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#Kim Jong-un gibt sich verbal zurückhaltend

Kim Jong-un gibt sich verbal zurückhaltend

Kim Jong-un verzichtete in seiner Rede auf jede verbale Attacke auf die Vereinigten Staaten. Stattdessen vertraute er auf die Macht der Bilder. Zum 75. Gründungstag der Arbeiterpartei ließ der Machthaber die größte Interkontinentalrakete über den Kim-Il-Sung-Platz in Pjöngjang rollen, die Nordkorea je enthüllt hat. Falls es sich nicht um Attrappen handelt, ist sie nach Einschätzung von Fachleuten zugleich die größte straßenmobile Interkontinentalrakete der Welt mit einer geschätzten Länge von 25 bis 26 Metern und einem geschätzten Startgewicht von 100.000 bis 150.000 Kilogramm. Ende vergangenen Jahres hatte Kim Jong-un der Welt eine „neue strategische Waffe“ angekündigt. Am Samstag kurz nach Mitternacht ließ er sie nun präsentieren, aufgebockt auf Transporter mit elf Achsen.

Friederike Böge

Welchen strategischen Nutzen eine solche ballistische Rakete für Nordkorea haben könnte, lässt sich anhand der Bilder freilich nur erahnen. Die schiere Größe ist zunächst eine Demonstration der Entschlossenheit Nordkoreas, sein Atomprogramm trotz der internationalen Sanktionen fortzusetzen. Getestet wurde die Rakete aber noch nicht.

Ende vergangenen Jahres hatte Kim Jong-un erklärt, er fühle sich aufgrund der mangelnden Fortschritte in den Atomgesprächen mit Amerika nicht länger an das von ihm verhängte Testmoratorium für Atomwaffen und Interkontinentalraketen gebunden. Dass er sich nun so kurz vor den amerikanischen Präsidentenwahlen mit dem Zeigen, statt Testen neuer Waffen zu begnügen scheint, erspart es Donald Trump, darauf einzugehen. Ein Regierungsmitarbeiter sagte Medienvertretern in Washington lediglich, es sei „enttäuschend“, dass Nordkorea weiterhin den Ausbau seines „verbotenen Atom- und Raketenprogramms priorisiert“. Kim Jong-un kündigte in seiner Rede an, die „Kriegsabschreckung“ seiner Streitkräfte verstärken zu wollen. Amerika erwähnte er mit keinem Wort.

Erstmals nächtliche Parade

Eine größere Interkontinentalrakete könnte gleichwohl die Bedrohung der Vereinigten Staaten erhöhen. Es sei denkbar, dass die Rakete dank ihrer größeren Nutzlast mehrere Wiedereintrittsbehälter an ihr Ziel transportieren könnte, schrieben Militäranalysten am Sonntag auf der Fachwebsite „38North“. Nordkorea behauptet, jeden Ort in Amerika treffen zu können. Doch nach wie vor ist unklar, ob es in der Lage ist sicherzustellen, dass seine Sprengsätze den technisch herausfordernden Wiedereintritt in die Atmosphäre unbeschadet überstehen. Mehrere Behälter würden diese Wahrscheinlichkeit erhöhen.

Von der staatlichen nordkoreanischen Nachrichtenagentur zur Verfügung gestellte Bilder sollen die neuen Interkontinentalraketen zeigen, die Pjöngjang zum 75. Jahrestag der Gründung der Arbeiterpartei präsentiert hat.


Von der staatlichen nordkoreanischen Nachrichtenagentur zur Verfügung gestellte Bilder sollen die neuen Interkontinentalraketen zeigen, die Pjöngjang zum 75. Jahrestag der Gründung der Arbeiterpartei präsentiert hat.
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Bild: AFP

Seit 1995 begeht Nordkorea den „Gründungstag der Partei“ alle fünf Jahre mit einer Militärparade – ihn nicht zu feiern wäre ein Zeichen der Schwäche gewesen. Erstmals fand die Parade nachts statt. Der Grund dafür ist nicht bekannt. Ausländische Beobachter waren in diesem Jahr nicht zugelassen. Ausnahmen soll es Gerüchten zufolge nur für Diplomaten aus China gegeben haben. Eine Aufzeichnung der Parade wurde erst 19 Stunden später im Staatsfernsehen gezeigt. Um Punkt Mitternacht trat Machthaber Kim Jong-un im staatsmännischen grauen Anzug vor die frenetisch jubelnden Massen.

