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#Jüdisch-muslimisches Projekt: Mit Schalom und Salam gegen Antisemitismus

Viele Juden in Deutschland haben muslimische Freunde. Sie verstehen, dass beim Thema Gaza Emotionen hochkommen. Geht das, ohne Grenzen zu überschreiten?

Kiril Denisov erinnert sich in diesen Tagen wieder an das, was seine Eltern ihm als Kind mitgegeben haben: „Sag niemandem, dass du jüdisch bist.“ Auch wenn er selbst keine Angst habe, verstehe er die Warnung jetzt, sagt der 24 Jahre alte Student, der in Riga geboren wurde und in Mannheim aufgewachsen ist.

Nach dem Überfall der Hamas auf Israel hat er es als schmerzhaft empfunden, dass vor allem linke amerikanische Organisationen und Aktivisten, denen er auf Instagram folgt, den Terror nicht verurteilt, sondern sogar gerechtfertigt hätten. Denisov fühlt sich dem linken, progressiven Lager zugehörig und ist deshalb besonders enttäuscht über das fehlende Empathievermögen.

Hoffnung gibt ihm ein jüdisch-muslimisches Bildungsprojekt, es heißt „Schalom und Salam“. Denisov besucht dort so viele Veranstaltungen wie möglich, bald will er selbst einen Chanukka-Workshop geben.

Der Nahostkonflikt polarisiere stark, sagt Denisov. Er erlebe den „Positionierungsdruck“ auch in seinem Umfeld. Denisov hat jüdische, israelische und muslimische beziehungsweise arabisch-palästinensische Freunde. „Emotionalität ist an sich nicht verwerflich, aber es kommt darauf an, wie man damit umgeht, wie man diese Emotionen verarbeitet, ohne antisemitische, antimuslimische Narrative zu reproduzieren“, sagt er. Der Antisemitismus sei sehr breit und tief verankert. Bei „Schalom und Salam“ geht es darum, dagegen anzugehen. In Schulungen, Workshops und auch bei Bildungsreisen setzen sich die Teilnehmer mit Antisemitismus und antimuslimischem Rassismus auseinander.

Die Verantwortlichen wollen Perspektivwechsel ermöglichen

Verantwortet wird das Projekt von Ahmad Al Saadi, Veronica Sartore und Anat Ivgi, die alle verschiedene Migrationsbiographien haben. Al Saadi ist aus Palästina nach Deutschland geflüchtet und hat bereits als Betreuer in der Flüchtlingshilfe gearbeitet. Sein Ziel ist es, mit dem Projekt Begegnungen zu schaffen, etwa an muslimischen und jüdischen Feiertagen.

Es gehe darum, „andere Narrative zu zeigen, einen Perspektivwechsel zu ermöglichen, Raum für Schmerz und Hoffnung zuzulassen“, sagt er. Die Deutschitalienerin Veronica Sartore sieht das auch so. Sie hat Philosophie und Jüdische Studien studiert und sagt, es gehe darüber hinaus um eine plurale Erinnerungskultur. Und sie verweist darauf, dass Religion in dem Projekt nur ein Aspekt sei. Es gebe viele nichtreligiöse Teilnehmer. „Das sind doch Themen, die uns alle betreffen.“ Jüdisch-muslimische Allianzen seien wichtig, bekräftigt Anat Ivgi, die in Jerusalem geboren und aufgewachsen ist und seit mehreren Jahren in Deutschland lebt.

Große Angst in der jüdischen Gemeinde

Die drei aus dem Leitungsteam sind sich einig, dass es Antisemitismus und Vorurteile in der migrantischen Community gibt, darüber müsse man sprechen. Wichtig sei es, dem Raum zu geben. „Das ist kein Friede, Freude, Eierkuchen, sondern wir sind uns der Schwierigkeiten bewusst“, sagt Sartore. „Wir sollten den Antisemitismus nicht auf andere projizieren, sondern als gesamtgesellschaftliches Phänomen betrachten.“ Wenn man Antisemitismus mit Rassismus bekämpfe, habe man nichts verstanden, sagt Ivgi. Die antisemitischen Vorfälle in Deutschland würden auch in Israel wahrgenommen. „Das triggert, die Traumata sind groß. Das ist für uns wie Salz in die offene Wunde.“ Es gebe eine große Angst in der jüdischen Gemeinde.

Trotz der enormen Herausforderungen, dem Ohnmachtsgefühl und der Frustration wollen die drei Teamleiter und Denisov nicht die Hoffnung verlieren. „Hoffnung ist der Antriebsstoff! Wenn ich die Hoffnung verliere, haben wir alle verloren. Hoffnung aufzugeben, das wäre Selbstmord“, sagt Al Saadi. Sartore sekundiert: „Wir haben nicht den Anspruch, die Welt zu retten. Sich zusammentun, das ist möglich. Das gibt Kraft.“ Sie sei zwar persönlich verzweifelt, und dennoch betont Ivgi: „Wenn wir aufgeben, wenn wir keine Hoffnung haben, wer dann?“

Für Kiril Denisov ist die jüdische Identität nach wie vor eine „Quelle der Hoffnung“. Die klingt auch in seinem hebräischen Vornamen durch, den er sich gab, als er sich vor fünf Jahren wieder mit seiner jüdischen Identität zu befassen begann. Meistens verwendet er ihn in der jüdischen Gemeinde und wenn er Israel besucht. Dort wird er Leor genannt. Das bedeutet: mein Licht.

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