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#Männer als Problem im Schach: Das Spiel der Sexisten

Männer als Problem im Schach: Das Spiel der Sexisten

Es war der Abend nach der letzten Runde. Wie so oft nach einem Turnier war Stine Anddreasen in Partylaune, schließlich wartete am nächsten Tag keine Partie, auf die sie noch Rücksicht nehmen musste. Die Schachspieler, mit denen sie feierte, kannte sie seit Jahren. Obwohl sie die einzige Frau war, fühlte sich die Nationalspielerin sicher. Ein Großmeister baggerte sie damals hartnäckig an, doch sie habe keinen Zweifel gelassen, dass sie nicht an ihm interessiert war. Auch alle anderen müssen ihre Abweisungen mitbekommen haben, ist sich Anddreasen sicher.

Als sie ein paar Stunden später zur Besinnung kam, lag der Großmeister auf ihr. Sie wusste nicht, wie sie in sein Hotelzimmer gekommen war. Sie schämte sich. Für ihre Vergewaltigung und weil sie so viel getrunken hatte, dass sie Erinnerungslücken hatte.

Damals gab sie auf

Eine Freundin bestärkte sie, Anzeige zu erstatten. Die Polizistin erklärte ihr, wegen des Alkohols sei die Beweislage zu unsicher. Um eine Anklage zu erwirken, müsse sie sich einen Anwalt nehmen. Drei Jahre ist das her. Damals gab sie auf, jetzt hat Andreasen sich entschieden, über ihre Vergewaltigung zu reden. Ihr richtiger Name, ihre Nationalität, ihr Alter – all das ist dieser Redaktion bekannt. Sie will anonym bleiben, hat noch immer Angst vor dem, was es bedeutet mit ihrer Geschichte an die Öffentlichkeit zu gehen.

Trotzdem will sie andere Frauen schützen und ermutigen, nicht länger zu schweigen, wenn sie ähnliche Erfahrungen haben. „An jenem Abend hatte ich keinen Freund. Alle bekamen mit, was mir angetan wurde. Als ich sie konfrontierte, wollten sie damit nichts zu tun haben. Der toxischste Typ aus der Clique hat mich angerufen und gewarnt, dass ich bloß keine Anzeige erstatte. Ich sei doch selber schuld“, schildert Andreasen. Eine Entschuldigung hörte sie von keinem. Nur ihrem Vergewaltiger habe es anscheinend leidgetan. Das schließt sie daraus, dass er sich zurückzog und weniger Turniere spielt.

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Während der Großmeister ungestraft davonkam, ist Dominique Bellicou in Haft. Der Schachtrainer hat eine Schülerin zwischen dem achten und dreizehnten Lebensjahr immer wieder vergewaltigt und sich an mindestens vier weiteren Mädchen vergangen. Tatort war in den meisten Fällen der Schachverein von Ajaccio. Schon neun Jahre vor der Verhaftung erfuhr der Vereinspräsident, dass Bellicou während des Schachtrainings Mädchen am Oberschenkel streichelte. Über Jahre gab es immer wieder solche Warnsignale. Alle wurden beiseitegewischt, wie in L’Équipe veröffentlichte Recherchen belegen.

Als Erfolgstrainer, dessen Schülerinnen französische Jugendmeisterschaften gewannen, war er unantastbar und blieb es viel zu lange. Sein Fall trug dazu bei, dass in Frankreich inzwischen strengere Sicherheitsauflagen für Trainer von Minderjährigen gelten.

Übergriffe während Privatstunden

Weil Bellicou die Vorwürfe abstritt, mussten seine Opfer vor Gericht aussagen. Zu 19 Jahren verurteilt, ging er in Berufung. In der zweiten Verhandlung ist seine Haftspanne auf 20 Jahre verlängert worden. Dem Korsischen Schachverband, seinem Arbeitgeber, legte das Gericht nahe, wegen des erlittenen Imageschadens als Nebenkläger aufzutreten. Doch der Verband hielt sich heraus. Die Vergewaltigungen und Übergriffe seien während Privatstunden passiert.

Das Gefühl, wie Freiwild behandelt zu werden, kennen viele junge Spielerinnen. Sie leiden unter plumper Anmache, die sie im Schachverein oder auf Turnieren erleben. Dass zwar ständig ihr Aussehen und Outfit kommentiert werden, aber ihr Schach nicht ernst genommen wird. Die meisten machen das nicht lange mit. Ab dem dreizehnten Lebensjahr hören Mädchen weit öfter mit Schach auf als Jungen. Im Erwachsenenalter kommen auf eine Turnierspielerin fünfzehn Männer. Kaum ein organisierter Sport hat so ein krasses Missverhältnis zwischen den Geschlechtern.

Im Schachklub in Ajaccio nutzte Dominique Bellicou seine Position als Trainer aus (Symbolbild).


Im Schachklub in Ajaccio nutzte Dominique Bellicou seine Position als Trainer aus (Symbolbild).

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Bild: Picture-Alliance

Biologische Gründe gibt es nicht dafür, dass für Mädchen oder Frauen separate Turniere organisiert werden, aber soziale Motive, über die kaum offen gesprochen wird. Viele Mädchen oder Frauen spielen lieber unter sich, weil sie eine angenehmere Atmosphäre ohne Anmache erleben. Dazu kommen zunehmend höhere Preisgelder. Die Weltschachföderation FIDE führt diese Entwicklung an und hat 2022 zum Jahr der Frauen im Schach erklärt.

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