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#Der Papst kritisiert in Ungarn den Nationalismus

Als Papst Franziskus am Freitagvormittag bei kühlem Sonnenwetter in Budapest vor dem Palais Sándor, dem Sitz ungarischer Staatschefs, von Präsidentin Katalin Novák empfangen wird, findet die Zeremonie mit vollem diplomatischen Protokoll am Rande einer Baustelle statt. Im Rahmen des milliardenschweren Nationalen Hauszmann-Programms werden bis 2030 alle maßgeblichen Gebäude aus der Epoche der Habsburgerherrschaft detailgetreu rekonstruiert oder vollständig wiederaufgebaut.

Matthias Rüb

Politischer Korrespondent für Italien, den Vatikan, Albanien und Malta mit Sitz in Rom.

Dass das Oberhaupt der katholischen Christenheit in altehrwürdiger Kulisse von Blaskapellen und berittenen Husaren in historischen Uniformen empfangen wird, passt gut zur politischen Wiederaneignung der „guten alten Zeit“, die von Ministerpräsident Viktor Orbán propagiert wird. Der dreitägige Besuch des Papstes steht unter dem Motto „Krisztus a jövőnk“ (Christus unsere Zukunft). Präsidentin Novák und Ministerpräsident Orbán, der den Papst in seinem Amtssitz, einem umgebauten Karmeliterkloster gleich neben dem Präsidentenpalast, zu einem halbstündigen Treffen empfing, hoben jeweils die Gemeinsamkeiten mit Franziskus hervor und schwiegen geflissentlich über Differenzen, etwa beim Thema Migration.

Papst kritisiert „Gender-Kultur“

In seiner Rede im Palais Sándor beklagte Franziskus ausdrücklich, dass in Europa wieder „Unterschiede hervorgehoben werden“ und „Nationalismen neu aufbranden“, statt dass „die Leidenschaft für gemeinschaftliche Politik und Multilateralismus“ gepflegt werde. Der Papst pries Budapest, die „Perle der Donau“, als ikonographisches Bild für eine Stadt und ein Land der Brücken, „die verschiedene Wirklichkeiten miteinander verbinden“. Doch die durch Brücken geschaffene Einheit des Verschiedenen dürfe nicht mit einer Einheitlichkeit verwechselt werden, „die Unterschiede auslöscht“, sagte der Papst. In einer Reverenz an sein Gastland lobte der Papst jene, die sich der „ideologischen Kolonisierung“ widersetzten, für welche er als erschreckende Beispiele die „Genderkultur“ und das „sinnwidrige ,Recht auf Abtreibung‘“ nannte.

Präsidentin Novák hatte schon kurz vor dem Papstbesuch die Bemühungen der Regierung um eine stärkere Rolle der Kirchen, zumal der katholischen, im Bildungssektor herausgestrichen. Vor der Machtübernahme der Kommunisten waren in Ungarn zwanzig Prozent aller Schulen von einer katholischen Institution geführt worden, um das Jahr 2000 waren es nur noch fünf Prozent. Heute ist der Anteil im Grundschulbereich wieder auf 17 Prozent gestiegen, bei weiterführenden Schulen sind es sogar 25 Prozent. Die Fidesz-Regierung habe in den vergangenen zehn Jahren gut 3000 Kirchen renovieren lassen und mehr als 200 neu gebaut, sagte Novák.

In Ungarn würden „Kirchen nicht zweckentfremdet, wie es in vielen Ländern geschieht, sondern wir bauen sogar neue“, hob die Präsidentin hervor. Die politische und finanzielle Unterstützung der Kirche durch die Regierung hat freilich ihren Preis: Die Regierung erwartet im Gegenzug die uneingeschränkte Loyalität der Kirche – auch und gerade in strittigen Fragen wie der Migrationspolitik. Beim Kampf für den Schutz des ungeborenen Lebens und für das Konzept der Ehe und Familie als Lebensgemeinschaft von Mann und Frau und deren Kinder stimmen Budapest ohnehin überein.

Einen eminent politischen Gleichklang gibt es beim Umgang mit dem russischen Krieg in der Ukraine. Zwar verurteilen Orbán und Franziskus jeweils die Invasion Moskaus im Nachbarland, doch fordern beide einen unverzüglichen Waffenstillstand (statt weiterer Waffenlieferungen an Kiew) sowie die Aufnahme von Friedensverhandlungen, bevorzugt unter Vermittlung von Papst und Heiligem Stuhl. Präsidentin Novák pries Franziskus als „Mann des Friedens“, der den Kriegsopfern Hilfe leiste, sich als Friedensvermittler anbiete und das russische Volk nicht vergesse. An dieser „weisen christlichen Haltung sollten wir uns orientieren“, sagte Novák.

Übereinstimmung beim Ukrainekrieg

Orbán sagte jüngst, Ungarn und der Heilige Stuhl seien „die einzigen Staaten“, die mit Blick auf die Ukraine an erster Stelle nicht vom Krieg, sondern vom Frieden sprächen. Budapest hat sich seit Beginn der Invasion vom Februar 2022 gegen Sanktionen gegen Moskau und namentlich gegen den russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill ausgesprochen, zu welchem auch Papst Franziskus den Gesprächsfaden nicht abreißen lassen will.

Noch am Donnerstag hatte der Papst im Vatikan den ukrainischen Ministerpräsidenten Denys Schmyhal zu einer halbstündigen Privataudienz empfangen. Dabei wiederholte Schmyhal die bereits von mehreren politischen und religiösen Führern der Ukraine ausgesprochene Einladung an den Papst nach Kiew. Mit seiner Reise nach Ungarn, der zweiten seit einem Kurzbesuch in Budapest zum Abschluss des Eucharistischen Weltkongresses vom September 2021, kommt Franziskus erstmals in die unmittelbare Nachbarschaft des Kriegslandes Ukraine.

Seinen Besuch in Ungarn bezeichnete Franziskus als „Reise in das Zentrum Europas, über das weiter die eisigen Winde des Krieges wehen, während die Vertreibung so vieler Menschen dringende humanitäre Fragen auf die Tagesordnung setzt“. Unter Armen und den Migranten, die der Papst am Samstag in einer Kirche in Budapest treffen will, werden auch Flüchtlinge aus der Ukraine sein.

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