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#Christian Simons Buch „Die schönsten Berliner U-Bahnhöfe“

Zu den beschaulichsten Orten Berlins gehört die im Südwesten gelegene Domäne Dahlem. Das ehemalige Rittergut ist heute ein Museum für Agrarkultur und ein Archehof, auf dem etwa das Rauwollige Pommersche Landschaf und die Schraubenhörnige Bulgarische Langhaarziege gehalten werden. Schräg gegenüber findet sich der ebenso gefällige und aufgrund der Nähe zur Freien Universität vor allem von Studenten genutzte U-Bahnhof Dahlem Dorf. Die Domäne, so witzelt man bis heute, sei der einzige Bauernhof mit Gleisanschluss. Ursprünglich sollte der Eingang zur U-Bahn einigermaßen schlicht ausfallen, was Kaiser Wilhelm II. allerdings nicht recht einleuchten wollte. Also ließen Friedrich und Wilhelm Hennings ein mit Reet gedecktes Fachwerkhaus errichten, das 1913 fertiggestellt wurde. Nachdem es 2012 zum zweiten Mal in Flammen aufging, hat man bei der Wiederherstellung des Dachs sicherheitshalber auf Kunststoff gesetzt. Hübsch ist es trotzdem.

Christian Simon hebt in seinem Buch über die dreißig attraktivsten Berliner U-Bahnhöfe hervor, die meisten von ihnen seien aufgrund ihrer Funktionalität in ästhetischer Hinsicht kaum wettbewerbsfähig. Die Moskauer Metro, strahlendes Gegenbeispiel, punkte immerhin mit Marmor, Kronleuchtern und Stuck. Na und, möchte man entgegnen, dafür hat der von Wilhelm Leitgebel erbaute und 1913 eröffnete Heidelberger Platz – wie Dahlem Dorf auch Teil der heutigen U-Bahn-Linie 3 – ein Kreuzgewölbe und nötigt selbst dem eilig zum Kottbusser Tor pendelnden, an Architektur bestenfalls dezent interessierten Fahrgast einen zweiten Blick ab. Prächtige Vorhallen, an Ketten befestigte Kandelaber, goldene Mosaike: Man mag an eine Kathedrale oder, ein wenig tiefer gestapelt, einen Weinkeller denken. Vergleiche mit, ausgerechnet, Moskauer Bahnhöfen liegen auf der Hand und wurden oft gezogen.

Im Dezember 1930 wurde der Bahnhof Magdalenenstraße (U5) eröffnet. Der zuständige Architekt war Alfred Grenander.



Bilderstrecke



Hübsch hässlich?
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U-Bahnhöfe in Berlin

Natürlich gibt es auch bewusst schlicht gehaltene Stationen wie Afrikanische Straße oder die aseptisch anmutende, von Terraplan und Muschelkalk dominierte Haltestelle Unter den Linden. Bei ihnen liegt die Schönheit genauso im Auge des Betrachters wie im Fall Rohrdamm aus dem Jahr 1980 – weit im Westen der U7, fünf Stopps vorm Rathaus Spandau. Der Bahnhof ist so etwas wie die Antithese zum Pomp des Heidelberger Platzes: „Die Wände sind mit Rädern, Kolben und geometrischen Linien überdeckt, als befände man sich im Inneren einer gewaltigen Maschine.“ Für die Gestaltung in Rot, Weiß und Gelb zeichnet Rainer G. Rümmler verantwortlich, der sich, naheliegenderweise, deswegen aber nicht schlecht, von den vor Ort ansässigen Siemenswerken hat anregen lassen. Neben Alfred Grenander (1863 bis 1931) ist Rümmler (1929 bis 2004) übrigens der wichtigste Architekt der Berliner U-Bahnhöfe.

Simon, Stadtführer und Autor mehrerer Bücher über Berlin, hat eine Monographie vorgelegt, die in die Rubrik „Special Interest“ fällt. Er liefert einen Abriss zur Geschichte der Berliner U-Bahn, stellt eine subjektive, aber keineswegs überraschende Auswahl von Bahnhöfen vor und wartet mit Texten auf, die Wikipedia-Wissen mit Hintergrundinformationen zur Architektur- und Stadtgeschichte anreichern.

Die Fotografien von Uwe Friedrich sind des gehobenen Anspruchs fast durchweg unverdächtig und mitunter nicht mehr als Schnappschüsse. Dem Rathaus Charlottenburg fehlen die letzten Zentimeter der Turmspitze, Passanten drängen sich hier und dort ungelenk in die Aufnahmen. Das macht allerdings nichts, denn so unverstellt, entspannt und beiläufig sieht’s nun einmal tatsächlich aus in Berlin, und das ist ein wesentlicher Teil des Charmes dieser Stadt.

Christian Simon: „Die schönsten Berliner U-Bahnhöfe“. Mit Fotos von Uwe Friedrich. Bebra Verlag, Berlin 2023. 144 S., Abb., geb., 26,– €.

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