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#Das rosa Kaninchen bleibt da

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Im amerikanischen Zeichentrickfilm „Feivel, der Mauswanderer“ von 1986 findet sich im Laderaum eines Schiffes während einer At­lantiküberquerung von Ost nach West ei­ne Reihe von Migranten zusammen. Es sind lauter Mäuse, die genau wie die menschlichen Passagiere des Schiffs in Amerika ein besseres Leben suchen. Die Zukunft ist ungewiss, die Vergangenheit steht ihnen nur zu deutlich vor Augen.

Während der Überfahrt berichten sie ei­nander in einer gemeinsamen Gesangseinlage strophenweise von den ganz un­terschiedlichen bedrückenden Erlebnissen, die sie ins Exil getrieben haben, in denen aber jeweils grausam zähnefletschende Katzen die Hauptrolle spielen. Auf diese in Moll gehaltenen Strophen folgt jeweils der von allen gesungene Re­frain in Dur als schmetternde Fanfare: „Es gibt keine Katzen in Amerika“.

Der Film, in den ein Teil der Migrationsgeschichte von Steven Spielbergs ur­sprünglich aus Russland stammender Familie eingegangen ist, verdichtet in dieser Szene eine Erfahrung, die Auswanderung seit jeher prägt: Der Entschluss, das alte Leben zu verlassen, kann unterschiedliche konkrete Ursachen ha­ben. Strukturell aber ähneln sie sich oft, indem sie auf vergleichbaren äußeren Druck zurückgehen. Und die Hoffnung, die sich daran knüpft, ist groß genug, um Schwierigkeiten auszublenden oder gar nicht erst zu kennen, die mit der Migration verbunden sind – dass es eben doch Katzen in Amerika gibt, wird die Mäusefamilie bald erfahren.

Aufbruch, Umstände, Ankunft

Insofern ist das Bild, das als erste Station in die jetzt unter dem Titel „Horizonte“ eröffnete Nürnberger Ausstellung zur Migration einführt, treffend gewählt: Gerhard Richters „Seestück (bewölkt)“ von 1969. Es zeigt eine zusammengesetzte Landschaft aus Himmel und Meer, der Blick geht ins Unscharfe, und was dort hinter dem Horizont wartet, kann niemand sagen.

Auch die Ausstellung selbst, die sich einem Menschheitsthema stellt, das größer kaum zu denken wäre, hütet sich davor, apodiktische Thesen zum Phänomen der Migration zu formulieren. An deren Stelle tritt im diesmal eher durchlässig strukturierten Sonderausstellungsbereich des Germanischen Nationalmuseums zunächst der Blick auf den jeweils signifikanten Einzelfall. Dass der Besucher dadurch befähigt wird, am Ende der Ausstellung ein eigenes Resümee zu ziehen, ist der klugen Auswahl und Präsentation dieser Einzelfälle geschuldet.

Heute wie damals auf der Suche nach dem Gelobten Land: Das im Jahr 2019 von Flüchtlingen auf der griechischen Insel Lesbos geschaffene Gemeinschaftswerk des Hope Project „Der moderne Moses“


Heute wie damals auf der Suche nach dem Gelobten Land: Das im Jahr 2019 von Flüchtlingen auf der griechischen Insel Lesbos geschaffene Gemeinschaftswerk des Hope Project „Der moderne Moses“
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Bild: Germanisches Nationalmuseum Nürnberg

Strukturiert wird das in drei Bereichen, die dem Aufbruch, also den Ursachen von Migration, den Umständen der Reise selbst und der Ankunft in der neuen Um­gebung gewidmet sind. Dabei erinnern prähistorische Artefakte einer selbstverständlich mobilen Gesellschaft wie etwa ein Faustkeil aus Thüringen daran, dass die Sesshaftigkeit, ebenso wie vermutlich das Konzept „Heimat“, ein vergleichsweise junges Phänomen der Menschheitsgeschichte ist, und zugleich auch daran, dass Migration als Reaktion auf veränderte Umweltbedingungen schon sehr früh auftritt.

Ihren Schwerpunkt legt die Ausstellung allerdings auf die letzten drei Jahrhunderte bis zur Gegenwart und zeigt da­bei auch Exponate, die von einer vergleichsweise komfortablen Migration er­zählen, etwa eine Darstellung eines Fuhrwerks, auf dem eine Braut samt ihrer Aussteuer von einem Dorf ins andere ge­bracht wird – welche fundamentale Fremdheitserfahrung dies trotz einer ge­ringen räumlichen Distanz bedeuten kann, schildert dann Adalbert Stifters Erzählung „Bergkristall“.

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