Nachrichten

#Kein Zurück zu 2016

Kein Zurück zu 2016

Das Personaltableau eines amerikanischen Präsidenten ist sein sichtbarstes politisches Signal zu Beginn seiner Amtszeit. Joe Biden hat bei der Vorstellung seiner Kandidaten für die Kabinettsposten hervorgehoben, dass seine Regierung „wie Amerika aussehen“ werde. Ein „diverses Team“ werde zu besseren Ergebnissen beim Regieren führen.

Majid Sattar

Majid Sattar

Politischer Korrespondent für Nordamerika mit Sitz in Washington.

Der Demokrat verwies dann auf den ersten afroamerikanischen Verteidigungsminister (Lloyd Austin), der schon vom Senat bestätigt wurde, sowie auf jene Kabinettsmitglieder, mit denen sich die Senatoren derzeit befassen: die erste Finanzministerin (Janet Yellen), die erste Nationale Geheimdienstdirektorin (Avril Haines), das erste offen homosexuell lebende Kabinettsmitglied (Pete Buttigieg) und die erste Ureinwohnerin in einem Ministeramt – Deb Haaland soll als Innenministerin Bundesland verwalten. Für das Gesundheitsministerium (Xavier Becerra) und das Heimatschutzministerium (Alejandro Mayorkas) wurden Latinos nominiert.

Ein gutes Dutzend aus der Obama-Zeit

Und dann ist da natürlich noch Kamala Harris. Als erste Vizepräsidentin, die sich sowohl als Schwarze bezeichnet als auch ihre südasiatischen Wurzeln hervorhebt, ist sie der Star in Bidens Diversitätskabinett. Diesem sollen am Ende zwölf Frauen angehören. Der bisherige Rekord, unter Bill Clinton, lag bei neun. Acht der gegenwärtigen Kandidatinnen sind – wie Vertreter der Identitätspolitik hervorheben – „women of color“, Angehörige sichtbarer Minderheiten also, deren Spektrum von Latina mit dunklem Teint bis zu Afroamerikanerinnen reicht.

Biden hatte schon im Wahlkampf versprochen, ein Kabinett zusammenzustellen, das sich von dem Donald Trumps, der zu Beginn eine Regierung der weißen Milliardäre und weißen Generäle anführte, unterscheidet. Der 78 Jahre alte Demokrat reagierte damit auf die Enttäuschung in seiner Partei darüber, wieder mit einem alten, weißen Mann in das Rennen um das Weiße Haus zu ziehen. Heute erfüllt die Betonung der Diversität noch einen anderen Zweck. Biden begegnet so der Kritik, seine Präsidentschaft sei eine Art dritte Amtszeit Barack Obamas, dem er acht Jahre lang von 2009 bis 2017 als Vizepräsident diente.

Hintergrund der Kritik: Ein gutes Dutzend Leute von Bidens Kabinettsliste stammt aus der Obama-Zeit. Das trifft vor allem auf das außen- und sicherheitspolitische Team zu: Antony Blinken (Außen), Jake Sullivan (Nationaler Sicherheitsrat), William Burns (CIA) waren lange im State Department und/oder im Nationalen Sicherheitsrat tätig. Das gilt auch für Haines.





Öffnen



Das Team des neuen Präsidenten
:


Bidens Top Ten
Bild: Jens Giesel

Auch Bidens Stabschef, Ron Klain, arbeitete unter Obama im Weißen Haus; Obamas Stabschef Denis McDonough wiederum soll nun Veteranenminister werden, Obamas Außenminister John Kerry Klimabeauftragter und Obamas Agrarminister, Tom Vilsack, soll wieder genau das werden: Agrarminister. Die designierte Finanzministerin Yellen war unter Obama Notenbankchefin. Und Bidens Kandidat für den Posten des Justizministers, Merrick Garland, ist ebenfalls ein alter Bekannter: Obama wollte ihn an den Supreme Court berufen, was die Republikaner aber zu verhindern wussten.

Die Person müsse ihm „simpatico“ sein

Als Biden im Dezember verkündete, dass Susan Rice, Obamas Nationale Sicherheitsberaterin, künftig den innenpolitischen Beraterstab anführen solle, äußerte Alexandria Ocasio-Cortez, die Frontfrau des progressiven Flügels im Repräsentantenhaus, offen Kritik: „Wie lautet die Agenda? Was wird die überwölbende Vision sein?“, fragte die Parteilinke. Die Botschaft sei „ein wenig verschwommen“. Das Kabinett besteht aus Sicht der Progressiven aus lauter Moderaten. Tatsächlich hat Biden darauf verzichtet, dezidierte Parteilinke auf Regierungsposten zu berufen. Das dürfte der Grund dafür sein, dass er im Gegenzug Überlegungen verwarf, eines der Ministerien einem Republikaner anzutragen, gleichsam als überparteiliches Signal – so wie Obama bei seinem Amtsantritt George W. Bushs Verteidigungsminister Robert Gates im Pentagon beließ. Biden hätte die Parteilinke noch mehr gegen sich aufgebracht.

Seine Personalpolitik folgt zum einen dem gleichen Kalkül wie die Obamas. Dieser schreibt in seinen Erinnerungen, bei der Zusammenstellung seines wirtschafts- und finanzpolitischen Teams habe er „Erfahrung neuen Talenten vorgezogen“. Die Umstände, sagte er mit Blick auf die Finanzkrise, hätten es verlangt. Das gilt für die Pandemie und die Wirtschaftskrise im gleichen Maße. Biden hat zum anderen im vergangenen Sommer mit Blick auf seine – seinerzeit noch bevorstehende – Entscheidung über einen „running mate“ deutlich gemacht, was ihm wichtig ist: Die Person müsse ihm „simpatico“ sein – sowohl die Persönlichkeit als auch die Substanz betreffend.

Das bedeutet nicht, dass Biden glaubt, politisch dort anknüpfen zu können, wo Obama und er 2016 aufgehört haben. Die Welt ist eine andere, auch wegen Trump, aber nicht nur wegen Trump. Die Wirtschaftskrise lässt sich pandemiebedingt nicht mit herkömmlichen Mitteln überwinden. Zwar macht Biden mit zahlreichen Verordnungen Trumps Politik an vielen Stellen rückgängig, in der Umwelt-, Einwanderungs- und Gesellschaftspolitik etwa. Eine Komplettrevision wird es aber nicht geben: Auch Biden will „America first“ und etwa Bundesbehörden verpflichten, vorrangig „made in America“ zu kaufen.

Und die Kriege will auch er beenden, wenngleich er angekündigt hat, das Abkommen mit den Taliban werde überprüft. Mit Iran wird es kein einfaches Zurück zum Status quo ante geben. Und dann ist da freilich noch China. Blinken sagte in seiner Senatsanhörung: Der frühere Konsens, dass die wirtschaftliche Liberalisierung eine politische nach sich ziehen werde, habe sich nicht bewahrheitet. China stelle zweifelsohne die wichtigste Herausforderung für Amerika dar.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!