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#Irans Wirtschaftspartner Nummer eins in Europa

„Irans Wirtschaftspartner Nummer eins in Europa“

Drei Monate halten die Proteste in Iran schon an. Über 18 200 Menschen wurden verhaftet, mehr als 490 ermordet. Zum Tode verurteilt wurden unter anderem der Bodybuilder Sahand Nour Mohammadzadeh, der Arzt Hamid Gharehasanlu, der Rapper Saman Yasin, der Familienvater Reza Arya, der Taxifahrer Tohid Darvishi, der Schauspieler Hossein Mohammadi, der 23-jährige Mahan Sadrat, der 19-jährige Mohammad Borghani, die Brüder Farhad und Farzad Tahazade. Ich hoffe, sie leben noch, wenn dieser Text erscheint. Mohsen Shekari, 23 Jahre, ist schon hingerichtet worden. Ich habe gelesen, er soll als Barista gearbeitet haben. Er wurde hingerichtet, ohne dass man zuvor seine Familie benachrichtigte. Es gibt ein Video, das seine Mutter zeigt, als sie von der Ermordung ihres Sohnes erfährt. Sie schreit.

Wer über Menschenrechte spricht wird belächelt

Ein Regime, das mordet, foltert und vergewaltigt, sollte besser heute fallen als morgen. Das müsste im Sinne eines jeden Staats sein, der sich als Rechtsstaat versteht. Freiheit ist ja, wie die Frauen in Iran schon 1979 skandierten, „weder östlich noch westlich – sondern universell“. Doch wer über Menschenrechte spricht, wird oft belächelt und als naiver Idealist abgetan. Ich höre immer wieder, das sei ja alles ehrenwert. Und ja, natürlich schlimm, was in diesen Diktaturen geschehe (diesen Zynismus erlebt man oft bei Menschen, die nie etwas mit Diktaturen zu tun hatten, also nicht mit Fotos von ermordeten Freunden oder Verwandten aufgewachsen sind, mit Geschichten von Folter und Verrat).

Ronya Othmann


Ronya Othmann
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Bild: Kat Menschik

Oft liegt dem auch die Fehlannahme zugrunde, es gebe per se einen Widerspruch zwischen Realpolitik und werteorientierter Außenpolitik. Letztere müsse man sich erst mal leisten können. Besonders was Iran betrifft, ist das jedoch so was von falsch. Die Islamische Republik hat ihre Untaten nicht nur auf Iran begrenzt, sondern sie hat in der gesamten Region destabilisierte Länder immer weiter destabilisiert, den Libanon etwa, Syrien, Irak und Jemen. Das Regime hat Terrorgruppen hochgerüstet und ausgebildet und die Vernichtung Israels zur Staatsdoktrin erhoben. Es besitzt Kurz- und Mittelstreckenraketen, die bis zu 2000 Kilometer weit fliegen können. Das Pentagon geht davon aus, dass Iran die meisten ballistischen Raketen im Nahen Osten besitzt und an neueren Langstreckenraketen bastelt. Nur zur Information: Teheran ist etwa 1500 Kilometer Luftlinie von Tel Aviv entfernt und die Hisbollah-Hochburg im Libanon rund 1100 Kilometer von Athen.

Erschießung in Genf

Vor ein paar Wochen verkündete das Regime, man habe nun auch Hyperschallraketen entwickelt. Also Raketen, die sehr schnell und niedrig fliegen und so von Radarsystemen kaum zu erkennen sind. Nicht auszudenken, es besäße obendrein noch die Atombombe. Es beliefert Putin mit Raketen und Drohnen, die in der Ukraine Zerstörung anrichten. Die Islamische Republik Iran ist aber nicht nur eine Katastrophe für den Nahen Osten und Unterstützer von Diktatoren. Sie ist auch eine Gefahr für Europa. Das hat sich schon oft gezeigt, man denke etwa an die Erschießung eines desertierten Piloten der Iranischen Luftwaffe 1987 in Genf, an die Ermordung des kurdischen Politikers Abul Ghassemlou und zwei seiner Begleiter 1989 in Wien oder an das Mykonos-Attentat 1992 in Berlin. In den vergangenen Jahren gab es Nachrichten wie diese: „Belgische Polizei verhindert Anschlag auf Exiliraner in Frankreich“, „Exiliraner 2015 und 2018 in den Niederlanden getötet“, „Weltweit iranische Hackerangriffe“. Und kürzlich: „Generalbundesanwalt ermittelt: Iran verantwortlich für Anschläge auf Synagogen?“

Es geht nicht nur darum – wie es oft so schön heißt –, „Haltung zu zeigen“, sondern auch um eigene Sicherheitsinteressen. Anders gesagt, decken sich hier die Ziele der Realpolitik und werteorientierten Außenpolitik. Und es ist höchste Eisenbahn: Menschen werden hingerichtet, das Regime baut an einer Atombombe. Man hat einiges versäumt in den vergangenen Jahren und gedacht, Handel würde auf magische Weise Wandel bringen. Auch in diesem Jahr ist Deutschland Irans Wirtschaftspartner Nummer eins in Europa. Von Januar bis Oktober importierte Iran Güter im Wert von 1,2 Milliarden Euro aus Deutschland und exportierte Waren im Wert von 260 Millionen Euro.

Stellen wir uns doch nur mal vor, wie viel Handel erst mit einem demokratischen und stabilen Iran getrieben werden könnte. Dass diese Proteste Erfolg haben, sollte im europäischen Interesse sein: auch weil man dieselben Werte mit den protestierenden Menschen teilt und das Morden aufhören muss. Als ich am vergangenen Sonntag anfing, diese Kolumne zu schreiben, und den Namen Majid Reza Rahnavard unter denen auflistete, die zum Tode verurteilt wurden, war er noch am Leben. Als ich mich am Montagmorgen wieder an den Schreibtisch setzte, war er tot. Öffentlich aufgehängt an einem Baukran. Seine Mörder jubelten, Allahu Akbar. Majid Reza Rahnavard wurde 23 Jahre alt.

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