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#Lasst die Theater offen!

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Lasst die Theater offen!

Im „Heute Journal“ sagte der Regierende Bürgermeister von Berlin noch vor wenigen Tagen einen Satz, der eine ganze Branche aufatmen ließ: „Unser Problem ist nicht der Theaterbesuch“. Nicht das Bühnenspiel vor einer kleinen, schweigenden, maskierten Zuschauermenge, sondern die privaten Feierlichkeiten ließen die Infektionsraten explodieren, „alle Situationen, in denen es nicht geordnet abläuft“. Im Deutschen Theater läuft es geordnet ab. Man steht draußen vor dem Eingang bis eine Klingel ertönt, dann geht man maskiert in den Zuschauerraum, setzt sich auf seinen Platz mit Abstand zu den Anderen, schweigt, schaut, staunt oder schäumt, applaudiert verhalten – das aerosollastige Bravo-Rufen ist im Theater sowieso schon seit längerem außer Mode gekommen – und macht sich schnell wieder aus dem Staub.

Keine Kurzkritik an der Garderobe, kein gemeinsames Weinglasschwenken in der Lobby. Die Theater geben landauf, landab ihr Bestes, um die gefürchtetste Nachrichtenzeile zu verhindern: „Superspreading im Theater“. Und doch, obwohl bisher keine einzige Infektion durch einen Theaterbesuch belegt ist, droht die Politik in einigen Regionen den Bühnenhäusern jetzt mit einer Verschärfung der Corona-Auflagen.

Eine unkalkulierbare Existenzbedrohung

In Bayern etwa ist die Rede davon, dass man die Zuschauerzahl ab einem Inzidenzwert von hundert auf maximal fünfzig beschränken wolle. In einem offenen Brief an ihren Ministerpräsidenten haben bayrische Theaterintendanten eindringlich gefordert, ihren Spielraum auch bei hohen Infektionszahlen nicht noch weiter einzuschränken. Schon jetzt, so etwa der Intendant des Münchner Residenztheaters, sei ein finanzielles Defizit nicht zu vermeiden, wenn jedoch die geplanten Maßnahmen griffen, bedeute das für alle Bühnen in Bayern eine unkalkulierbare Existenzbedrohung. Gerade die wenig oder gar nicht subventionierten Privattheater zittern in diesen Tagen. Denn Konkurs droht bei einem erneuten Shutdown eben nicht nur dem inhabergeführten Stadthotel, sondern auch dem Varieté-Theater um die Ecke.

In dieser angespannten Situation trifft eine Hiobsbotschaft aus Bamberg ein: Hier kündigt die Stadt an, die Mittel für Kultur wegen ausfallender Steuereinnahmen im nächsten Jahr um 25Prozent zu kürzen. Das ortsansässige E.T.A.-Hoffmann-Theater muss mit etwa 80.000 Euro weniger Etat rechnen und kann Stellenstreichungen nicht mehr ausschließen. Zu den die Einnahmen drastisch senkenden Corona-Verordnungen kommt nun auch noch der Ausfall von Gewerbesteuern und damit eine Neuordnung der Subventionslandschaft hinzu: Der Verteilungskampf ist eröffnet. Dass die Kultur nicht siegreich aus ihm hervorgehen wird, ist mehr als eine düstere Ahnung. Corona wird Spuren hinterlassen, über deren Umfang man sich noch gar keine Vorstellungen macht. Schon jetzt teilte etwa der Berliner Theaterverein „Freie Volksbühne“ mit, dass die Bestellungen eingebrochen seien und Tickets im Gegenwert von mehr als 200000 Euro rückabgewickelt wurden. Was also gerade auch auf dem Spiel steht, ist die Gewohnheit, überhaupt noch ins Theater zu gehen.

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Wenn die Politik zulässt, dass Menschen in überfüllten Bahnabteilen eng zusammensitzen und mit herabhängender Maske telefonieren, aber verbietet, dass zweihundert schweigende Zuschauer in einem großen Theaterhaus mit gehörigem Abstand voneinander einen „Don Karlos“ schauen, dann riskiert sie ihre Autorität. Man muss nicht mit falschem Pathos die „Kulturnation“ anrufen oder im Norbert Blümschen Überschwang schwören: „Ihr Theater ist sicher“, um mit aller Entschiedenheit darauf hinzuweisen, dass die Theater keine „kleineren Übel“ sind, mit denen man widerstandslos umspringen kann, um seine gefährdete Handlungsfähigkeit zu beweisen. Wer die Theater schließt, nimmt einer ganzen Gesellschaft die Hoffnung auf Gegenwelt und Unterhaltung. Jetzt, wo wir mit bangem Blick auf einen trüben Winter schauen, kann man nur sagen: ohne hellerleuchtete Theaterhäuser wird er noch viel düsterer.

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