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#Kernkraft, Kernkraft überall

„Kernkraft, Kernkraft überall

Ich rede gerne und oft über Kernkraft. Neu ist, dass die Leute mir dabei zuhören. Kernkraft ist kein Tabuthema mehr, selbst in Deutschland nicht.

Das erste Kernkraftwerk wurde 1954 in der damaligen Sowjetunion in Betrieb genommen. In den folgenden 50 Jahren nahm die durch Kernkraftwerke produzierte Energie weltweit stetig zu. Auch der Unfall in Tschernobyl im Jahr 1986 änderte daran nichts. Vor 20 Jahren jedoch stockte der Zubau. Viele Nationen, unter anderem Deutschland und Japan, nahmen den Fukushima-Unfall im Jahr 2011 zum Anlass, Kernkraftwerke vom Netz zu nehmen. Die weltweite Energieproduktion durch Kernkraft sank schlagartig.

In den letzten Jahren hat sich das Blatt gewendet. Die Energie, die weltweit durch die Spaltung von Atomkernen erzeugt wird, ist wieder auf das Vor-Fukushima-Niveau gestiegen. Die International Energy Agency erwartet, dass die Stromproduktion durch Kernkraft bis zum Jahre 2050 um mindestens weitere 20 Prozent steigt, vielleicht sogar um 100 Prozent. 55 neue Kernkraftwerke sind derzeit im Bau, die meisten in China und Indien. Japan schaltet seine Atomkraftwerke wieder an. Auch die Deutschen stellen zögerlich fest, dass Kernkraft zwar vielleicht keine gute Lösung ist, um Energie verlässlich und klimaneutral zu gewinnen, aber immer noch besser als Kohle.

Neue Investitionen in die Forschung

Die Kernenergie-Renaissance treibt die Technologie voran. Derzeit benutzen die am häufigsten gebauten Kernkraftwerke Brennstäbe aus angereichertem Uran. Man kann Kernkraftwerke aber auch mit Thorium betreiben, und dieses in Form von Flüssigsalzen benutzen. Thorium liegt in der Erdkruste in größeren Mengen als Uran vor, und die Endprodukte der Spaltung lassen sich schlechter für Atomwaffen zweckentfremden. Die Idee klingt gut und ist auch nicht neu, wurde aber bisher wenig eingesetzt, unter anderem, weil die flüssigen Salze hoch korrosiv und daher schlecht zu handhaben sind. Ein Testreaktor, der in China im November 2021 in Betrieb genommen wurde, soll Klärung bringen.

Parallel dazu entwickeln zahlreiche Firmen und Forschungseinrichtungen kleine, modulare Reaktoren. Diese Reaktoren sollen zentral hergestellt werden und klein genug sein, um mit einem LKW transportiert werden zu können. Das, so die Hoffnung, wird den Bau von Kernkraftwerken billiger und einfacher machen. Ob es wirklich billiger wird, ist unklar, denn die Prototypen dieser Reaktoren benötigen erstmal hohe Forschungsinvestitionen.

Ein Nachteil der kleinen Reaktoren ist zudem, dass aufgrund des kompakten Formats mehr radioaktiver Abfall per produzierter Energie anfällt. Wegen des kleineren Reaktorraumes laufen auch die Kernreaktionen etwas anders ab. Laut einer Untersuchung von Forschern der Stanford University führt das dazu, dass der Müll von modularen Reaktoren etwas höher radioaktiv ist, als der von größeren Reaktoren.

In diese modularen Reaktoren investiert haben bisher unter anderem, die USA, Russland, China, Japan, Kanada, Großbritannien und Südkorea. Die USA und Japan haben zugesagt, Ghana bei der Entwicklung von kleinen Reaktoren zu unterstützen. Die meisten von diesen Projekten benutzen derzeit Uran als Brennstoff, einige aber auch Thorium.

John Kerry, der amerikanische Sonderabgeordnete für Klima, kündigte auf der COP27 Konferenz im November 2022 ein Kollaborationsprojekt mit der Ukraine an. Dabei sollen kleine, modulare Reaktoren zur Produktion von Wasserstoff eingesetzt werden, der dann als Treibstoff verwendet werden kann.

Auch „schnelle“ Reaktoren werden wieder gebaut. Sie heißen so, weil die Kernspaltung durch schnelle Neutronen ausgelöst wird. Diese Technologie ist ebenfalls nicht neu, wird aber nun weiter erprobt, zum Beispiel in Kanada, wo zwei schnelle Reaktoren im Bau sind. Diese Reaktoren haben in der Vergangenheit einen schlechten Ruf entwickelt, weil sie störanfällig sind. Man hofft nun, die früheren Probleme beheben zu können.

Schnelle Reaktoren können aus den verbrauchten Brennelementen der üblichen Uran-Reaktoren noch Energie gewinnen und damit die Menge an langzeit-radioaktivem Müll stark verringern. In Russland versuchen Wissenschaftler außerdem neue Methoden, um Uran-Brennstäbe mehrfach wieder aufzuarbeiten. Sie testen eine Mischung aus Uran und Plutonium mit dem Namen REMIX, die derzeit bis zu fünfmal wiederbenutzt werden kann.

In Finnland wird dieses Jahr das erste unterirdische Endlager für Atommüll in Betrieb genommen. Dafür wurden detailliere Computermodelle der Tunnel entwickelt, die die geologische Stabilität und den Grundwasserfluss miteinbeziehen. Weitere Endlager sind geplant in Schweden, Frankreich und den USA. In Kanada und Großbritannien wurden mögliche Orte für solche Lager identifiziert.

Auch Kernfusion ist wieder ein Thema

Nicht nur die Kernspaltung weckt frisches Interesse als eine klimafreundliche Art der Energiegewinnung. Auch die Kernfusion hat wieder Rückenwind. Zahlreiche Firmen, unter anderem in Großbritannien und den USA, untersuchen neue Methoden, Energie aus dem Verschmelzen von Atomen zu gewinnen.

Traditionell hat man dafür versucht, ein heißes Plasma mit starken Magnetfeldern in einem ringförmigen „Tokamak“ zur Fusion zu bringen. Dabei werden üblicherweise schwere Wasserstoffisotope zu Helium verschmolzen, ein Vorgang der ähnlich in der Sonne stattfindet. Um Plasmaturbulenzen in diesen Tokamaks zu kontrollieren, wird zunehmend künstliche Intelligenz eingesetzt.

In Greifswald wird in der Fusionsanlage Wendelstein 7-X eine andere geometrische Konfiguration der Magnetfelder, die das Plasma halten, getestet: der sogenannte Stellarator.

Eine neue Idee ist, Kernfusion zu erreichen, in dem ein kleiner Brennstoffcontainer mit Lasern beschossen wird. Diese Technologie wird etwa von der Firma First Light Fusion in der Nähe von Oxford, Großbritannien, verfolgt. Die britische Regierung hat zudem in einen neuen Tokamak investiert, der bis zum Jahr 2040 fertiggestellt werden soll.

Ich habe schon vor 15 Jahren über das Comeback der Kernkraft geschrieben. Das war wohl etwas voreilig. Jetzt aber.


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