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#Minsker Gesprächsmethoden

Minsker Gesprächsmethoden

Die Sendung endet mit einer Drohung. Etwas mehr als eineinhalb Stunden eines Gesprächs mit dem gefangenen Regimegegner Roman Protassewitsch hat der staatliche belarussische Fernsehsender ONT am Donnerstag ausgestrahlt. Aber in Wirklichkeit habe die Unterhaltung mehr als vier Stunden gedauert, sagt der Chef des Senders, Marat Markow, am Ende: „Und leider können wir nicht alle Namen nennen, die darin gefallen sind, so lange die Ermittlungen noch andauern.“

Diese Aussage soll Menschen in Angst versetzen, die in den vergangenen Monaten in Belarus Kontakt zu Protassewitsch hatten – und das dürften sehr viele sein. Bis er am Pfingstsonntag aus einem Flugzeug heraus verhaftet wurde, das die belarussischen Behörden auf einem Flug von Athen nach Vilnius zur Landung in Minsk gezwungen hatten, hat Protassewitsch im Exil in Polen für die wichtigsten oppositionellen Kanäle im Messengerdienst Telegram gearbeitet.

Vor allem der Kanal Nexta, über den die Straßenproteste gegen Machthaber Alexandr Lukaschenko vergangenes Jahr koordiniert worden sind, arbeitete mit Informationen, die ihm aus Belarus übermittelt worden sind – von Demonstranten, von oppositionellen Aktivisten, aber auch von Sympathisanten in den staatlichen Institutionen.

Scheinbar vollständiges Geständnis

Der in Minsk in Untersuchungshaft sitzende Protassewitsch ist in dem Gespräch von Sender-Chef Markow als gebrochener Mensch vorgeführt worden. Protassewitsch sagt darin, er habe ein vollständiges Geständnis seiner Schuld abgelegt, „Massenunruhen“ organisiert zu haben, und arbeite „vollständig und offen“ mit den Ermittlern zusammen, denen er eine „Vielzahl einzigartiger Tatsachen“ mitteile.

Das Gespräch sei freiwillig zustande gekommen, antwortet Protassewitsch zu Beginn auf eine entsprechende Frage Markows, er fühle sich gut, sei nur etwas erkältet und sei für dieses Gespräch nicht extra geschminkt worden. Belarussische Oppositionelle im Exil gaben sich jedoch überzeugt, dass Protassewitsch gefoltert worden ist. So sind auf seinem geschwollenen Gesicht Flecken zu erkennen, und einer Stelle gegen Ende des „Interviews“ sind Wunden an beiden Handgelenken Protassewitschs erkennbar.

Eine Ahnung von den Methoden, mit denen Protassewitsch zu diesem Gespräch bewegt wurde, gibt auch das Ende der Aufzeichnung, in dem er nur noch stockend und schluchzend spricht. Der „Interviewer“ Markow teilt Protassewitsch mit, dessen ebenfalls verhaftete Freundin Sofia Sapega leide in Haft unter Panikattacken, und fragt dann, was er wohl denke, unter welchen Panikattacken die Menschen litten, die aufgrund seiner aufwieglerischen Tätigkeit nun Probleme mit dem Gesetz hätten.

Dann kommt Markow darauf zu sprechen, dass Protassewitsch zu Beginn des Kriegs in der Ukraine als Journalist das rechtsextreme Frewilligenbataillon „Asow“ begleitet hat. Ob er Angst habe, an die prorussischen Separatisten ausgeliefert zu werden, die deshalb ein „Strafverfahren“ eingeleitet hätten? Protassewitsch bejaht – er könne nur hoffen, dass Lukaschenko den „politischen Willen“ habe, eine Auslieferung zu verhindern.

Protassewitschs Aussagen sollen Regimegegner diskreditieren

Was Protassewitsch sagt, soll die Darstellung des Regimes stützen, die Proteste würden von westlichen Geheimdiensten gesteuert und finanziert. Die Anführer der Opposition im Exil lebten im Luxus; sie seien nur auf materielle Vorteile aus und vor allem mit Intrigen untereinander beschäftigt. Aber sie bekämen nur dann weiter Geld von ihren Auftraggebern, wenn sie Gründe für solche Sanktionen lieferten, die in Belarus zu Hunger führen.

Auch als Grund für seine Festnahme nennt Protassewitsch Intrigen unter Regimegegnern. Nur enge Mitarbeiter der in Litauen lebenden Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja hätten gewusst, dass er mit diesem Flug unterwegs sei. Damit wird insinuiert, der belarussische Geheimdienst habe den Flug dank ihrer Informationen nach Minsk umgelenkt.

Interessant daran ist, dass das Regime womöglich die Legende aufgibt, die Landung sei aufgrund einer Bombendrohung nötig gewesen. Über das Flugzeug müsse man nicht reden, sagt „Interviewer“ Markow zu Beginn des Gesprächs, „damit ist uns beiden ja alles klar“. Über Machthaber Lukaschenko sagt Protassewitsch, er achte ihn „ohne Vorbehalt“. Er habe erkannt, dass die Kritik an ihm nur eine Form von Druck sei, dem dieser aber mit „stählernen Eiern“ standhalte.

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