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#Habeck im Lärm der Trillerpfeifen

„Habeck im Lärm der Trillerpfeifen“

„Hau ab, Hau ab, Hau ab“ – auch nach einer Stunde ebbt der Chor der Wütenden kaum ab, die sich am Donnerstagabend vor den Absperrgittern am Ehrenhof in der Bayreuther Innenstadt versammelt haben. Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ist zu einem „Bürgerdialog“ in der Stadt, es ist eine von einem halben Dutzend Stationen während seiner zweitägigen Sommerreise. Doch von einem Dialog kann an diesem Abend keine Rede sein. „Lügner“, „Kriegstreiber“ rufen sie ihm entgegen, während Habeck auf der der Bühne seinen gewohnt großen Bogen vom Krieg in der Ukraine über die Waldbrände bis hin zum Klimaschutz zieht.

Seit Wochen warnen vor allem grüne Minister vor einer drohenden Spaltung im Land. Annalena Baerbock (Grüne) befürchtete kürzlich „Volksaufstände“, falls Russland kein Gas mehr liefern sollte. Eine „überspitzte“ Aussage, wie sie später sagte. Habeck sah schon im März den sozialen Frieden in Gefahr und lehnte mit dieser Begründung einen sofortigen Importstopp für russische Energie ab. Dieser Auftritt in Bayreuth ist für ihn kein angenehmer. Habeck ist nach seiner Corona-Infektion immer noch etwas heiser, teils geht seine Stimme im Lärm der Trillerpfeifen unter. Aber er kann sich an diesem Abend auch bestätigt fühlen. Noch sind die Lauten in der Minderheit. Aber noch sind die hohen Gaspreise bei den meisten Verbrauchern auch noch gar nicht angekommen.

„In der Woche einen Tausender Miese“

Kritik kommt auch von den Leiseren, denjenigen, die es in den abgezäunten Bereich vor dem Alten Schloss geschafft haben. Da ist zum Beispiel der Mann, der sich als Inhaber eines Ladengeschäfts für tropische Zierfische und Koi-Karpfen vorstellt. Die Menschen sparten an ihren Hobbys, beklagt er. „Wenn ich Glück habe, mache in der Woche einen Tausender Miese.“ Er wähle nicht AfD, andere aber womöglich schon. Der Wirtschaftsminister lobt den Einsatz des Unternehmens und des Mannes, er könne ihm aber nicht versprechen, dass der Markt für Zierfische erhalten bleibe, sagt Habeck.

Harte Kritik: Beim Bürgerdialog sah sich Habeck auch Buhrufen und Pfiffen ausgesetzt.


Harte Kritik: Beim Bürgerdialog sah sich Habeck auch Buhrufen und Pfiffen ausgesetzt.
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Bild: dpa

Als nächstes ergreift ein Solarunternehmer das Wort, der einen Satz aus der Regierungserklärung Willy Brandts aus dem Jahr 1969 zitiert: „Wir wollen ein Volk der guten Nachbarn sein“. Der Unternehmer hält erkennbar wenig von der Strategie der Bundesregierung, sich von den Energieimporten aus Russland so schnell wie möglich zu lösen. „Wir machen wirtschaftspolitischen Selbstmord.“ Kurz darauf fragt eine Frau: „Was haben die Sanktionen denn gebracht? Es wird ja weiter gemordet.“

Habeck kontert. Russland sei der Kriegstreiber, der Lügner. Als Beispiel nennt er den Streit um die Turbine von Siemens Energy für die Gaspipeline Nord Stream 1. Seit Montag vergangener Woche sei die Turbine in Deutschland, alle Papiere für den Weitertransport nach Russland lägen vor, er habe sie selbst in der Hand gehabt. Russland aber weigere sich, die Turbine ins eigene Land zu lassen. „Sie lügen einem ins Gesicht.“

Nicht alle Stationen von Habecks Sommerreise verlaufen so emotional wie diese. Der Besuch im Energiepark in Bad Lauchstädt ist für ihn ein Heimspiel: Die Betreiber wollen künftig Wasserstoff herstellen und Gasleitungen für dessen Transport umrüsten. Das Projekt wird vom Wirtschaftsministerium finanziell gefördert. Auch im Kartonagewerk in Plößberg ist man Habeck wohlgesonnen, in den Stadtwerken Bayreuth ebenso. Hier gibt es ihn, den Dialog, auch wenn zum Reden kaum Zeit bleibt. Habeck wird im Eiltempo durch die Hallen geschleust.




Aber auch hier gibt es kritische Fragen. Warum das alles mit den Genehmigungen immer noch so umständlich und kompliziert sei, fragt die Projektleiterin im Energiepark. Der Start für die Wasserstoffproduktion soll erst Mitte 2024 sein, dabei laufen die Vorbereitungen schon seit Jahren. Habeck schaut betreten. In den Stadtwerken Bayreuth erklärt ihm der Geschäftsführer, dass so eine strombetriebene Wärmepumpe – Habecks Lieblingsheizung – ja schön und gut sei, sie im Winter aber an Grenzen stoße. Da müsse man dann, wenn nicht mit Gas, so mit Holzpellets nachhelfen. Also bloß nicht auch die noch verbieten, so die unverhohlene Botschaft in Richtung Berlin.

Nach anderthalb Stunden auf dem Ehrenhof in Bayreuth hat Habeck sein Ziel erreicht. Die Buhrufe sind leiser geworden, die Forderung aus dem Publikum nach einer stärkeren Besteuerung der Energiekonzerne teilt der Wirtschaftsminister uneingeschränkt. Nur die FDP halt leider nicht. Er bedankt sich fürs Kommen, für den Austausch und wünscht noch einen schönen Abend. Diesmal übertönt der Applaus die verbliebenen Trillerpfeifen.

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