#Mehr Länder sollen Bootsmigranten aufnehmen
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„Mehr Länder sollen Bootsmigranten aufnehmen“
Vor den Sommermonaten, in denen die Migration über das zentrale Mittelmeer alljährlich deutlich steigt, dringt die Regierung in Rom auf die Schaffung eines Mechanismus zur freiwilligen Aufnahme von Migranten in anderen EU-Staaten. So soll Italien entlastet werden. EU-Innenkommissarin Ylva Johansson sagte in einem Gespräch mit der italienischen Tageszeitung „La Repubblica“ vom Donnerstag, die EU-Kommission habe Gespräche mit EU-Mitgliedstaaten aufgenommen, um ein System der freiwilligen Umverteilung von Migranten während der Sommermonate einzurichten.
Außerdem sei Brüssel in Verhandlungen mit den Regierungen Libyens und Tunesiens über multilaterale Migrationsabkommen. Italien strebt ein Abkommen „Malta 2.0“ an: Nach dem Muster der in Valletta erreichten Übereinkunft vom September 2019 sollen weitere EU-Staaten neben Frankreich und Deutschland gemäß einer festen Quote Bootsmigranten aufnehmen, die, von Libyen und Tunesien kommend, auf den italienischen Mittelmeerinseln sowie auf Malta europäischen Boden erreichen.
Am Donnerstag besuchte Johansson gemeinsam mit der italienischen Innenministerin Luciana Lamorgese Tunis. Im Mittelpunkt der Gespräche mit dem tunesischen Präsidenten Kais Saed und mit Ministerpräsident Hichem Mechichi standen neben der besseren Kontrolle der Migrationsströme zur Nordküste und dem Kampf gegen Schlepperbanden der Ausbau der europäischen Entwicklungs- und Wirtschaftshilfe. In Tunesien sowie in anderen nordafrikanischen Staaten, die wesentlich vom Tourismus abhängig sind, hat sich die Wirtschaftskrise durch die Pandemie weiter verschärft. Im vergangenen August hatten Emissäre der EU und die Regierung in Tunis bei einer ersten Verhandlungsrunde die Grundlage für ein strategisches Abkommen zwischen Tunesien und der EU gelegt.
Seit Jahresbeginn 1300 Migranten zurückgeführt
Bei einer Fragestunde zum Thema Migration im Parlament hatte Lamorgese am Mittwoch Abkommen zwischen der EU und den Herkunftsländern der Migranten gefordert. Italien sei mit den gegenwärtigen Vorschlägen der EU-Kommission für einen neuen Asyl- und Einwanderungspakt nicht zufrieden, sagte Lamorgese. Sie seien von Rom als „unzureichend bewertet“ worden, die Verhandlungen seien „noch im Gange“, berichtete Lamorgese.
Seit Anfang 2021 seien 13.358 Migranten über das zentrale Mittelmeer nach Italien gelangt, sagte Lamorgese. Ein Höhepunkt sei im Monat Mai mit rund 3500 Flüchtlingen erreicht worden. Die meisten Migranten – 8987 Personen – hätten die Überfahrt von Libyen aus begonnen, 4041 aus Tunesien, etwa 1000 aus Griechenland und der Türkei, berichtete die Ministerin. Bisher seien in diesem Jahr 1300 Migranten in ihre Heimatländer zurückgeführt worden, im Gesamtjahr 2020 waren es 3607 gewesen. Derweil rückt in Italien angesichts der rückläufigen Corona-Zahlen das Thema Migration wieder ins Zentrum der politischen Debatte.
Die Einstellung des Verfahrens gegen die deutsche Kapitänin Carola Rackete wegen des Vorwurfs des Widerstands gegen die Staatsgewalt durch ein Gericht in Agrigent auf Sizilien vom Mittwochabend hat heftige Reaktionen auf der politischen Rechten hervorgerufen. Rackete hatte im Juni 2019 mit dem deutschen Rettungsschiff „Sea-Watch 3“ die vom damaligen Innenminister Matteo Savini verfügte Hafenblockade durchbrochen und beim Anlegen an der Mole von Lampedusa ein Schnellboot der italienischen Finanzpolizei touchiert. Rackete war nach dem Zwischenfall kurzfristig zeitweise in Untersuchungshaft gekommen.
Carola Rackete, die frühere Kapitänin des Rettungsschiffs „Sea-Watch 3“ im Oktober 2020
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Bild: dpa
Die Richterin in Agrigent begründetet die Einstellung des Verfahrens damit, dass für Rackete wegen der prekären Verhältnisse an Bord die Notwendigkeit zum Einlaufen in einen Hafen gegeben gewesen sei. Sie habe damit „ihre Pflicht als Kapitänin erfüllt“, heißt es in der Urteilsbegründung. Deshalb könne ihr Tun nicht als Widerstand oder Gewalt gegen ein Schiff des italienischen Staates betrachtet werden.
Schon im Januar 2020 hatte das Oberste Gericht in Italien im Zusammenhang mit dem Vorfall zugunsten der Deutschen entschieden. Ein weiteres Verfahren, das Rackete ihrerseits gegen Salvini wegen des Vorwurfs der Anstachelung zu einer Gewalttat angeregt hatte, wurde unlängst von einem Gericht in Mailand zugunsten des Vorsitzenden der rechtsnationalistischen Partei Lega entschieden. Salvini und Vertreter anderer Rechtsparteien zeigten sich entsetzt über den Freispruch für Rackete in Agrigent, weil damit private Hilfsorganisationen zum Rechtsbruch ermuntert würden.
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