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#„In Sibirien ging es in die Sauna bei 110 Grad“

„„In Sibirien ging es in die Sauna bei 110 Grad““

Sie waren im Jahr 2000 zum ersten Mal Volleyball-Pokalsieger – damals mit Berlin – und stehen an diesem Sonntag (14.00 Uhr bei Twitch) wieder im Pokalfinale, diesmal mit Düren gegen Berlin. Spricht es eher für Sie oder gegen die anderen, dass Sie mit 41 Jahren noch mithalten können?

Da bin ich zwiegespalten. Wenn ich mit 19, 20 einen 41-Jährigen gehabt hätte, der eventuell vor mir den Vorzug bekommen hätte, wäre ich himmelswild gewesen. Ich war als junger Spieler immer extremst motiviert, mir den Platz im Team zu erspielen.

Es gab aber wahrscheinlich keinen 41 Jahre alten Außenangreifer?

Das gibt es nicht so oft, dass ein Spieler so lange auf dem Niveau mithalten kann. Vielleicht bin ich ja wirklich eine Ausnahme. Die Motivation der Jungen müsste aber schon sehr viel höher sein, den Alten draußen lassen zu können.

Weshalb sind Sie noch dabei?

Ich spiele ja in Düren nicht, weil ich allen zeigen will, dass ich Volleyball spielen kann, sondern weil mir das Leben mit der Mannschaft und das Drumherum so viel Spaß macht. Ich werde jetzt hier auch nicht reich, aber es ist eine coole Truppe mit coolen Mitspielern. Man sieht einige herausstechen, kann einigen helfen zu wachsen, und hat einfach eine schöne Zeit.

Sie hatten Deutschland 2003 nach zwei Meisterschaften und vier Pokalsiegen verlassen, als klar war, dass Sie eine große Karriere vor sich haben. War es prägend für Sie, auf diversen Stationen in Europa unterwegs gewesen zu sein?

Absolut. Ich hatte das Glück, dass mein Nationaltrainer auch mein Bundesligatrainer war, Stelian Moculescu, und dass der mich sehr gepusht und unterstützt hat. Nach zwei Jahren in Friedrichshafen habe ich gemerkt, ich muss ins Ausland. Wenn man in so jungen Jahren die eigene Liga bestimmt, fehlen irgendwann die Anreize. Wenn man da stagniert, und noch sechs, sieben Jahre nationale Titel gewinnt, heißt das noch lange nicht, dass man beim Maximum ankommt. Du konntest in Deutschland ein Topspieler sein – in Italien warst du ein Niemand. Sich da durchzuboxen, das ist ein ganz anderes Level.

2008 war Björn Andrae (rechts) für Deutschland bei Olympia in Peking im Einsatz.


2008 war Björn Andrae (rechts) für Deutschland bei Olympia in Peking im Einsatz.
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Bild: dpa

Nach fünf Jahren in Italien haben Sie von 2010 bis 2015 für zwei russische Vereine gespielt. Konnten Sie sich da mit Ihrer Art auch etablieren?

Ja. Sonst wäre ich ja auch gar nicht so lange geblieben. Russland war nicht von vorneherein meine Lieblingsadresse. Ich habe das als Experiment gesehen. Deshalb habe ich auch nur einen Einjahresvertrag unterschrieben – aber dann jedes Jahr für ein Jahr verlängert, weil es so schön war. Es ist nicht Italien, aber ich konnte da sehr gut leben. Es war sehr familiär. Man denkt ja oft, die Russen sind kalt, die Sprache ist hart – aber ich habe es ganz familiär, höflich, respektvoll erlebt und wurde auch so behandelt. Ich hatte ja auch meine Vorurteile.

Aber dann wurde ich Fanliebling, weil die mich so toll fanden. Wenn das nicht gewesen wäre, wäre ich nach dem ersten Jahr – wie ich es eigentlich vorhatte – wieder nach Italien oder Griechenland gegangen. Aber es hat mir viel Spaß gemacht. Es war gut bezahlt, das sportliche Niveau war top – aber auch das Leben drumherum war wirklich schön, da wurden mir die Augen geöffnet.

Was haben Sie als besonders positiv erlebt?

Die Halle war immer ausverkauft. Du spieltest gegen die Top-Elite in der Liga. Es durften nur zwei Nicht-Russen in der Mannschaft spielen, das war ja auch eine Ehre, als Deutscher überhaupt einen Vertrag zu bekommen. Und dann lernst du andere Sachen schätzen. In Italien gab‘s den Espresso nach dem Training in der Sonne. In Sibirien bist du mit den Jungs in die russische Sauna bei 110 Grad und hast auch mal einen Wodka getrunken.

Was denken Sie, wenn Sie jetzt auf Russland schauen?

Wenn Länder Krieg führen, ist das bitter. Die Beweggründe kann ich gar nicht fassen. Ich weiß, dass es Spieler gibt in Russland, die es gar nicht mitkriegen – die lesen ja auch nur, was sie dürfen. Was die Welt mitbekommt, ist das eine – was die Russen mitkriegen, das andere. Verstehen, dass man ein Land zerbombt, kann ich nicht – und das können viele nicht.

Halten Sie Kontakt mit den Menschen, die Sie von damals kannten?

Man schreibt, hält über Facebook Kontakt, kommt auch mal wieder ins Gespräch. Ich habe auch gefragt, wie es den Leuten jetzt geht. Aber in Kemerowo in Sibirien, wo ich vier Jahre war, haben sie gar keine räumliche Nähe zum Krieg. Die haben jetzt andere Einschnitte, verursacht durch das Embargo. Aber das hatten die Russen ja schon immer, das war auch so, als ich da spielte. Wenn der Ölpreis gelitten hatte, konntest du nichts mehr kaufen, weil der Dollar zu hoch war oder der Rubel schlecht stand.

Setzen Sie mit Ende der Saison einen Schlusspunkt oder geht es noch weiter?

Ich hatte zuletzt eine Operation am Knie. Das ist so eine Baustelle, die man nicht mehr so schnell wegsteckt. Tendenziell sage ich, das ist mein letztes Jahr.

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