#Schuldbewusstsein lässt er nicht erkennen
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„Schuldbewusstsein lässt er nicht erkennen“
Wie lautet die zentrale Botschaft, die der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki anlässlich seiner Rückkehr nach einer fünfmonatigen „Auszeit“ an die Katholiken in seinem Erzbistum zu richten hat? Nimmt man die Pressemitteilung des Erzbistums vom Mittwoch beim Wort, dann ist dies neben dem vorerst vom Papst abgelehnten Amtsverzicht vor allem Dankbarkeit: Der Kardinal wolle sich „für das unterstützende Gebet, den großen Zuspruch und die vielen ermutigenden Briefe, Mails und Postkarten aller jener Gläubigen bedanken, die ihn in den letzten Monaten aus dem Erzbistum Köln sowie aus weiten Teilen Deutschlands und aus dem Ausland erreicht haben“, heißt es darin.
Ebenso wolle der Kardinal allen danken, die in den vergangenen Wochen und Monaten Verantwortung im Erzbistum getragen und wahrgenommen haben, allen voran dem Apostolischen Administrator, Weihbischof Rolf Steinhäuser. Das Verhältnis zum Diözesanrat, der im Januar vergangenen Jahres seine Zusammenarbeit mit Woelki eingestellt hatte, dürfte das nicht verbessern. „Statt sich für die Tausenden von Kirchenaustritten zu entschuldigen, wird hier erstmal gedankt“, empört sich der Vorsitzende des Diözesanrates im Erzbistum, der Solinger Oberbürgermeister Tim Kurzbach gegenüber der F.A.Z.
„Fehlverhalten von Verantwortlichen insgesamt“
Auch in Woelkis Hirtenbrief, mit dem er sich am Mittwoch an die Katholiken im Erzbistum wandte, steht der Dank an erster Stelle, das Wort Kirchenaustritte fällt hingegen nicht. Der zurückgekehrte Erzbischof versucht in dem Schreiben den Eindruck zu vermitteln, dass seine Auszeit vor allem seiner körperlichen und seelischen Rekonvaleszenz dienen sollte. „Tatsächlich war für mich im Oktober letzten Jahres ein Maß an körperlicher und mentaler Erschöpfung erreicht, das eine Auszeit notwendig machte“, erfährt der Leser.
Der 65 Jahre alte Erzbischof wirbt um Verständnis dafür: „Es wird nicht wenige unter Ihnen geben, die um die Notwendigkeit einer solchen Zeit wissen, weil sie selbst oder Ihnen nahestehenden Menschen schon einmal die Erfahrung einer solch langfristigen Überbeanspruchung gemacht haben“. Es sei für ihn eine Zeit gewesen, „meine eigene Erschöpfung zuzulassen und wieder neu zu Kräften zu kommen“.
Wer allerdings ein Schuldeingeständnis erhofft hatte, das nicht nur im Abstrakten verharrt, wurde enttäuscht. Es tue ihm leid, „dass diese Zeit für viele Menschen in unserer Kirche eine so belastete Zeit ist“, schreibt er. Es schmerze ihn, „dass auch ich für diese Situation Verantwortung trage“. Er habe Zeit gehabt, sich „den Versäumnissen, den Fehlern und der Schuld in meinem Leben zu stellen und dabei auch Gelungenes und den Zuspruch zu sehen und wertzuschätzen – und aus beidem zu lernen“, schreibt der Kölner Kardinal weiter. Er wisse um den ungenügenden Umgang mit sexuellem Missbrauch, „um Fehlverhalten von Verantwortlichen insgesamt und um Irritationen in der Kirche in Deutschland und der Weltkirche“, aber auch um „die reformbedürftige Kommunikation und Verkündigung des Glaubens“.
Werktags um 6.30 Uhr
Von persönlicher Schuld spricht Woelki nicht, dafür von „persönlichen Anfeindungen“ ihm gegenüber. In der Auszeit sei in ihm „manches in Bewegung gekommen, was sich in der immer angespannteren kirchlichen Situation und zunehmenden, oft sehr persönlichen Anfeindungen meiner Person in unguter Weise in mir verhärtet hatte“. Ob und was er in Zukunft konkret anders machen will als bisher, bleibt jedoch vage: Dies betreffe „Zusammenhänge von Beteiligung und Leitung, Möglichkeiten der pastoralen Entwicklung sowie notwendige Reformen in der Kirche bis hin zu systemischen Veränderungen, welche die Realitäten von sexuellem, geistlichem und strukturellem Missbrauch auch mir aufgeben“, erklärt Woelki.
Bezeichnend für seine offenbar nach wie vor unveränderte Sicht auf die desaströse Lage im Erzbistum und seinen eigenen Anteil daran, ist die Erläuterung zum Angebot eines Amtsverzichtes. Dazu holt der Kölner Erzbischof in seinem Hirtenbrief zunächst weit aus: Grundlegend sei für ihn während seiner Exerzitien und seiner Auszeit insgesamt „das immer neue Einüben in die ignatianische Haltung der Indifferenz“ gewesen, berichtet der Kölner Kardinal.
Gemeint ist damit der heilige Ignatius von Loyola, Ordensgründer der Jesuiten und Verfasser einer Anleitung zu geistlichen Übungen. Daran hat sich Woelki offenbar orientiert. Diese Haltung bestehe darin, sich wie am Tage seiner Priesterweihe „Christus, dem Herrn der Kirche, ganz und vorbehaltlos zu übereignen“, so der Kölner Kardinal. Es gehe darum, „nichts zu sehr zu wollen“, sondern alles, wirklich alles auf Gott hin frei zu geben“.
Nach dieser Vorrede, in der Woelki kein einziges Mal auf sein Wirken als Erzbischof von Köln erwähnt, kommt dann der Satz, der wie ein erzbischöflicher Gnadenakt gegenüber dem Papst klingt: Als Ausdruck „dieser Haltung innerer Freiheit“, schreibt Woelki, habe er dem Papst sein Amt als Erzbischof von Köln zur Verfügung gestellt, „so dass auch er frei ist, zu entscheiden, was dem Wohl der Kirche von Köln am meisten dient“. Woelki ersucht die Katholiken im Erzbistum, ihm die Chance für einen Neuanfang zu geben. Er bitte um „Offenheit, Ihre Geduld, darum, dass Sie mir, nein, uns noch eine Chance geben“.
Am Schluss seines Schreibens bittet Woelki die Gläubigen schließlich darum, mit ihm ein Gebet „zu teilen“. Es ist das Stundengebet der Benediktinerinnen von Dinklage. Woelki hat ihm eine Strophe hinzugefügt: Dessen zweite Zeile lautet: „In deine Barmherzigkeit: mein Versagen“. Aber auch dies lässt Woelki offen: Wer hier für wen beten soll.
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