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#Lässt London die Flüchtlinge aus der Ukraine „im Stich“?

„Lässt London die Flüchtlinge aus der Ukraine „im Stich“?“

Natalia macht sich Sorgen um ihre Eltern im ukrainischen Czernowitz. Noch ist der Krieg dort nicht angekommen, aber die vierfache Mutter, die das Londoner Schreiner-Gehalt ihres Mannes Wassily mit Putzaufträgen aufbessert, würde gerne bei der Flucht helfen. Nur wie? „Können sie überhaupt zu uns nach London kommen?”, fragt sie in gebrochenem Englisch. „Und wie?”

Ähnliche Fragen stellen sich gerade die meisten Ukrainer im Königreich. Anders als die Länder in der EU hat Großbritannien seine Grenzen nicht geöffnet. In der französischen Grenzstadt Calais wurde in den vergangenen Tagen Hunderte Ukrainer von britischen Grenzbeamten die Einreise verwehrt. Die Bilder abgewiesener Flüchtlinge haben manche Ukrainer verunsichert und viele Briten empört. Die Regierung „lässt die Flüchtlinge im Stich”, klagte die Labour Party, und selbst Verteidigungsminister Ben Wallace zeigte sich am Dienstag peinlich berührt. Der Prozess laufe „nicht schnell genug,” sagte er mit Fingerzeig in Richtung Innenministerin.

Kein Flüchtling kommt ohne Sicherheitsprüfung ins Land

Priti Patel und Premierminister Boris Johnson sprechen weiterhin von „Großzügigkeit“ und „zwei Wegen ins Königreich“. Aber die Details sind kleinlich und verlangen den Flüchtlingen viel ab oder zwingen sie zum Warten. Der erste Weg ist die Aufnahme über ein „humanitäres Flüchtlingskontingent”. Bislang liegt allerdings im Dunkeln, wie der Prozess organisiert werden soll. Patel verweist auf laufende Verhandlungen mit europäischen Aufnahmeländern. Die ausgewählten Kontingentflüchtlinge müssten außerdem einen „Sponsor” in Großbritannien vorweisen können. Nach Protesten wurde die Regelung kurzzeitig infrage gestellt, dann aber wieder bekräftigt. Grundlage müsse bleiben, dass kein Flüchtling ohne Sicherheitsüberprüfung ins Land komme, heißt es in der Regierung.

Der zweite Flüchtlingsweg verläuft über den Familiennachzug. Bis zum Kriegsbeginn waren nur engste Familienmitglieder visumsberechtigt. In der vergangenen Woche wurde der Prozess dann beschleunigt und auch der Kreis der Berechtigten erweitert, unter anderem auf Großeltern und Geschwister. Davon könnten mehr als 200.000 Ukrainer profitieren, sagte Johnson. Laut Schätzungen des Nationalen Statistikbüros leben 17.000 Ukrainer in Großbritannien und 32.000 Menschen, die in der Ukraine geboren wurden.

Die rettenden Visa (für zunächst drei Jahre) sind allerdings nur mit Mühe und Zeitaufwand erhältlich. Flüchtlingen in Calais, die sich auf die Nachzugsregelung beriefen, wurde beschieden, sich an das britische Visa-Zentrum in Paris oder Brüssel zu wenden, also eine weite und teure Reise auf sich zu nehmen. In Kiew selbst ist das Visa-Zentrum inzwischen geschlossen. Flüchtlinge können ihr Glück in anderen Hauptstädten versuchen; nur im polnischen Rzeszow wurde ein Behelfszentrum aufgebaut. Patel versicherte am Dienstag, es werde nun ein weiteres „auf dem Weg nach Calais” entstehen.

Die Bewerbung kann online eingereicht werden, erfordert aber auch einen persönlichen Besuch in einem Visa-Zentrum. Dort werden Fingerabdrücke genommen, ein Foto gemacht und der Pass eingescannt. Die Regierung verspricht, die Anträge ukrainischer Kriegsflüchtlinge zu priorisieren, aber erste Erfahrungsberichte, die im „Guardian” veröffentlicht wurden, verweisen nicht auf einen reibungslosen Ablauf: Antragsteller rangen beim Hochladen der notwendigen Dokumente mit technischen Problemen oder wurden von der angesteuerten Visa-Stelle wegen Terminschwierigkeiten zur britischen Visa-Stelle in einem Nachbarland vorgeladen.

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Bislang erreichten erst 300 Flüchtlinge die rettende Insel – selbst das kleine, noch weiter entfernte Irland nahm schon 1800 auf. „Anstatt auf Visa und Patenschaften für traumatisierte Ukrainer zu bestehen, sollte Großbritannien Schnellspur-Arrangements für Flüchtlinge in Kraft setzen”, forderte Amnesty International.

Auch der stellvertretende ukrainische Botschafter in London verlangte eine Neuregelung – und sah sich obendrein veranlasst, der Regierung die Flüchtlingsaufnahme schmackhaft zu machen: „Ukrainer sind bekanntermaßen fleißige, hart arbeitende Leute, die sich hier um sich selbst kümmern werden. Sie werden ihre Visa nicht überziehen und am Ende nach Hause zurückkehren, um ihr Land neu aufzubauen.”

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