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#Kommission bestätigt Machtmissbrauch an liberalem Rabbinerkolleg

„Kommission bestätigt Machtmissbrauch an liberalem Rabbinerkolleg“

Eine unabhängige Kommission der Universität Potsdam hat den Vorwurf des Machtmissbrauchs am Abraham Geiger Kolleg (AGK) in Potsdam bestätigt. Das AGK ist ein An-Institut der Universität in der Rechtsform einer gemeinnützigen GmbH zur Ausbildung liberaler Rabbiner. Den Stein ins Rollen gebracht hatte der schriftliche Bericht des Professors an der School of Jewish Theology an der Philosophischen Fakultät Jonathan Schorsch im Januar 2022.

Heike Schmoll

Politische Korrespondentin in Berlin, zuständig für die „Bildungswelten“.

Schorsch hatte massive Vorwürfe erhoben gegen den bisherigen Direktor und Geschäftsführer des Kollegs Walter Homolka, der 1999 das Institut gegründet hatte. Sein Ehepartner B. soll Studenten sexuell belästigt und entsprechende Videos und Bilder verschickt haben. B. hatte am Kolleg Lehrveranstaltungen angeboten und Teile der Öffentlichkeitsarbeit übernommen; nach den massiven Vorwürfen wurde das Arbeitsverhältnis mit ihm Ende Februar dieses Jahres beendet. Die Vorwürfe gegen ihn wurden deshalb nicht weiter geprüft.

Vorwurf sexueller Belästigung wurde nicht bestätigt

Der Präsident der Universität Potsdam Oliver Günther hat daraufhin eine universitäre Untersuchungskommission eingerichtet, die den Vorwürfen in zahlreichen Anhörungen nachgegangen ist. Darin wurden die Vorwürfe wegen Machtmissbrauchs durch Ämterhäufung, die Schaffung problematischer Studien- und Arbeitsverhältnisse sowie negative Karriereeingriffe bestätigt.

Dafür wurde mit zwanzig Personen gesprochen, darunter Studenten, ehemalige und gegenwärtige Mitarbeiter der Universität, gegenwärtige und ehemalige Angestellte des AGK, sowie ehemalige Lehrbeauftragte und Mitarbeiter. Die Untersuchungskommission bestand aus Mitgliedern der Universität – geleitet wurde sie von der zentralen Gleichstellungsbeauftragten Christina Wolff.

Die Vorsitzende der Kommission, Christina Wolff, und der Präsident der Universität Potsdam, Oliver Günther bei der Vorstellung des Berichts


Die Vorsitzende der Kommission, Christina Wolff, und der Präsident der Universität Potsdam, Oliver Günther bei der Vorstellung des Berichts
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Bild: dpa

Dass Homolka selbst an einer sexuellen Belästigung von Studenten beteiligt war, habe nicht belegt werden können. „Nicht nachweislich bestätigt“ habe sich auch der Vorwurf der Duldung sexuell belästigenden Verhaltens seitens des Ehepartners B.

Ob es jedoch Einladungen in den Sport- und Wellnessbereich eines Berliner Luxushotels gegeben hat, konnte die Kommission nicht feststellen. Als das Abraham Geiger Kolleg noch in der Berliner Kantstraße ansässig war, habe es die Möglichkeit einer vergünstigen Mitgliedschaft im Fitnessbereich des Hotels gegeben. Es habe offenbar „Begegnungen in Pool und Sauna“ gegeben.

„Ausnutzung“ von „Abhängigkeitsverhältnissen“

Ob es zu sexuellen Übergriffen gekommen sei, konnte nicht bestätigt werden. „Sicherlich lässt sich jedoch sagen, dass die entsprechenden Orte kaum als solche intensiver wissenschaftlicher Kommunikation gelten können“, heißt es in dem Bericht.

