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#In Hamburg machte Uwe Timm eine Kürschnerlehre: Ein Spaziergang

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Uwe Timm blickt in seinem neuen Buch „Alle meine Geister“ zurück. Ein Spaziergang mit dem Schriftsteller durch den Ort, an dem er früher eine Kürschnerlehre gemacht hat: Hamburg.

Uwe Timm hat unsere Verabredung vergessen. Deshalb kommt er etwas zu spät in die Lobby seines Hotels in Hamburg und ist aufrichtig bestürzt über dieses Versehen: Er sei doch „preußisch erzogen worden“! Allerdings ist der Terminkalender im Moment wohl ziemlich voll. Im September ist Timms neues Buch „Alle meine Geister“ erschienen, die Lesereise hat gerade begonnen. Außerdem ist der 83-Jährige an diesem Tag noch mit seinem ältesten Freund verabredet, sie kennen sich seit Kindertagen. Unseren geplanten Spaziergang lässt er trotzdem nicht ausfallen: „Das ist jetzt unsere Geschichte!“ Der Freund hat zum Glück auch später noch Zeit. Wir laufen also los, Richtung Jungfernstieg.

Befreiung in Braunschweig

Hamburg ist Timms Heimatstadt. Das ist daran zu merken, dass man ihm den Norden plötzlich anhört, obwohl er schon seit Jahrzehnten nicht mehr hier wohnt: „Das ist ganz eigentümlich, dass diese Sprache, dieser Tonfall sich so eingeprägt haben.“ Anfang der Sechzigerjahre war Timm froh, die Stadt hinter sich zu lassen: „Dieser Moment, nach Braunschweig zu gehen und ein wirklich anderes Leben anzufangen, war so eine Befreiung.“ Und natürlich klingt das etwas seltsam, dass Hamburg, die große Hafenstadt, für ihn mit einer Enge verbunden ist, der er in Braunschweig entkommen wollte. Wer aber „Alle meine Geister“ liest, wird schnell begreifen, was er damit meint. Denn dieses Buch, das man, wäre es nicht autobiographisch, wahrscheinlich einen Bildungsroman nennen würde, erzählt von der mitunter verstaubten, auch verdrucksten Atmosphäre der Hamburger Nachkriegsjahre. Von Timms Lehre als Kürschner, während der er davon träumte, etwas ganz anderes zu werden – Schriftsteller natürlich.

Der Fölsch-Block (links) und die Europapassage: Gebäude,  in denen Uwe Timm während  seiner Zeit als Kürschnerlehrling gearbeitet hat


Der Fölsch-Block (links) und die Europapassage: Gebäude, in denen Uwe Timm während seiner Zeit als Kürschnerlehrling gearbeitet hat
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Bild: Niklas Grapatin

In der Chronologie ist „Alle meine Geister“ zwischen zwei anderen Büchern Timms angesiedelt. In „Am Beispiel meines Bruders“ hatte er die Geschichte seines älteren Bruders erzählt, der sich freiwillig zur Waffen-SS meldete und 1943 im Krieg fiel. Timm selbst war damals drei Jahre alt. In „Der Freund und der Fremde“ beschrieb er seine Jahre am Braunschweig-Kolleg, wo er sein Abitur nachholte und sich mit seinem Mitschüler Benno Ohnesorg anfreundete. In „Alle meine Geister“ widmet Timm sich nun seiner Jugend, den ersten Leseerfahrungen, den ersten Lieben. Es ist auch das Porträt einer lange vergangenen Zeit und eine melancholische Liebeserklärung an einen inzwischen fast ausgestorbenen Beruf.

Zwar gab Timm diesen freiwillig auf und teilt die Kritik, die Tierschützer daran haben. Trotzdem möchte er dieses Handwerk, diese Kunst, deren Vorgehen fast an Timms collagenartige Erzähltechnik erinnert, zumindest in der Sprache bewahren: „Wegen seines Schutzes vor der Kälte ist der Pelzmantel ein schlichter Gebrauchsgegenstand, erst wenn die verschiedenen Farbtöne, die Haarlängen geordnet, also stimmig gemacht, oder im Gegenteil gekontert werden, entsteht aus dem natürlich Gewachsenen ein Künstliches, ein noch nie Gesehenes.“ Ein besonders talentierter Kürschnerkollege zeichnet seine Entwürfe, „als ginge es darum, Kathedralen zu bauen“. Vom Alltag in einer Kürschnerwerkstatt, den verschiedenen Handgriffen erzählen – wer könnte das sonst noch? Timm hält beides fest, diese so sinnliche Tätigkeit und das soziale Gefüge, das sie umgibt.

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