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#Laden zu – und wer zahlt?

Laden zu – und wer zahlt?

Versicherungen sind in der Theorie eine feine Sache: Sie geben das gute Gefühl, im Ernstfall abgesichert zu sein, selbst, wenn sie in der Praxis kaum zum Einsatz kommen. Sie gelten schließlich nur für den Notfall, für Situationen, die man sich zwar vorstellen kann, die aber selten genug auftreten. So dürfte es auch Tausenden von Gastwirten gegangen sein, die in den vergangenen Jahren eine „Betriebsschließungsversicherung“ abgeschlossen haben. Sie durften darauf vertrauen, dass im Fall einer plötzlichen, unerwarteten Schließung ihres Lokals ein Teil ihrer Einnahmen von der Versicherung ersetzt wird. So eine Kneipe ist schließlich teuer: Mag die Kundschaft auch ausbleiben, die Miete wird trotzdem fällig. Und was tun, wenn das Gesundheitsamt kommt, und das Lokal nun schließen muss?

Philipp Krohn

Redakteur in der Wirtschaft, zuständig für „Menschen und Wirtschaft“.

Die Corona-Pandemie gehört nun seit fast zwei Jahren zu diesen seltenen Ausnahmefällen, in denen der Ernstfall eintritt und sich der Nutzen einer solchen Versicherung erst beweisen muss. Der Bundesgerichtshof wird am kommenden Mittwoch einen solchen Fall verhandeln, in dem es um den Sonderfall einer dieser „Betriebsschließungsversicherungen“ geht. Nur geht es jetzt nicht um einen unglücklich Einzelfall, eine Auseinandersetzung zwischen einem einzelnen Gastronom aus Lübeck, sondern um ein Massenphänomen. Die Karlsruher Richter müssen damit nun sehr grundsätzlich klären, was auf die ganze Branche zukommt.

Das Bekämpfen einer abstrakten Gefahr 

Der Wunsch des Klägers ist dabei ziemlich einfach umschrieben: Er möchte, dass der Versicherer dazu verpflichtet ist, sein Versprechen einzuhalten. Der hatte ihm in dem Vertrag schließlich versprochen, ihm eine Entschädigung zu zahlen, sollte er gezwungen sein, sein Geschäft zu schließen. Nichts anderes war geschehen, im Frühjahr 2020, als die schleswig-holsteinische Landesregierungen alle Restaurants und Gaststätten aufforderte, ihre Lokale auf unbestimmte Zeit zu schließen.

Die Versicherer stellen sich dagegen auf den Standpunkt, auf dem sie sich häufig stellen: Die Versicherung sei für diesen konkreten Fall schlicht nicht gedacht. Vor Gericht hatte der Gastwirt bisher wenig Erfolg. Das Landgericht Lübeck hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht ebenfalls. Die Argumente der Juristen klingen zwar schlüssig, können die Gastwirte aber nur verzweifeln lassen. Der geschlossene Vertrag bezieht sich auf eine „konkrete, einzelfallbezogene Maßnahme“, die zur Bekämpfung einer Infektionsgefahr nötig sei, die „gerade aus dem konkreten Betrieb heraus“ erwachse. Doch gerade die gibt es hier ja nicht: Die jeweiligen Landesregierungen hatten die Lokale schließlich nicht geschlossen, weil konkrete Corona-Fälle nachgewiesen worden sind, sondern um eine abstrakte Gefahr zu bekämpfen. Das Coronavirus, damals noch gänzlich unbekannt, sei von den Geschäftsbedingungen gar nicht erfasst. Das müsse auch einem „verständigen Versicherungsnehmer“ klar werden, entschieden die Richter. Nun soll der Bundesgerichtshof in Karlsruhe helfen. Am Mittwoch wird erstmals verhandelt, das Urteil wird wohl erst in einigen Wochen fallen.

Der Fall betrifft eine ganze Branche 

Um die Brisanz des Verfahrens zu verstehen, muss man jedoch die ganze Branche in den Blick nehmen: Die Betriebsschließungsversicherung umfasst nur ein kleines Teilsegment in der Schaden-Unfallversicherung. Für ihre Deckungen hat die Branche gerade einmal einen niedrigen zweistelligen Millionen-Euro-Betrag an Prämie eingesammelt – bei insgesamt 75 Milliarden Euro in dieser Sparte im Jahr 2020. Versicherer haben es vielfach öffentlich betont: Diese Beitragseinnahmen waren nicht so kalkuliert, dass sie alle Gastwirte und Hoteliers entschädigen. Pandemien seien nicht gedeckt, sagte Allianz-Chef Bäte mehrfach. „Das Risiko ist nicht versicherbar.“

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