Nachrichten

#Jetzt soll in der Türkei die Wirtschaft Vorfahrt haben

Inhaltsverzeichnis

Jetzt soll in der Türkei die Wirtschaft Vorfahrt haben

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat gravierende Änderungen der Wirtschaftspolitik des Landes angekündigt und versichert, die Inflation engagiert zu bekämpfen. Er wolle sich auf stabile öffentliche Finanzen, die Inflationsbekämpfung, Stärkung des Finanzsektors, der Leistungsbilanzdefizit und der Beschäftigung konzentrieren.

Andreas Mihm

Andreas Mihm

Wirtschaftskorrespondent für Österreich, Ostmittel-, Südosteuropa und die Türkei mit Sitz in Wien.

„Wir werden unsere Ziele erreichen, indem wir Tag und Nacht arbeiten, um die Türkei zu einer der zehn größten Volkswirtschaften der Welt zu machen“, sagte er. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt in Dollar lag das Land 2019 auf Rang 19, vor der Schweiz und hinter Saudi-Arabien.

Das Land leidet seit Jahren unter einer Finanz- und Währungskrise, ist aber dank staatlicher Stützungsmaßnahmen und der Ausweitung verbilligter Kredite vergleichsweise gut durch die Corona-Krise gekommen. Als einziges Land neben China verbuchte es 2020 in der Gruppe der 20 führenden Länder ein Wachstum, 1,6 Prozent. Allerdings wurde das durch die rasante Geldentwertung von aktuell 15,6 Prozent erkauft, die übers Jahr einherging mit einer starken Abwertung der Landeswährung Lira und zu einem Vertrauensverlust bei inländischen und internationale Investoren führte. Die Arbeitslosenrate von gut 12 Prozent – die der jungen Leute ist doppelt so hoch – stärkte nicht eben das Vertrauen in die Politik.

Erdogans Unterstützung schwindet

Das schlägt sich in Meinungsumfragen nieder, in denen der autokratisch regierende Präsident und die vom ihm gegründete Regierungspartei AKP weniger Zustimmung bekamen. So sind die wirtschaftlichen Reformversprechen vom Freitag eingebettet in Kurswechsel anderer Politikbereiche, einschließlich der gelenkten Justiz. So will Erdogan eine neue Verfassung ausarbeiten lassen.

Auch mit Nachbarstaaten geht er pfleglicher um: Mit Ägypten wurden die diplomatischen Beziehungen wiederaufgenommen, mit Griechenland die unterbrochenen Gespräche über umstrittene Grenzen in der Ägäis fortgesetzt. Mit Israel redet man wieder über gemeinsame Gas-Interessen im östlichen Mittelmeer, wie Premierminister Benjamin Netanjahu Ende voriger Woche berichtete. Nicht zuletzt bemühte sich Erdogan zuletzt wieder um ein freundlicheres Auftreten in Richtung EU.

Ziel des Umbaus in der Wirtschaftspolitik sei es, Investitionen, Produktion, Arbeitsplätze und Exporte anzukurbeln. Das Land könne Wachstumspotenziale durch eine höhere Produktionseffizienz ausschöpfen. Anzustreben sei eine Volkswirtschaft, die weniger importiere und mehr ausführe. Damit rührt er an ein von Ökonomen lange kritisiertes Grundmuster der türkischen Wirtschaft. Seit Jahren importiert sie mehr als sie ausführt. Voriges Jahr kam der Wert der exportierten Güter auf knapp 80 Prozent der Einfuhr – weshalb das Land auf einen hohen Zustrom ausländischen Kapitals zur Finanzierung angewiesen ist. Währungsabwertungen wie in den vergangenen Jahren helfen zwar Exporteuren, erschweren aber die Rückzahlung der in Dollar oder Euro aufgenommenen Kredite.

Erdogan sagte, das erste Ziel der Türkei sei es nun, die öffentlichen Finanzen zu stärken. Haushaltsdisziplin habe oberste Priorität, Einsparungen in der Verwaltung gehörten dazu. Der Anteil der Auslandsverschuldung solle sinken, um die Empfindlichkeit gegenüber externen Schocks zu verringern. Um inländische Geldgeber zu gewinnen, muss er aber auf Preisstabilität achten. „Das Ziel ist eine einstellige Inflationsrate“, sagte er und kündigte ein „Frühwarnsystem“ für die Lebensmittelinflation an, die mit 18,4 Prozent deutlich über Durchschnitt liegt.

Die Äußerungen stützen indirekt den Kurs des im November von Erdogan eingesetzten Zentralbankchefs Naci Agbal, der mittelfristig am Ziel einer Inflationsrate von 5 Prozent festhält – und deshalb den Leitzinsen auf inzwischen 17 Prozent angehoben hat, zum öffentlich bekundeten Missfallen Erdogans, was wiederum das Vertrauen der Märkte in den neuen Kurs beeinträchtigt. Zu Zinsen verkniff er sich am Freitag Kommentare. Am Donnerstag tagt der Zentralbankrat, erwartet wird eine Zinsanhebung auf 18 Prozent.

Erdogan versprach die Förderung von Investitionen, Erleichterung im Inlandshandel, eine Stärkung der Wettbewerbspolitik und Marktüberwachung. Für die 850.000 Kleinunternehmen brachte er niedrigere Einkommenssteuern ins Gespräch. Mit einem staatlichen Garantiefonds könnten Unternehmen, die selbst Anleihen begeben, unterstützt werden, kleine Betriebe könnten staatliche Kredite bekommen, falls sie die Beschäftigung ausweiten. Die Reformen institutionell begleiten sollen ein Rat für wirtschaftliche Koordinierung unter Leitung von Vizepräsident Fuat Oktay sowie ein Finanzstabilitätsrat unter der des im November neu ernannten Finanzministers Lutfi Elvan.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!