Wissenschaft

#Interpretatives Forschen – was ist daran valide? – SocioKommunikativ

Interpretatives Forschen – was ist daran valide? – SocioKommunikativ

Nach einer viel zu langen Pause, bedingt durch viel Lehre, Seminare und schlicht Sommer, nun endlich wieder eine Fortsetzung. Offen ist noch die Frage wie die Dateninterpretation eigentlich vor sich geht und was daran wissenschaftlich ist. Was also validiert interpretative Sozialforschung?

Wie auch bei allen anderen Wissenschaften laufen die ersten Schritte ähnlich ab. Die Forschungsanträge geben gewisse Fragestellungen und Strukturierungen vor. Wichtig ist festzulegen was geforscht wird (Erkenntnisinteresse und Ziele), die aktuellen Stand der Forschung darzustellen (theoretischer Hintergrund und Verortung), das wie abzuklären (Methodologie und Methodik darzustellen, Forschungsablauf strukturieren), Kooperationen abzuklären und die sonst noch notwendigen organisatorischen Dinge darzulegen (Kalkulation der Kosten, Personal, CVs, usw. usf.). Soweit so bekannt und wie bei allen anderen auch gilt: Umso klarer, nachvollziehbarer, aktueller, greifbarer, umso besser.

Validierung über Feldzugang und Sampling der Daten: Die Frage ist wie genau der Bereich aussieht in dem man forschen möchte, welche Arten von Feldzugängen sind möglich und auf welche Art und Weise sollen die Daten gesammelt werden. Feld ist ein Begriff der gern und intensiv genutzt wird und geht auf Bourdieu zurück. Das Forschungsfeld abzustecken geschieht auf unterschiedliche Weisen: Recherchen in Büchern oder im Netz, Interviews mit AkteurInnen im Feld oder auch Beobachtung – je nach Anforderung sind die Schritte passend auszuwählen. Für unser letztes FWF-Projekt[1], von dem ich hier schon erzählt habe, war es eine Kombination aus mehreren Schritten. Einerseits ist mein Kollege ein Teilnehmer des Feldes, sprich im Bereich der Architektur tätig. Das bringt Vorteile mit sich, wie Wissen über die Abläufe, Kontakte zu handelnden Personen, fachliches Know How, Literaturkenntnis, etc., aber auch Nachteile, wie eine klare persönliche Perspektive, auch bedingt durch die Ausbildung und berufliche Tätigkeit, eine Nähe zu gewissen Teilen des Feldes und dadurch bedingt zu anderen eine größere Ferne, u.ä.. Da ich vor mehreren Jahren feldfremd war, d.h. keine Ahnung von Architektur, Wohnbau oder Stadtplanung hatte, musste er viel von seinem Wissen explizieren und erklären. Dem Wachsen meines Ordnungswissens konnte ich damals quasi zusehen und dieses Felderklären war ein wichtiger Bestandteil einer ersten Strukturierung. Andererseits arbeiteten wird natürlich mit Recherchen in allen Formen und Ausprägungen. Zusätzlich entschieden wir uns, um vom Insiderblick zu abstrahieren zu einer Reihe von teilstrukturierten Interviews mit starken narrativen Elementen, um von möglichst vielen Seiten die unterschiedlichen Prioritäten und Erzählungen einzufangen. Bei diesen Interviews setzten wir, zusätzlich zu unseren Recherchen, auch auf die Strategie InterviewpartnerInnen um Empfehlungen zu bieten. Die Frage war immer am Ende eines Gespräches: „Mit wem sollten wir noch sprechen? Wer hat ähnliche oder gänzlich andere Positionen, wer ist da für unsere Thematik interessant?“ So konnten wir das Feld auch von innen her aufrollen, zusätzliche Gesprächsmöglichkeiten eröffnen – wir wurden oft weiterverwiesen – und auch unsere Recherchen validieren. Irgendwann ist ein Punkt erreicht, wo man bei dieser Frage ähnliche Antworten erhält. Das ist der Punkt an dem es gut ist zu stoppen – Sättigung nennt man das bei den empirischen Daten – und noch stärker in die Auswertung zu gehen.

Während dieses Prozesses – Stichwort theoretical sampling – läuft die Konzeption immer mit. Die ersten Interpretationen zeigen die vorhandenen Strömungen und Ausrichtungen. Der Anspruch ist alle in einem Forschungsfeld vorhandenen Konzepte, d.h. Ausrichtungen, Strömungen und ähnliches, in die Auswahl zu integrieren. Wir haben meist mit grafischen Hilfsmitteln gearbeitet, die verschiedenen Perspektiven visualisiert, unsere bisherigen GesprächspartnerInnen  auf diesen verortet und natürlich auch das Metawissen unserer InterviewpartnerInnen herangezogen. (Dieses Thema methodologisch bearbeitet hat Adele Clarke: Sie hat das Generieren von Maps systematisiert und zu einer eigenen Methode gemacht.) Es geht um die oben genannte Sättigung der einzelnen Perspektiven ebenso, wie um ein Ausloten anderer Positionen. Wenn neue Daten, also Interviews, Recherchen und Beobachtungen, keine neuen Erkenntnisse mehr bringen,  ist dieser erste Schritt abgeschlossen. Das Ganze ist ein Prozess, nichts Lineares, führt oft zu einigen Schritten zurück und dann wieder vor und nennt sich zirkuläres Forschen. Etwas das recht ungewöhnlich ist, zumindest für die Art und Weise wie in vielen sozialwissenschaftlichen Disziplinen Forschung unterrichtet wird. Meine Studierenden können davon ein Lied singen und sind am Anfang des Wintersemesters regelmäßig davon gestresst, weil sie ihr Denken umstellen müssen bzw. eingelernte Strukturen über Bord werfen müssen. Und doch ist am Ende, jetzt wo die Arbeiten eintrudeln, zu sehen, dass diese Art zu Forschen großen Spaß machen kann. Ziel ist, wie beim sozialwissenschaftlichen Gschichtln drucken beschrieben, eine Repräsentativität in Bezug auf eine Grundgesamtheit herzustellen, sondern eine Repräsentativität der Konzepte eines Feldes zu gewährleisten.

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