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#Liebe, Leid und Pop-Art

„Liebe, Leid und Pop-Art“

„Ich bin eine zutiefst oberflächliche Person“, sagte Andy Warhol doppeldeutig, und erzählte, dass hinter seiner Pop-Art, den zahllosen Campbell’s-Dosen, Marilyns und Jackies, rein gar nichts stecke. Das dies alles inklusive der eigenen stilisierten Persona nur Oberfläche sei: grellbunter Widerschein der Massenkonsumkultur, in der die Kunst und der Mensch gleichermaßen vermarktet werden – und in der einem weiteren vielzitierten Bonmot des Künstlers zufolge „jeder für fünfzehn Minuten weltberühmt sein“ wird.

Was Warhol prognostizierte, haben das Fernsehen und die Sozialen Medien Realität werden lassen. Kaum auszudenken, was er heute auf Instagram, Spotify und Twitter anstellte. Warhol, der Werbegrafiker, Siebdruckkünstler und Factory-Betreiber, Filmemacher und Musikproduzent, das Model, der Gelegenheitsschauspieler und Magazingründer, wirkt 35 Jahre nach seinem Tod verführerisch gegenwärtig. Aufnahmen davon, wie er 1985 am Computer die Sängerin Debbie Harry malte und so den Commodore Amiga promotete, mögen einen künstlerischen Tiefpunkt dokumentieren, legen aber Zeitgenossenschaft nahe. Und Warhols Serie fotografischer „Self-Portraits in Drag“ lassen an Genderdebatten heutiger Tage denken. Doch sind das nicht retrospektive Projektionen?

Ganz aus unserer Gegenwart und zugleich aus seiner Zeit heraus wollen der Produzent Ryan Murphy und der Regisseur Andrew Rossi mit ihrer sechsteiligen Netflix-Dokumentation „The Andy Warhol Diaries“ den Künstler deuten. Optisch ist ihr Werk ein kaleidoskopisches Bildgewitter. Murphy, der Mann hinter dem abgründigen Dauerbrenner „American Horror Story“, kann Rossi aus dem Vollen schöpfen lassen, und der tut es, mit einer Schnittgeschwindigkeit im Zapping-Tempo.

Kein anderer Künstler hat sein Leben und Schaffen derart obsessiv dokumentiert wie Warhol, ob in Polaroids, Videos oder „Time Capsules“. Alles wirkt unerschöpflich – und wiederholt sich dann doch, zumindest in dieser Dokumentation, die sich auf die elf letzten Lebensjahre des Künstlers konzentriert. Im Vordergrund steht – eine äußerst gegenwärtige Fixierung auf das vermeintlich „Authentische“ – bei ihr die Suche nach dem hinter der Kunst Verborgenen: Warhol privat, der Mensch, der Liebende, das leidende Genie.

Seine Stimme rekonstruiert eine KI

Von 1976 an diktierte der Künstler seiner Vertrauten Pat Hackett telefonisch Tagebucheinträge. Von Hackett herausgegeben, erschienen sie 1989 posthum als Buch, das nun als Grundlage für die Dokumentation dient. In ausschnitthaften oder von Gegenlicht bestimmten Szenen spielt Bill Irwin den stets durch Perücken und Brillen maskierten Warhol mit Telefonhörer am Ohr, wenn er seine zwischen Konfession, Society-Report und Buchhaltung changierenden diarischen Notizen durchgibt. Der Coup soll die Stimme sein: Von Irwin gesprochen, doch von einer KI-Software nach dem Klang des wahren Warhol überformt, hört sie sich allerdings noch lebloser als die lebloseste Diktion des Mannes, der Maschinenmenschen imaginierte. Vitaler wird es, wenn der Künstler in Archivaufnahmen selbst zu Wort kommt – oder die deutsche Synchronstimme sich über die computergenerierte legt.

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