Konzentriert hat sich die Kommission auf den Vorwurf der „Ausnutzung institutioneller Macht- und Abhängigkeitsverhältnisse“. Dabei ging es um eine auffällige Ämterhäufung, um Studien- und Arbeitsverhältnisse, Berufungsentscheidungen und mögliche Karriereeingriffe. Es sei mehrfach zu individuellen und zu Gremienentscheidungen gekommen, „die den weiteren Lebens- und Karriereweg der Betroffenen sehr negativ beeinflussten und für die Herrn Homolka wegen der Fülle seiner direkten und indirekten Einflussmöglichkeiten die Verantwortung persönlich zugeschrieben wurde“, stellt die Kommission fest. Konkret geht es die Zulassung zu Ordinationsverfahren und die Zurückweisung von Stipendienanträgen.

Der mehrfach von Studenten geäußerte und von Homolka immer bestrittene Vorwurf eines „Klimas der Angst“ sieht die Kommission implizit durch die Berichte der dezentralen Gleichstellungsbeauftragten bestätigt. Sie berichtet vom Loyalitätsdruck gegenüber Homolka unter Studenten und Mitarbeitern. Außerdem seien Betroffene mehrfach angebrüllt und mit dem Rauswurf bedroht worden. Sie seien in ihrer Freizeit privat kontaktiert und bedrängt worden. Eine Unterstützung akademischer Verhältnisse und die Verlängerung von Arbeitsverhältnissen sei von loyalem Verhalten abhängig gemacht worden.

Arbeitsverträge seien überwiegend nur für kurze Zeiträume (ein bis zwei Semester) geschlossen worden, was die Abhängigkeit der Beschäftigten verstärkte. Wer Forderungen nicht habe Folge leisten wollen, sei unter Druck gesetzt worden. Von den Beschäftigten sei erwartet worden, dass sie immer – auch abends und am Wochenende zur Verfügung stünden. Das haben mehrere Betroffene auch gegenüber der F.A.Z. bestätigt. Auf familiäre Verpflichtungen sei keine Rücksicht genommen worden, stattdessen sollten die Beschäftigten private Dienstleistungen für die Vorgesetzten erbringen, zum Beispiel deren Steuererklärung vorbereiten.

Überraschend deutlich wird die Kommission in ihrem insgesamt zurückhaltenden Bericht im Blick auf eine Richtlinie „für ein respektvolles und vertrauensvolles Miteinander“ am Abraham Geiger Kolleg, in der es heißt, dass das AGK „grundsätzlich und als Gesamtes ein geschützter Raum“ sei und „Dinge und Themen, die aus Lehrveranstaltungen oder anderen Zusammenhängen zur Kenntnis gelangen“, von keiner Mitgliedergruppe nach außen getragen dürften. Die auch von Homolka unterzeichnete Richtlinie sei in einer „dem Geist der Aufklärung“ verschriebenen staatlichen Universität „vollkommen unzulässig“, stellt die Kommission fest. Nicht geklärt werden konnten die Plagiatsvorwürfe gegen Homolka, daran wird weiter gearbeitet.

Universitätspräsident Günther wies daraufhin, dass Homolka weiterhin Beamter des Landes Brandenburg ist und beurlaubt ist. Ihm wurde für das Wintersemester 2022/23 ein Freisemester genehmigt. Sollte das AGK die Beurlaubung fortführen, wäre Homolka einfacher Professor der Uni Potsdam. Aus den teilweise bestätigten Vorwürfen ergäben sich bisher keine „straf- oder zivilrechtlichen Konsequenzen und insofern auch keine beamtenrechtlichen Konsequenzen“, sagte Günther. Keinen Zweifel ließ er aber daran, dass er den Empfehlungen der Untersuchungskommission zur Entflechtung der Leitungsfunktionen Homolkas, zur Einrichtung unabhängiger Kontrollgremien und mehr Transparenz, sowie die Überprüfung von Geschäftsordnungen nachkommen will.

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