Wissenschaft

#Megalodon war kein buchstäblich kaltblütiger Killer

Spuren einstiger Körperwärme: Anhand von Zahnmaterial mit „Thermometer-Funktion“ konnten Forscher belegen, dass der Megalodon-Hai zumindest partiell warmblütig war. Er hielt seine Körpertemperatur demnach auf etwa sieben Grad Celsius über der umgebenden Wassertemperatur. Vermutlich machte dies den Räuber agiler, doch die Wärmeerzeugung war auch mit Kosten verbunden. Möglicherweise ging diese Rechnung am Ende nicht mehr auf und so könnte die Warmblütigkeit eine Rolle beim Aussterben des Riesen gespielt haben, sagen die Wissenschaftler.

Neben ihm wirkt der Weiße Hai wie ein Zwerg: Einst streifte ein monströser Hai durch die Meere der Erde, der Schätzungen zufolge eine Länge von über 15 Metern erreichen konnte. Davon zeugen handgroße Zähne des Megalodon (Otodus megalodon) genannten Fisches, die an vielen Fundorten der Welt entdeckt wurden. Bissspuren an fossilen Walknochen lassen vermuten, dass dieser wohl größte Hai aller Zeiten der Spitzenräuber seiner Zeit war. Doch diese Position war kein Garant fürs Überleben: Vor etwa 3,6 Millionen Jahren verschwand Megalodon aus den Ozeanen der Erde. Offenbar war er bestimmten Herausforderungen dieser Ära nicht gewachsen und starb aus.

Der Zahn eines Megalodons (rechts) im Vergleich zu dem eines Weißen Hais. ©Harry Maisch/Florida Gulf Coast University

Da neben den Zähnen nur wenige Überreste von Megalodon entdeckt wurden, bleiben einige Aspekte des spannenden Räubers nach wie vor unklar. Anhand der bekannten Merkmale vermuten Paläontologen, dass es sich um einen Vertreter der Makrelenhaie gehandelt hat. Von dieser Gruppe ist wiederum eine interessante Besonderheit bekannt: Während die meisten Fische Kaltblüter sind, deren Körpertemperatur der des sie umgebenden Wassers entspricht, halten heutige Makrelenhaie ihre Körpertemperatur ganz oder teilweise etwas wärmer. Diese Form der Warmblütigkeit wird auch als Mesothermie bezeichnet. In ihrer Studie sind die Forscher um Robert Eagle von der University of California in Los Angeles (UCLA) nun der Frage nachgegangen, ob und in welchem Ausmaß Megalodon ebenfalls warmblütig gewesen sein könnte.

Temperatur-Signatur in Zähnen

Nach Antworten suchten sie dabei im fossilen Zahnmaterial des Riesen. Wie die Forscher erklären, ist der Zahnschmelz aus Mineralien aufgebaut, zu deren Bestandteilen unter anderem Kohlenstoff- und Sauerstoff-Atome gehören. Je nach Neutronenzahl kommen sie in „leichten“ oder „schweren“ Formen vor, die als Isotope bezeichnet werden. Deren spezielle Zusammensetzung in bestimmten Materialien kann wiederum von Umweltfaktoren bei ihrer Entstehung abhängen. So können Isotopensignaturen in Zahnmaterial auch Hinweise darauf geben, bei welchen Körpertemperaturen sie sich in dem jeweiligen Lebewesen gebildet haben, erklären die Forscher. „Man kann sich die Isotope in den Mineralien, aus denen die Zähne bestehen, als eine Art Thermometer vorstellen, dessen Messwert Millionen von Jahren erhalten bleiben kann“, sagt Co-Autor Randy Flores von der UCLA. „Da sich die Zähne im Gewebe eines lebenden Tieres bilden, können wir die Isotopenzusammensetzung der fossilen Zähne messen, um die Temperatur abzuschätzen, bei der sie sich gebildet haben, und das gibt uns Aufschluss über die ungefähre Körpertemperatur des Tieres zu Lebzeiten.“

Das Team führte die massenspektrometrischen Untersuchungen der Isotopensignaturen an Megalodon-Zähnen von verschiedenen Fundorten weltweit durch. Als Vergleichsmaterial dienten ihnen zudem fossile Zähne aus den gleichen Gebieten, die von anderen Haiarten stammten. Als weitere Datengrundlage dienten Einschätzungen der durchschnittlichen Meerwassertemperaturen an jedem der Standorte, an dem die Zähne gesammelt wurden. Wie die Wissenschaftler berichten, konnten sie durch ihre Ergebnisse nun die bisherige Vermutung bestätigen, dass auch der „König der Haie“ mesotherm war: Die Körpertemperaturen von Megalodon war deutlich höher als die von Haien, die als kaltblütig oder ektotherm gelten. Konkret zeichnete sich ab, dass er eine Körpertemperatur aufrechterhalten konnte, die etwa sieben Grad Celsius wärmer war als das umgebende Wasser.

Kostspielige Wärme

Wie die Wissenschaftler erklären, könnte dieses Merkmal auch bei der Entwicklung des enormen Größenwachstums des Hais eine Rolle gespielt haben. Klar erscheint zudem, dass Megalodon von der Warmblütigkeit profitierte: Er konnte sich wahrscheinlich besonders flink bewegen und sich auch in vergleichsweise kalten Gewässern der Welt ausbreiten. Warmblütigkeit hat allerdings auch einen Preis, den die Vorteile erst aufwiegen müssen. Möglicherweise war der Toleranzbereich beim Megalodon dabei kritisch klein und so könnte die Anpassung dem Riesen in der Zeit vor 3, 6 Millionen Jahren zum Verhängnis geworden sein, sagen die Wissenschaftler. „Die Aufrechterhaltung eines Energieniveaus, das die erhöhte Körpertemperatur des Megalodons ermöglichte, würde einen enormen Appetit erfordern, der in einer Zeit, in der sich das Gleichgewicht der marinen Ökosysteme verändert hat, nicht nachhaltig gewesen wäre“, so Flores.

Ihr Kollege Robert stellt dabei einen Bezug zu heute her: „Die Untersuchung der Faktoren, die zum Aussterben eines sehr erfolgreichen Raubhais wie dem Megalodon geführt haben, kann Aufschluss über die Anfälligkeit großer mariner Raubtiere in modernen Meeresökosystemen geben, die mit den Auswirkungen des Klimawandels konfrontiert sind“, so der Wissenschaftler. Das Team sieht nun außerdem weiteres Potenzial in ihrem Ansatz: Die Forscher planen, mit ihrer Methode auch bei anderen ausgestorbenen Tierarten der Frage nachzugehen, welche Körpertemperaturen sie einst hervorgebracht haben. „Nachdem wir die Endothermie beim Megalodon nachgewiesen haben, stellt sich die Frage, inwieweit sie auch bei anderen großen Meeresräubern in der Erdgeschichte vorkommen sein könnte“, sagt Seniorautorin Aradhna Tripati von der UCLA.

Quelle: University of California – Los Angeles, William Paterson University, Fachartikel: Proceedings of the National Academy of Sciences, doi: 10.1073/pnas.2218153120

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