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#Jung und Alt in der Coronakrise: Abgrund der Pandemie

Jung und Alt in der Coronakrise: Abgrund der Pandemie

Wenn die Corona-Krise auch eine gesellschaftliche Krise ist, dann ist sie eine zwischen Jung und Alt. Wie groß die Entfremdung der Generationen geworden ist, zeigen nicht nur technische Probleme. Wenn Senioren ratlos vor den Bildschirmen ihrer Enkel sitzen und sich durch die Internetseiten der Impfbehörden mühen, ist das nicht nur ein Beispiel dafür, dass viele das Gefühl haben, fremd in dieser Welt geworden zu sein. Die Pandemie hat das Leben komplett neu vermessen, und zwar zu Lasten derer, die das Ende vor Augen haben. Es ist sehr einsam um sie geworden – nicht nur wegen Berührungsängsten und Kontaktverboten, sondern weil sie in der Corona-Politik auf eine Weise vernachlässigt wurden, die gruseln lässt.

Selbst ein Jahr nach Beginn der Notfallpolitik gibt es noch immer keine flächendeckende Absicherung der Alten- und Pflegeheime, von den Möglichkeiten der zu Hause gepflegten Alten ganz abgesehen. Im ersten Schreck der Pandemie wurden viele Pflegeheime isoliert. Schnell war klar, dass eine menschliche Bekämpfung der Seuche so nicht aussehen kann. Aber was kam dann? Seither gehorcht die Corona-Politik der Linie: Weil eine Isolation vulnerabler Gruppen inhuman ist, müssen sie geschützt werden, indem die gesamte Gesellschaft das Virus mit Kontaktarmut aushungert.

Was auf der Hand lag, wurde nicht getan

Dagegen ist nichts einzuwenden, zumal der erste Teil völlig richtig ist. Der zweite Teil hat sich allerdings als wesentlich komplizierter herausgestellt als angenommen. Auch deshalb wird seit etwa einem Jahr so gut wie nur über diesen zweiten Teil geredet, berichtet, gestritten, beraten und entschieden. Über diesen, den „jungen“ Teil der Gesellschaft wissen wir alles und nichts: Wird ihm zu viel zugemutet, werden seine Rechte zu sehr beschnitten, wo bleiben die Freiheiten? Währenddessen sterben die Alten – in einem Maße, das diese Politik wie eine Ausflucht wirken lässt.

Alten- und Pflegeheime, wenn sie gut geführt sind, wissen sich zu helfen, und diese Hilfe ist aufopfernd, selbstlos und aller Ehren wert. Vor allem: Sie wirkt. Umso unverständlicher ist, dass der politische Aufwand, der betrieben wurde, um Heime und Haushalte zu unterstützen, mangelhaft bis fahrlässig geblieben ist. Was auf der Hand lag, wurde nicht getan. Wonach gerufen wurde, blieb aus. Was eilte, wurde vertrödelt. Man fragt sich immer wieder: Wie war, wie ist das nur möglich?

Über Weihnachten und Neujahr wurde immerhin in Angriff genommen, was als Strategie im Oktober (!) formuliert worden war. Durch Schnelltests sollte um Alten- und Pflegeheime ein Cordon sanitaire errichtet werden, nicht perfekt, nicht lückenlos, aber wirksam. Etliche Heime und lokale Freiwillige hatten auch das schon ins Werk gesetzt, ohne lange auf Politik, Verbände und Institutionen zu warten. Doch in vielen Fällen ist bis heute nichts geschehen. Hilfsorganisationen, Kanzleramt, Länder und Kommunen brachten es einfach nicht auf die Reihe. Jetzt soll es die Bundeswehr richten, dann die Bundesagentur für Arbeit – mit einem Rattenschwanz an Formularen, Dienstwegen und Bürokratie. Es gehört nicht viel Phantasie dazu, sich auszumalen, dass die Überlebenden längst geimpft sind, bis der „besondere Schutz“ für die Heime steht.

Eine große moralische Bürde

In Normalzeiten gibt es einen Sarkasmus dafür: organisierte Verantwortungslosigkeit. Gemeint ist, dass die Überlagerung von Zuständigkeiten am Ende dazu führt, dass sich niemand mehr wirklich verantwortlich fühlt. Ergebnis ist nicht der einfachste Weg, der meist darin besteht, die informellen, aber eingespielten und professionellen Netzwerke vor Ort zu aktivieren, sondern: Einer zeigt auf den anderen. Das ist schon in normalen Zeiten der Grund für Missmanagement. Im Katastrophenfall ist es eine Katastrophe in der Katastrophe.

Ein frühzeitig besser organisierter Schutz der Senioren hätte dazu geführt, dass Krankenhäuser entlastet worden wären und die Todeszahlen niedriger lägen, vermutlich sehr viel niedriger. Wir würden heute über den Rest der Gesellschaft anders reden. Diesem Rest wurde eine große moralische Bürde aufgeladen. Denn die zweite Corona-Welle, die im Herbst einsetzte, ist eindeutig auf diesen jungen Teil der Gesellschaft zurückzuführen, der teilweise noch immer nicht einsieht, warum er auf eine Party und auf Halligalli verzichten soll. Er möchte gerne so leben, als ob es den Schutz für die Alten eigentlich gäbe.

Leider ist es mit dieser schmeichelhaften Erklärung noch nicht getan. Boris Palmer ist im Frühjahrs-Lockdown zu Recht kritisiert worden, als er sinngemäß sagte, die Corona-Politik nehme die ganze Gesellschaft in Haftung, um Alte zu retten, die ohnehin bald sterben müssten. Mit dem Satz lässt sich das unerklärliche passive Verhalten vieler Bürger, Funktionäre und Politiker verstehen. Er brachte das Unterbewusstsein einer auf Jungsein getrimmten Wirtschaft und Gesellschaft auf den Punkt. Wie anders ist zu erklären, dass so wenig für diejenigen getan wurde, die das Leben hinter sich, und so viel über diejenigen geredet wird, die es noch vor sich haben, aber nicht entfernt so gefährdet sind? Darin liegt ein Abgrund dieser Pandemie.

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