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#Kommentar: Die Treue zum Bargeld zeugt von gesundem Misstrauen

„Kommentar: Die Treue zum Bargeld zeugt von gesundem Misstrauen“




Die Deutschen gelten als rückständig beim Aufbruch in die immer digitalere Zukunft. Dabei steckt hinter der Zurückhaltung ein Bewusstsein über Wirklichkeit und Werte.

Kennen Sie das feine Erfolgserlebnis noch? Wenn man ganz leibhaftig an der Kasse eines Ladens steht, von einem menschlichen Gegenüber zur Zahlung von zum Beispiel 16,64 Euro aufgefordert wird; Sie wiederum zählen aus Ihrem Geldbeutel in bar 21,64 Euro hin – und erhalten dann einen glatten Fünfer zurück, im Portemonnaie nun kaum noch Münzen. Ein kleines Glück der Kontrolle und des Funktionierens, wie wenn damals in der Grundschule auf wunderliche Weise eine Gleichung aufging …

Blöde Frage womöglich, denn für Deutsche sind solche Momente mit großer Wahrscheinlichkeit noch alltäglich. Im Gegensatz zu immer mehr Menschen in immer mehr Ländern ist die Barzahlung hier für sehr viele weiterhin normal. Oft werden die Deutschen, die ja auch immer noch zögerlich an der Börse investieren, darum als rückständig bezeichnet. Weil als fortschrittlich gilt, auf die direktere, schnellere, rohstoffschonendere und in den Geldströmen besser kontrollierbare digitale Bezahlung umzusatteln.

Zum Vertrauen ins Geld gehört die sinnliche Erfahrung

Aber mal den energetischen Wahnsinn des Schürfens nicht-staatlicher Krypto-Währungen weggelassen; selbst weggelassen, um wie viel die persönliche Kontrolle über die Geldströme andererseits konsum- und verschuldungsfördernd sinkt; und sogar Gefahren mal hintangestellt, die ein restlos digitalisierter Geldverkehr durch Hacking und Systemausfällen bringen kann – grundsätzlicher: In welche Richtung führt dieser vermeintliche Fortschritt? Worin haben diese Deutschen denn da einen Rückstand?

Da offenbart das Verhältnis zum Bargeld Wesentliches. Denn die Basis einer funktionierenden Währung ist das gemeinsame Vertrauen. Und das ist nicht nur etwas Abstraktes, weil staatliche Stabilität, volkswirtschaftliche Solidität und die Gewähr durch Banken eine Rolle spielen. Das hat auch eine unmittelbar menschliche, eine sinnliche Komponente, die von Kindheit an erlernt wird und Teil der Alltagskultur ist. Und dieses Vertrauen beweist sich auch in so kleinen Szenen wie der eingangs beschriebenen. Da ist das Geld eben weit mehr als ein Datensatz, den man bei einem Online-Shop eingibt, um dann mit Produkten beliefert zu werden. Es verbindet Menschen unmittelbar in einem Tauschsystem, das die Werte von Waren noch greifbar macht.

Mit Karte oder Cash? Es ist wie der Unterschied zwischen einem Chat und einem Gespräch

Einst begann das noch mit Lohntüten. Stellen Sie sich vor, Sie müssten heute in bar von einem so ausgehändigten Päckchen Geld erst mal alles wegnehmen: Miete oder Hausrate, all die Versicherungen, all die Mitgliedsbeiträge … Es wäre totale, fühlbare Transparenz, bezüglich der eigenen Ausgaben, aber auch bezüglich der Verhältnisse, in denen man zu anderen steht. Mit dem Ende des Bargelds und der kompletten Digitalisierung der Zahlungen wäre dieses Gefühl vollends verloren, das bislang zumindest in der deutschen Alltäglichkeit noch aufgehoben ist.

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Dagegen ein Misstrauen zu bewahren, ist abseits blinden Fortschrittsdenkens alles andere als ein Zeichen von Rückständigkeit. Es zeugt viel mehr davon, dass zum Vertrauen auch Beständigkeit gehört, dass zum Bewusstsein von Wert auch dessen Sichtbarkeit gehört. Es ist wie der Unterschied zwischen einem Chat und einem Gespräch.

Gewiss: Auch die deutsche Lebenswirklichkeit wird sich immer mehr in virtuellen Räumen und digitale Prozesse verlagert. Aber allen, die sich dabei noch das Bewusstsein bewahren wollen für das eigentlich Unmittelbare dieser Wirklichkeit, die Möglichkeit dazu nehmen, alternativlos digital: Das wäre für viele höchsten ein Fortschritt in der Entfremdung.

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