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#Mit Google Street View ins Jahr 2008

Jetzt fahren sie wieder durch Deutschland, die Autos mit den an Masten befestigten Kameras auf den Dächern. Alles in ihrer Umgebung erfassen diese Kameras, nichts bleibt ihnen verborgen. Und hinterher werden die Fotos zu 360-Grad-Aufnahmen zusammengesetzt, zu einem Modell der Wirklichkeit. Anfang Juni hatte Google angekündigt, Google Street View zu aktualisieren, und ihre Flotte auf eine umfassende Expedition geschickt, um neues Bildmaterial einzuholen. Inzwischen ist auch die Technik vorangeschritten, und so vermessen gerade nicht nur Autofahrer das ganze Land, sondern auch Fahrradfahrer und Fußgänger mit mobilem Kamera-Equipment, sogenannten Trekkern. Es sind ganze Gruppen von Gegenwartsdokumentaristen, die für die nächsten Jahre unseren Blick auf uns selbst bestimmen werden.

Im Gegensatz zu anderen Weltgegenden, in denen die Leute den Internetsuchdienst nicht mit Einsprüchen überzogen haben, reisten Interessierte, die sich in den Straßen von Hamburg, München oder Berlin umschauen wollen, bisher stets in die Vergangenheit. Die meisten Aufnahmen stammten aus den Sommermonaten 2008, und abgesehen von einigen vollkommen unkenntlich gemachten Gebäuden, über denen ein unwirklicher Schleier lag, konnte man deshalb nur die Architektur und das urbane Leben Ende der Nullerjahre bewundern, sobald man bei Google eine Adresse eingab. Wenn mir nostalgisch zumute war, streifte ich nachts vor meinem Laptop sitzend durch Alt-Berlin, eingefroren im ersten Jahr der Finanzkrise, als sich der Beton in Gold zu verwandeln begann – zumindest für diejenigen, die genug Vermögen besaßen und sich eine Wohnung oder ein Haus leisten konnten. Ich erinnere mich, wie mir, es muss etwa zu jener Zeit gewesen sein, eine ehemalige RAF-Terroristin auf einer Buchpremierenfeier empfahl, doch meine Verwandten in Westdeutschland um Geld zu bitten. Ich weiß noch, ich dachte, wie absurd, dass ausgerechnet sie so eine Empfehlung ausspricht, aber ich zuckte bloß mit den Schultern. Ich hatte keine Verwandten in Westdeutschland, die mir, „dem ewigen Studenten“, wie sie bei jedem meiner Heimatbesuche betonten, ihre Ersparnisse anvertraut hätten. Damals, denke ich heute, wäre noch alles möglich gewesen, eine gesicherte Zukunft in der Stadt meiner Träume.

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