Wissenschaft

#Inhalierbarer Impfstoff gegen Covid-19

Ein tiefer Atemzug statt Injektion: Forscher haben ein neues Impfverfahren gegen Infektionen durch Sars-CoV-2 und Co. entwickelt, das auf der Inhalation eines trockenen Pulvers basiert. Es besteht aus Antigen-tragenden Mikrokapseln, die tief in die Lunge vordringen können. Der Vorteil des Systems ist, dass im Gegensatz zu injizierbaren Impfstoffen gezielt eine Immunität in den Atemwegen vermittelt wird, über die Infektionen in erster Linie ablaufen. Außerdem lässt sich der Trocken-Impfstoff ungekühlt lagern. Erste Tests des Systems an Tieren haben vielversprechende Ergebnisse geliefert, berichten die Forscher.

Akuter Erfolgsdruck wurde zu einer starken Triebfeder in der medizinischen Forschung: Die Covid-19-Pandemie hat zur Entwicklung neuer Impftechnologien geführt. Mehrere Arten von Sars-CoV-2-Impfstoffen haben sich als erfolgreich erwiesen, indem sie das Infektionsrisiko senken, beziehungsweise das Gefahrenpotenzial einer Covid-19-Erkrankung abschwächen können. Gemeinsam haben sie die Art der Verabreichung: Geimpft wird durch eine intramuskuläre Injektion, die zu einer Immunisierungsreaktion im Körper führt. Doch dabei gibt es einen Haken: Die intramuskulären Impfungen erzeugen keine lokale Immunreaktionen des Körpers, die sich auch in die Atemwege erstreckt. Der Impfschutz wirkt somit nicht dort, wo das Infektionsgeschehen bei einer Ansteckung mit den Erregern in der Regel beginnt.

Gezielte Immunisierung der Atemwege

Aus diesem Grund werden momentan Impfstoffe entwickelt, die über die Atemwege verabreicht werden können, sodass auch dort gezielt eine Immunität ausgelöst werden kann. Bisher handelt es sich dabei um Konzepte, die auf der Inhalation von vernebelten Flüssigkeiten basieren, die den Impfstoff enthalten – beispielsweise per Nasenspray. Dabei gibt es aber Einschränkungen bei der Wirksamkeit und vor allem bleibt ein Nachteil, der auch für die injizierbaren Impfstoffe gilt: Flüssige Formulierungen sind nur durch ständige Kühlung länger haltbar. Dies macht Lagerung und Transport der Impfstoffe teuer und aufwendig. Vor allem bei der Versorgung von Regionen mit schwacher Infrastruktur kann dies ein erhebliches Problem darstellen. Das internationale Forscherteam um Tong Ye von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Peking hat deshalb nun eine Impftechnologie entwickelt, die eine Immunisierung einschließlich der Atemwege ermöglicht und keiner Kühlung bedarf.

Das Konzept basiert auf einer pulverförmigen Impf-Substanz, die aus vier Mikrometer großen Kügelchen aus einem biologisch abbaubaren Material besteht. Diese Sphären sind wiederum mit Protein-Nanopartikeln bestückt, die den eigentlichen Impfstoff darstellen. Es handelt sich dabei um eine Fusion eines bakteriellen Proteins mit einem bestimmten Strukturelement des Covid-19 Erregers: Das Coronavirus-Spike-Protein von Sars-CoV-2 fungiert als Antigen, auf das das Immunsystem des Körpers durch die Bildung von Antikörpern reagiert. Nach der labortechnischen Herstellung verwendeten die Forscher eine Gefrier-Trocknungsmethode, um die Impf-Substanz in eine Trockenpulverform zu überführen. Wie Untersuchungen zeigten, bleibt der Impfstoff in diesem Zustand mindestens einen Monat lang bei Raumtemperatur stabil.

Fein zerstäubt, lässt sich der Impfstoff dann über einen Inhalator einatmen. Durch die geringe Größe der Mikrokapseln können sie dabei tief in die Lunge gelangen und sich ablagern. Anschließend lösen sie sich dort langsam auf und geben ihre Fracht frei. Dies gewährleistet eine besonders langanhaltende Präsentation der Sars-CoV-2-Spike-Fragmente. Dadurch reagieren die Immunzellen in der Lunge besonders intensiv auf das Antigen. Neben einer systemischen Immunisierung über das Blut kommt es dabei auch zu einem gezielten Impfeffekt in der Lunge: Es werden Antikörper gegen den Erreger in der Schleimhaut gebildet, erklären die Wissenschaftler.

Vielversprechende Testergebnisse

Dass ihr System tatsächlich hält, was es verspricht, konnte das Team bereits durch erste Tierversuche belegen: Dabei wurden Mäuse, Hamster und Makaken durch eine Inhalation mit dem Pulver-Impfstoff behandelt. Die anschließenden Untersuchungen zeigten, dass dies zu einer nachhaltigen Immunisierung der Tiere führte, die vor einer Sars-CoV-2-Infektion schützte. Dabei konnten die Forscher neben den Antikörpern im Blut die Abwehrstoffe auch in der Atemwegsschleimhaut nachweisen. „Der Impfstoff induzierte eine starke Produktion von Immunglobulin G und Immunglobulin A, sowie eine lokale Abwehrzell-Antwort, die zusammen einen wirksamen Schutz gegen Sars-CoV-2 bei den Mäusen, Hamstern und nichtmenschlichen Primaten gewährleistete“, schreiben die Wissenschaftler.

Sie konnten zudem dokumentieren, dass sich das System für eine komplexere Immunisierung eignet: Die in den Mikrosphären enthaltenen Nanopartikel können gleichzeitig mit mehreren Antigenen bestückt werden, wodurch sich eine Immunantwort auslösen lässt, die einen breiten Impfschutz gegen verschiedene Versionen des Erregers verleihen kann. Das System ist außerdem nicht auf den Einsatz gegen Coronaviren beschränkt: Aufgrund der Flexibilität der Antigenpräsentation ermöglicht es auch die schnelle und bequeme Entwicklung anderer Atemwegsvirus-Impfstoffe, sagen die Wissenschaftler.

Ihnen zufolge zeichnet sich dank dieser Vorteile nun erhebliches Potenzial für ihren inhalierbaren Trocken-Impfstoff ab. Bevor das Konzept im Kampf gegen Covid-19 sowie andere Atemwegserkrankungen zum Einsatz kommen kann, ist aber noch weitere Entwicklungsarbeit nötig. Zunächst muss sich nun vor allem erweisen, dass die Impf-Substanz auch bei empfindlichen Menschen zu keinen problematischen Wirkungen beim tiefen Einatmen in der Lunge führt.

Quelle: Chinesische Akademie der Wissenschaften, Fachartikel: Nature doi: 10.1038/s41586-023-06809-8

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