vertragen.

Das ist das zweite Problem: Der Impfstoff hatte schon ein schlechtes Image, vollkommen zu Unrecht. Man war ja nur vorsichtig, weil der Stoff noch nicht an genug Menschen über 65 getestet worden war. Und die Engländer, die ja überwiegend Astra-Zeneca an Ältere verimpfen, haben nicht eine Hirnvenenthrombose gemeldet.

Dr. Stefan Monkowski ist Facharzt für Innere Medizin und Notfallmedizin mit eigener Praxis in Butzbach.


Dr. Stefan Monkowski ist Facharzt für Innere Medizin und Notfallmedizin mit eigener Praxis in Butzbach.
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Bild: privat

Gab es denn kritische Nachfragen zu Astra-Zeneca von Ihren Patienten?

Ja, natürlich, etwa: Wie steht es mit meinen Vorerkrankungen? Mit meinen Medikamenten? Aber die gab es auch bei Biontech: Was ist denn ein mRNA-Impfstoff? Bekomme ich da Krebs? Aber so etwas ist normal, verunsicherte Fragen gibt es auch, wenn Patienten etwa einen neuen Blutverdünner einnehmen. Im Internet steht nun mal viel, und die Leute googeln heutzutage.

Auch nach dem Impfgipfel dürfen niedergelassene Ärzte noch nicht so schnell impfen, wie sie es sich wünschen würden. Aber brauchen wir nicht gerade jetzt, nach dieser Woche, die Hausärzte?

Bisher haben wir ja nur Menschen der Gruppen mit Priorität 1 und 2 geimpft, also die über 70-Jährigen. Die sind bisher von den eventuellen schweren Nebenwirkungen nicht betroffen, deswegen sollte man die erst recht weiter impfen, und zwar schnell in den Praxen. Jüngere Frauen, die die Pille nehmen oder eine Vorgeschichte haben, etwa eine bekannte Blutgerinnungsstörung, sollte man vielleicht vorrangig nicht mit Astra-Zeneca impfen. Aber wir Hausärzte kennen unsere Patienten, wir kennen deren Krankheitsgeschichte. Wir kennen das familiäre Umfeld, wir wissen, wem wir was empfehlen. Wir genießen das Vertrauen unserer Patienten und können sie von der Wichtigkeit der Impfung überzeugen.

Wie war der logistische Aufwand für Sie beim Impfen?

Wir haben unserem Gesundheitsamt den wöchentlichen Bedarf an Impfstoff gemeldet, dann hat morgens ein Fahrer vom Roten Kreuz die Impfdosen gebracht. Astra-Zeneca können wir wie jeden anderen Impfstoff im Kühlschrank lagern. Dann haben wir die Patienten im Zehn-Minuten-Takt am Mittwoch- und Freitagnachmittag und Samstag, wo wir sonst geschlossen haben, geimpft.

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