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#Kippt der Patentschutz für Impfstoffe?

Kippt der Patentschutz für Impfstoffe?

Für die Aktionäre des Mainzer Biotechnologieunternehmens BioNTech war der Donnerstag ein schwarzer Tag. Der Börsenkurs des Impfstoffherstellers sackte um bis zu 18 Prozent nach unten. Auch die Aktien der Rivalen Curevac und Moderna gingen auf Sinkflug. Die Anleger reagierten auf die überraschende Unterstützung der Amerikaner für eine temporäre Aussetzung des Patentschutzes auf Impfstoffe und Medikamente zur Bekämpfung von Covid-19. Eine entsprechende Forderung wird seit Monaten in der Welthandelsorganisation (WTO) kontrovers diskutiert.

Zu den Befürwortern zählen mehr als hundert Entwicklungs- und Schwellenländer. Sie erhoffen sich einen besseren und schnelleren Zugang zu Impfstoffen. Viele große Industrieländer hielten indes bisher nichts von einer Aufweichung des Patentschutzes. Doch nun bröckelt die Front. Nach der amerikanischen Regierung zeigten sich auch die EU-Kommission und Frankreich gesprächsbereit. Ob es aber wirklich zu einer Einigung unter den 164 WTO-Mitgliedern kommt, ist offen. Ein Ende der Verhandlungen ist derzeit nicht in Sicht.

Trotzdem bejubelten Vertreter der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und Nicht-Regierungsorganisation die jüngste Entwicklung. Der WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus, sprach von einer „historischen Entscheidung“ der Amerikaner. Damit könne der Ungleichheit bei der Verteilung der Impfstoffe begegnet werden. Aus der Pharmaindustrie hagelte es hingegen Kritik. Handels- und Rechtsexperten bezweifeln, dass es der Patentschutz ist, der die Produktion von Impfstoffen in armen Ländern bremst.

„Selbstlos ist der Politikwechsel der USA wohl nicht“

Gabriel Felbermayr, Präsident des Instituts für Weltwirtschaft Kiel (IfW), ist über Joe Bidens neuen Kurs nicht überrascht: „Die Amerikaner haben genügend Impfstoff für die eigene Bevölkerung. Daher rücken jetzt geopolitische Argumente in den Vordergrund“, sagte der Handelsfachmann im Gespräch mit der F.A.Z. In einer Aufweichung des Patentschutzes sehe die Regierung in Washington die Chance, der Impfdiplomatie Russlands und Chinas etwas entgegenzusetzen. Diese beiden Länder nutzen die Verteilung ihrer eigenen Covid-19-Vakzine dazu, um ihren Einfluss in Entwicklungs- und Schwellenländern zu erhöhen.

Anders als der Absturz der Börsenkurse nun verheiße, müsse der Pharmaindustrie aus diesem Manöver nicht zwangsläufig ein großer Schaden entstehen, meint Felbermayr. Denn in der ersten Verkaufsrunde hätten Pfizer & Co. schon hohe Gewinne eingefahren. Da nun immer mehr Anbieter mit Impfstoffen auf den Markt kämen, gerieten die Margen ohnehin unter Druck. Felbermayr hält es für denkbar, dass man im Ernstfall differenziert zwischen den bereits auf dem Markt befindlichen Impfstoffen und aktualisierten Präparaten, die auch vor mutierten Virusvarianten schützen.

Wenn Letztere für einige Monate auf den lukrativsten Märkten geschützt blieben, hielte sich der Schaden für die Industrie in Grenzen. „So selbstlos ist der Politikwechsel der USA wohl nicht. Die großen Produzenten werden vermutlich auch ohne Patente gut im Geschäft bleiben.“ Grundsätzlich sieht Felbermayr in der Aushöhlung des Patentschutzes aber eine Gefahr: Die Pharmaunternehmen könnten ihre milliardenschweren Forschungsausgaben zurückfahren, wenn nicht gewährleistet sei, dass neue Wirkstoffe auch geschützt würden.

„Die WTO sollte sich nicht auf die Patente konzentrieren“

Bei Patentrechtlern stößt der Vorstoß auf Protest. Sie verweisen auf das große Risiko und die Kosten der Forschung. Außerdem gebe es in vielen Ländern schon die Möglichkeit von Zwangslizenzen, um die Produktion zu erhöhen. Diese wurden bisher allerdings noch nicht eingesetzt, weil sie in der Corona-Krise keinen zusätzlichen Nutzen versprachen. Der Münchner Patentanwalt Wolfgang Weiß von der Kanzlei Weickmann & Weickmann hält die Debatte für reine Symbolpolitik, die weder großen Schaden anrichte noch der Sache nütze.

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