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#Medwedjew droht mit Morden an Ukrainern im Westen

„Medwedjew droht mit Morden an Ukrainern im Westen“

Pawel Sudoplatow war der Organisator eines der bekanntesten politischen Morde des 20. Jahrhunderts. Er arbeitete den Plan zur Tötung von Stalins innerparteilichem Widersacher Leo Trotzki im mexikanischen Exil 1940 aus, stellte die beteiligten Kommandos zusammen und leitete die Operation. Das war nicht der einzige Mord an Gegnern des sowjetischen Regimes, für den Sudoplatow verantwortlich war. Als „Obersten Terroristen der Sowjetunion“ bezeichnete ihn Anfang dieses Jahres die kremlkritische „Nowaja Gaseta“, die angesichts der Verfolgung durch das russische Regime vor kurzem ihr Erscheinen eingestellt hat.

Manche Morde hat Sudoplatow nicht nur vorbereitet, sondern selbst ausgeführt. So tötete er 1938 in Rotterdam den ukrainischen Nationalistenführer Ewhen Konowalez. Als „Episode aus der ruhmreichen Vergangenheit“ hat diese Tat der frühere russische Präsident und Ministerpräsident Dmitrij Medwedjew am Dienstag in einem Text unter der Überschrift „Über Fakes und echte Geschichte“ in seinem Telegram-Kanal bezeichnet. Was der stellvertretende Vorsitzende des russischen Sicherheitsrates darin schreibt, ist typisch für den Ton, in dem sich Stützen des russischen Regimes derzeit über die Ukraine äußern. Sie versuchen, sich mit hasserfüllten Aussagen über die Ukrainer zu übertreffen.

Das Massaker von Butscha sei von den Ukrainern verübt worden, behauptet Medwedjew: „Zur Entmenschlichung Russlands und seiner maximalen Anschwärzung sind die toll gewordenen Bestien aus den Nazi-Bataillonen und der Territorialverteidigung bereit, im Vorübergehen die eigenen friedlichen Einwohner zu ermorden.“ Das täten sie, weil das „Ukrainertum, das von antirussischem Gift und einer alles verschlingenden Lüge über seine Identität genährt wird, ein einziger großer Fake ist“. Diese „Erscheinung“ habe es in der Geschichte nie gegeben, „und sie existiert auch jetzt nicht“.

Medwedjews unsinnige Thesen

Die Geschichte der Ukraine fängt laut Medwedjew nach dem Zerfall der Sowjetunion an, als Radikale eine „Pseudogeschichte der ukrainischen Staatlichkeit“ geschrieben hätten. Ihre Heldengalerie bestehe nur aus „zoologischen Nazis, Halsabschneidern und Kollaborateuren“. Der leidenschaftliche Teil der Ukrainer „hat in den vergangenen 30 Jahren zum Dritten Reich gebetet“. Und dessen Schicksal werde die Ukraine auch erleiden. Wichtigstes Ziel Russlands sei es, „das blutige Bewusstsein eines Teils der jetzigen Ukrainer zu verändern, das voller lügnerischer Mythen ist“. Das sei nötig, „um endlich ein offenes Eurasien zu bauen – von Lissabon bis Wladiwostok“.

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Die vollkommen unsinnige Gleichsetzung der ukrainischen Identität mit dem Nationalsozialismus und die damit verbundene Rechtfertigung von Gewalt gegen alle Ukrainer sowie die falsche Behauptung, die Ukraine habe keine eigene Identität und Kultur, sind in der russischen Propaganda zu Gemeinplätzen geworden. Medwedjews Text ragt aus diesen Hasstiraden wegen der Passage über den 1938 in den Niederlanden verübten Mordanschlag heraus, weil er darin rhetorische Grenzen überschreitet, die Moskau bisher beachtet hatte. Das Mordinstrument war eine Bombe, die in einer Pralinenschachtel versteckt war. Der stalinistische Scherge Sudplatow hatte sie seinem Opfer mit den Worten „Das ist ein Geschenk aus Kiew“ überreicht. „Solche ‚Geschenke’ für nazistische Verbrecher wird es noch viele geben!“, schreibt Medwedjew. Ein Angehöriger des engen Führungskreises um Russlands Präsident Wladimir Putin kündigt also Mordanschläge auf Ukrainer in Westeuropa an.

Wüste Drohungen und Gewaltphantasien gegen Gegner des Putin-Regimes sind in der russischen Propaganda nichts Neues. Doch bisher wurden sie von Gästen in Talkshows und – seltener – von deren Gastgebern ausgestoßen, nicht von aktiven Politikern, schon gar nicht von solchen aus der ersten Reihe. Bis jetzt galt auch, dass die russische Politik den Vorwurf kategorisch zurückwies, sie habe etwas mit Morden oder Mordversuchen außerhalb Russlands zu tun.

Versteckte Signale

Das war so bei den Giftanschlägen auf die ehemaligen russischen Agenten Alexandr Litwinenko 2006 und Sergej Skripal 2018 in Großbritannien und der Erschießung eines Georgiers im Berliner Tiergarten 2019. Medwedjews Lob für einen mehr als achtzig Jahre zurückliegenden Terroranschlag bedeutet nicht zwingend, dass darauf bald Taten folgen werden. Es kann sich auch um ein zynisches Spiel mit den Ängsten des Westens wie der Ukrainer handeln. Doch die Drohung ist ernst zu nehmen, denn dass sie einfach so dahin geschrieben wurde, dürfte ausgeschlossen sein bei einem Politiker, der eine herausgehobene Funktion im Zentrum der russischen Sicherheitsapparate hat.

Es fällt zudem auf, dass Medwedjew sich nicht auf den viel bekannteren Mord an Stepan Bandera bezieht, der die zentrale Hassfigur erst der sowjetischen, nun der russischen Propaganda gegen die Ukrainer ist. Nach dem 1959 in München getöteten Bandera (wie Konowalez wegen seiner extrem nationalistischen Ideologie und seiner tatsächlichen Verbindungen zum Nationalsozialismus eine problematische Gestalt) werden von russischer Seite nationalbewusste Ukrainer als „Banderowzy“ benannt.

Die Wahl des Beispiels könnte Ausdruck der Vorliebe für verquere Symboliken und versteckte Signale sein, die Russlands Führung pflegt. Der 1907 im ukrainischen Melitopol geborene und 1996 in Moskau gestorbene Pawel Sudoplatow war kein zufälliger Täter. Er leitete vor dem Zweiten Weltkrieg eine Abteilung des sowjetischen Repressionsorgans NKWD, die auf Morde im Ausland spezialisiert war, und stand nach dem Krieg an der Spitze eines Geheimlabors, das Gifte auf ihre Eignung für Mordanschläge testete. Die Assoziation mit den Anschlägen auf Litwinenko, Skripal und Nawalnyj drängt sich auf.

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