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#Keine Mehrheit für den Notstand

Keine Mehrheit für den Notstand

Die tschechische Regierung stellte sich auf ein Wochenende voll gesetzgeberischer Schnellschüsse ein. Am späten Donnerstagabend hatte das Parlament in Prag eine sechste Verlängerung des jeweils für einen Monat geltenden Corona-Notstands verweigert. Er läuft mithin am Sonntagabend aus. Die Ansteckungszahlen sind jedoch hoch und das Gesundheitssystem an der Kapazitätsgrenze.

Stephan Löwenstein

Die Regierung unter Ministerpräsident Andrej Babiš hatte zuletzt auch die Zustimmung der kommunistischen Partei verloren, die sonst die Minderheitskoalition der Babiš-Partei Ano und der Sozialdemokraten stützt. Nun müssen die wichtigsten Corona-Verordnungen auf das bestehende Gesetz zur öffentlichen Gesundheit umgeschrieben werden. Oder die Regierung umgeht vorerst das Parlamentsvotum, indem sie einen „neuen“ Notstand ausruft. Ein dafür notwendiger Antrag aus den Regionen wurde bereits aus Mährisch-Schlesien angekündigt. Das würde zumindest wieder einen Monat lang gelten, es sei denn, im Parlament fände sich eine Mehrheit für einen Gegenantrag. Dass das passiert, ist zweifelhaft, denn auch die Opposition sieht die grundsätzliche Notwendigkeit der Maßnahmen und fordert lediglich Anpassungen.

Ansteckungszahl gestiegen

Es geht also um Machtspielchen. Die Regierung weigerte sich, der Opposition entgegenzukommen, um sie als Verhinderer eines ordentlichen Gesundheitsmanagements dastehen zu lassen. Die Kommunisten beanstandeten, dass zwei zentrale Forderungen nicht erfüllt worden seien, die sie erhoben hatten, als sie im Januar der damaligen Notstandsverlängerung zugestimmt hatten: Die Wiederöffnung der Schulen sowie des Skitourismus. Die Opposition war nicht bereit, Babiš aus der Klemme zu helfen. Der Piraten-Abgeordnete Jakub Michálek drückte es drastisch aus: Man sei durchaus für die notwendigen Instrumente, aber nicht in der Hand eines „Verrückten“. Was die Oppositions-Fraktionschefs der Regierung vorwarfen, war vor allem deren Haltung nach dem Motto: „Vogel friss oder stirb“.

Das Verteidigungsministerium kündigte an, dass es weiterhin Soldaten zur Amtshilfe in Altenheime und Krankenhäuser entsenden werde. Bislang sind dafür bis zu 900 Uniformierte abgestellt. Auch das Unterrichtsministerium möchte nichts an den Regelungen für die Schulen ändern. Der bisher geltende Fernunterricht für alle außer den Anfangsklassen solle auf Basis des Gesetzes für öffentliche Gesundheit angeordnet bleiben. Die stellvertretende Ministerpräsidentin Alena Schillerová (Ano) sagte, die für Freitag angesetzte Kabinettsitzung könne lange dauern. „Wir sind bereit, das ganze Wochenende durchzuarbeiten.“

Dass auch ohne Notstandsrecht ein Notstand besteht, dürfte dabei außer Zweifel sein. Am Freitag wurden wieder deutlich höhere Ansteckungszahlen als in der Vorwoche gemeldet: 8916 in dem Zehn-Millionen-Einwohner-Land, um 800 mehr als am Donnerstag voriger Woche. Die Zahl der Menschen mit Corona im Krankenhaus ist leicht gesunken, die der schwer erkrankten allerdings gestiegen. Das Gesundheitsministerium sieht das System an den Grenzen seiner Kapazität. Das sei der Grund dafür, dass die Regierung noch keine Lockerung der Restriktionen beschließen wollte.

Einreise nach Deutschland nur für Rückkehrer

Besonders schwer sind drei Distrikte betroffen, zwei davon an den Grenzen zu Deutschland: Eger (Cheb, bei Bayern) und Trautenau (Trutnov, bei Sachsen). Dort hat es jeweils mehr als 1100 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner in einer Woche gegeben. Das dürfte nicht zuletzt an der britischen Virusvariante liegen, deren Anteil auf mehr als 60 Prozent geschätzt wird. Die tschechische Regierung hat für diese Distrikte Isolation angeordnet, bis auf wenige Ausnahmen darf seit Freitag niemand hinein oder hinaus. Das betrifft etwa 300.000 Einwohner.

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Zugleich gelten von Sonntag an für das ganze Land verschärfte Einreiseregeln nach Deutschland. Das Robert Koch-Institut hat die Tschechische Republik – ebenso wie die Slowakei sowie das österreichische Bundesland Tirol – als Gebiet mit besonders gefährlichen Virusmutationen eingestuft. Fluggesellschaften, Bus- und Bahnunternehmen dürfen von Sonntag an keine Passagiere mehr von diesen Ländern nach Deutschland befördern (ausgenommen Deutsche oder Einwohner aus Deutschland, die zurückkehren). Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände setzen sich noch dafür ein, für Berufspendler Ausnahmen zu ermöglichen.

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