Kim inszenierte sich zum Teil hoch emotional

Um die Wirtschaftslage Nordkoreas muss es schlimm bestellt sein. Wie schon im September bei einer Sitzung des Politbüros gestand der 36 Jahre alte Machthaber ein, dass es ihm nicht gelungen sei, die Lebensbedingungen zu verbessern. „Unsere Leute haben Vertrauen in mich gesetzt, so hoch wie der Himmel und so tief wie das Meer, aber ich habe es nicht immer zur Zufriedenheit erfüllt. Das tut mir sehr leid.“ Immer wieder dankte er der Bevölkerung und den Soldaten für ihre Opferbereitschaft. Zugleich machte Kim für die desolate Lage allein äußere Faktoren verantwortlich: die Coronakrise, Taifune und die internationalen Sanktionen. Kein anderes Land auf der Welt habe diese drei Herausforderungen gleichzeitig bestehen müssen. Streckenweise inszenierte er sich hoch emotional, in einem Moment schien ihm gar eine Träne über die Wange zu rollen.

Einmal mehr behauptete Kim Jong-un, dass kein einziger Nordkoreaner sich bisher mit dem Coronavirus infiziert habe. Wie um das zu belegen, trug keiner der Tausenden Claqueure und auch keiner der Offiziere und Funktionäre auf der eigens errichteten Ehrentribüne eine Maske. Man kann wohl davon ausgehen, dass sie alle vorab einer strengen Quarantäne unterzogen wurden.

Eine Militärparade zu ungewöhnlicher Uhrzeit: Zum ersten Mal wurde der Gründungstag der Arbeiterpartei nachts begangen.


Eine Militärparade zu ungewöhnlicher Uhrzeit: Zum ersten Mal wurde der Gründungstag der Arbeiterpartei nachts begangen.
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Bild: AFP

Während das Regime der Bevölkerung soziale Härten abverlangt, hat es beim Militär offenbar keine Kosten gescheut. Alle Waffengattungen präsentierten sich mit neuem Gerät bis hin zu moderneren Uniformen und einem neuen Sturmgewehr. Augenfälligster Neuzugang neben der längsten Interkontinentalrakete war die U-Boot-gestützte ballistische Rakete „Pukguksong-4“.

Milde Worte für Südkorea

Auf das U-Boot-Programm wird häufig im Zusammenhang mit der Zweitschlagkapazität Nordkoreas verwiesen. Davon scheint das Programm allerdings noch Jahre entfernt. Kim Jong-un ließ zudem ein neues Luftabwehrsystem auffahren, das nach Einschätzung von Joost Oliemans, der gerade ein Buch über Nordkoreas Armee geschrieben hat, „eine bedeutende Lücke in der nordkoreanischen Luftabwehr schließt“.

Für den Kriegsgegner Südkorea fand Kim Jong-un demonstrativ milde Worte. Er hoffe, dass die Coronakrise bald beendet sei, „und dass der Tag kommen möge, wenn Nord und Süd einander wieder an die Hand nehmen“. Das bezog sich mutmaßlich auf sein erstes Gipfeltreffen mit dem südkoreanischen Präsidenten Moon Jae-in im April 2018. In Seoul dürfte man das gern als Versöhnungsgeste gedeutet haben.

Nach der Erschießung eines Südkoreaners durch nordkoreanische Soldaten steht Präsident Moon unter großem Druck. Die Opposition wirft ihm vor, dem Norden mit seiner Annäherungspolitik auf den Leim zu gehen. Der Nationale Sicherheitsrat in Seoul teilte mit, man habe Kim Jong-uns Äußerungen zur Kenntnis genommen. Die Bedeutung der neu enthüllten Waffensysteme werde noch untersucht.

Ein Mann des Volkes? Die nette Fassade des Kim Jong-un ist situationsbedingt. Er kann auch anders.



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Nordkoreas Machthaber Kim
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Stalinist mit PR-Qualitäten
Bild: Reuters

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