Nachrichten

#Kommentar zu den Vorwahlen in Michigan: Zwei Sieger, zwei Probleme

Die Vorwahl in Michigan zeigt, dass sowohl Biden als auch Trump Schwächen haben. Die Wahl in Amerika ist noch lange nicht entschieden. Europa muss sich auf jeden möglichen Ausgang vorbereiten.

Zwei siegreiche Kandidaten, zwei Probleme. So lassen sich etwas zugespitzt die Vorwahlen in Michigan zusammenfassen. Donald Trump und Joe Biden fahren beide Siege ein, aber das verdeckt nicht ihre Schwächen: Für den amtierenden Präsidenten wird seine Nahostpolitik vor allem bei arabischstämmigen Wählern zur Belastung; seinem Vorgänger schlägt weiterhin Ablehnung von gemäßigteren Republikanern entgegen, die seine Gegenkandidatin wählen.

In beiden Fällen wird das am Ende kein Hindernis für eine Nominierung durch die jeweilige Partei sein. Biden hat ohnehin keinen ernsthaften Gegenkandidaten bei den Demokraten. Und wie Nikki Haley Trump noch einholen will, ist derzeit nicht ersichtlich, auch wenn sie versprochen hat, bis zum Super Tuesday in der kommenden Woche im Rennen zu bleiben.

Wenige Stimmen geben den Ausschlag

Vermutlich spekuliert sie darauf, zum Zuge zu kommen, falls Trump wegen seiner rechtlichen Schwierigkeiten oder aus anderen (gesundheitlichen?) Gründen doch noch ausscheiden muss. Die Aussichten dafür sind aber gering. Die Prozesse ziehen sich hin, und Trump wird alles daran setzen, wieder ins Weiße Haus einzuziehen, weil er dann seine juristischen Probleme eigenhändig aus der Welt schaffen könnte.

Michigan ist ein sogenannter Swing State, in dem die beiden Parteien so eng beeinander liegen, dass jede gewinnen kann. Amerikanische Präsidentenwahlen werden meist hier entschieden, denn in Bundesstaaten wie Kalifornien (demokratisch dominiert) oder Texas (republianisch dominiert) lohnt sich der Wahlkampf praktisch nicht.

Es sind vergleichsweise wenige Stimmen, die in Staaten wie Michigan den Ausschlag geben können. Biden gewann dort 2020 mit einem Vorsprung von 154.000 Stimmen. Wenn nun mehr als 95.000 demokratische Wähler „nicht festgelegt“ ankreuzen (Auszählungstand knapp 85 Prozent), de facto also gegen Biden stimmen, dann wird der Präsident am 5. November in diesem Staat ein ernsthaftes Mobilisierungsproblem haben.

Trump wiederum musste Gegenstimmen von 26,5 Prozent (Auszählungsstand von 94 Prozent) hinnehmen. Das ist weit weg von einem Sieg für Haley. Aber wie schon zuvor in South Carolina, wo sie auf 40 Prozent kam, sind das Stimmen, die Trump bei der Präsidentenwahl fehlen könnten. Manche dieser Haley-Wähler werden vermutlich gar nicht wählen, andere aber zu den Demokraten wechseln.

Weiß, über fünfzig, ohne Hochschulabschluss

Schon in den anderen Vorwahlen war zu erkennen, dass Trumps Wählerschaft nach wie vor überwiegend weiß ist, über fünfzig Jahre alt und ohne Hochschulabschluss. Das sichert ihm die Nominierung seiner Partei, nicht aber automatisch Mehrheiten in der viel diverseren Gesamtwählerschaft Amerikas.

Keiner der beiden Kandidaten kann daran viel ändern. Biden wird schon aus strategischen Gründen an seiner grundsätzlichen Unterstützung Israels festhalten. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat sich außerdem als weitgehend immun gegen internationale Kritik erwiesen, selbst gegen die aus Amerika. Dass der Kongress das Hilfspaket für Israel noch immer nicht verabschiedet hat, schmälert den Einfluss Washingtons zusätzlich. Die linke Identitätspolitik, welche die Demokraten selbst so eifrig vorangetrieben haben, wird nun zu einer Bedrohung für ihren Mann im Weißen Haus.

Auch Trump kann nicht aus seiner Haut. Die ungewöhnliche Situation, dass er als früherer Präsident noch einmal antritt, lässt bei den Wählern wenig Raum für Phantasie. Sie wissen, wer Trump ist und wofür er steht. Frauen in den Vorstädten, Schwarze, Lations, Jüngere und Hochschulabsolventen dürften für ihn tendenziell schwerer zu erreichen sein. Es hatte schon einen Grund, dass Trump 2020 verlor und dass von ihm unterstützte Kandidaten immer wieder schlecht abschnitten.

Der Ausgang der Wahl ist also weiterhin offen. Europa tut gut daran, sich auf beide Fälle einzustellen. Man sollte nicht auf einen Sieg Bidens warten und hoffen, dass sich damit alle Probleme in der Ukraine und in der NATO von selbst lösen. Es besteht aber auch kein Anlass, die Ukraine aus Angst vor einer Rückkehr Trumps hängen zu lassen und sich mit Putin zu verständigen. Die Europäer müssen jetzt endlich, auch wenn es sehr spät ist, Verantwortung für die Sicherheit ihres eigenen Kontinents übernehmen.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!