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#Macht Platz, beim Jupiter!

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Macht Platz, beim Jupiter!

Die aktuelle Situation, in der der Bundestag und erst recht die Landesparlamente in der öffentlichen Wahrnehmung praktisch keine Rolle mehr spielen, kann man als Argument für, aber auch gegen die Pläne des rheinland-pfälzischen Landtagspräsidenten werten. Nach dem Willen von Hendrik Hering soll der bisherige Plenarsaal in Mainz als „Ort der Demokratie“ weiterverwendet werden. Aus Sicht des Sozialdemokraten ist es ein glücklicher Umstand, dass die wesentlichen Einrichtungselemente des Saales schon vor fünf Jahren ins Mainzer Landesmuseum transferiert wurden. In diesem Ausweichquartier hat das Parlament in kreisrunder Sitzordnung bis zum Ausbruch der Corona-Pandemie getagt, während der angestammte Standort, das barocke Deutschhaus am Rheinufer, saniert wurde.

Matthias Alexander

Nach der für dieses Jahr geplanten Rückkehr der Abgeordneten an die erneuerte alte Wirkungsstätte könnte das ausrangierte Mobiliar also praktischerweise einfach dort bleiben, wo es sich derzeit befindet. Dort soll es künftig beispielsweise für Diskussionsveranstaltungen und Simulationsspiele parlamentarischer Abläufe verwendet werden.

Die Sache hat allerdings einen Haken. Der Sitzungssaal ist in die sogenannte Steinhalle des Landesmuseums implantiert worden, die er etwa zur Hälfte ausfüllt. Diese ehemalige kurfürstliche Reithalle, ein wichtiges Baudenkmal eigenen Rechts, stand zuvor nicht etwa leer, sondern war der bedeutendste Museumsraum in Mainz. Dort wurden seit Jahrzehnten die wertvollsten Steindenkmäler des römischen Mogontiacum gezeigt, unter ihnen die Jupitersäule für Kaiser Nero und der Ehrenbogen des Dativius Victor. Während einige Exponate als Wandschmuck in den Plenarsaal integriert wurden, mussten andere der politischen Nutzung weichen. Hinfällig war damit das Ausstellungskonzept, in der langgestreckten Halle eine römische Gräberstraße nachzubilden und den Besuchern ein Raumerlebnis zu bieten, das demjenigen antiker Betrachter nahekommt.

Scharfe Kritik von Archäologen

Dass diese als vorübergehend angekündigte Störung eines museologischen Ensembles von internationalem Rang nun von Dauer sein soll, kritisieren die führenden nationalen Archäologenvertretungen in einem gemeinsamen Schreiben an den Landtagspräsidenten scharf: „Der Ruf der Landeshauptstadt Mainz auf dem kulturellen Sektor wäre irreparabel beschädigt“, heißt es vom Deutschen Verband für Archäologie und vom Deutschen Archäologenverband. Auch der örtliche Altertumsverein äußert sich kritisch. Der Landtagspräsident hat angekündigt, sich am 28. April mit den Kritikern zu einem Gespräch zu treffen.

Darüber, was die Leitung des Landesmuseums von der Idee des Landtagspräsidenten hält, kann nur spekuliert werden, wiederholte Anfragen blieben unbeantwortet. Aus der Politik ist zu hören, das Museum trage die Planungen mit. An mehr als der Hälfte der Tage im Jahr werde es den Plenarsaal für eigene Veranstaltungen nutzen können. Dem Vernehmen nach plant das Museum ohnehin ein neues Konzept für die Dauerausstellung, auch weil die tradierte Präsentation der römischen Funde nicht mehr zeitgemäß sei und zuletzt nur noch wenige Besucher angezogen habe.

Doppelnutzung: In der vorderen Hälfte der Steinhalle werden weiter römische Relikte gezeigt, zwischen ihnen wurde die Parlamentslobby eingerichtet.


Doppelnutzung: In der vorderen Hälfte der Steinhalle werden weiter römische Relikte gezeigt, zwischen ihnen wurde die Parlamentslobby eingerichtet.
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Bild: dpa

Immerhin hat der Landtagspräsident von seiner 2019 formulierten Vorstellung Abstand genommen, die Demokratiegeschichte im Südwesten zum Teil der Dauerausstellung des Landesmuseums zu machen und darin den Plenarsaal gewissermaßen als auratisches Objekt zu präsentieren. Diese Idee passte nicht zur Ausrichtung des Hauses, das bisher nicht durch politikgeschichtliche Ausstellungen aufgefallen ist, sondern sich neben dem Schwerpunkt Archäologie mit einem kulturgeschichtlichen Schwerpunkt profiliert hat. Was den alten Plenarsaal angeht, wird man es also mit einer museologischen Zwitterlösung zu tun haben – halb solitäres Großexponat, halb Konferenzraum –, eine für Konservatoren gewöhnungsbedürftige Vorstellung.

Bleibt die Frage, wie die römischen Relikte in Mainz künftig angemessen und zeitgemäß präsentiert werden können. Die ehrgeizigen Pläne für ein großes Archäologisches Zentrum, in dem auch die Hauptstücke aus der Steinhalle präsentiert werden sollten, waren vor wenigen Jahren zusammengestrichen worden, weil Land und Stadt die finanziellen Mittel fehlen. Der Rang der Funde und ihre Wertschätzung durch die Mainzer Bürger hätten einen großen Wurf verdient.

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