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#Musik zu Filmen, die es gar nicht gibt

Musik zu Filmen, die es gar nicht gibt

Auf den ersten Blick wirkt die Wohnung von Cyprien Katsaris wie jede andere im gutbürgerlichen sechzehnten Arrondissement von Paris. Perserteppiche auf Parkett, goldgerahmte Gemälde an der Wand, Stilmöbel, die unter Zentnern von Memorabilien ächzen. Doch dann springen inkongruente Details ins Auge. Eine mächtige Bücherwand mit Schriften von L. Ron Hubbard am Eingang. Eine zweite im Esszimmer voller Ordner, die (fast) jeden über den Pianisten verfassten Artikel bergen. Daselbst ein Schrank mit gut vierzig mittelgroßen Modellen von Autos aus der Comicreihe „Tim und Struppi“. Im Wohnzimmer endlich, Weihnachten ist längst vorbei, ein künstlicher Tannenbaum, bestäubt mit weißem Glitter und besetzt mit roten Kugeln. „Ich mache auf Glenn Gould“, so erklärt der Hausherr verschmitzt die Präsenz dieses Zaungasts: „Zur Christnacht kommt er weg, den Rest des Jahres steht er da“.

Katsaris macht vieles anders als „klassische“ Pianisten (im doppelten Sinne des Wortes). Seit gut zehn Jahren beginnt er jeden seiner Klavierabende mit einer rund viertelstündigen Improvisation: Tannhäuser, Papageno, der Westminsterschlag und symphonische Evergreens ziehen da rauschend vorbei. In verlorenen Stunden schüttelt der Franko-Zypriot gern „Begleitmusiken für imaginäre Lichtspielszenen“ aus dem Ärmel. Dreiundzwanzig süffig kadenzierende Schnulzen mit Titeln wie „Sea Sickness“ oder „The Beautiful Waves“, inspiriert durch Ian Urbinas Reportagebuch „The Outlaw Ocean“, hat er im März auf digitalen Plattformen veröffentlicht. „Ich setze mich ans Klavier – und es strömt und strömt“, sagt er mit kindlich geweiteten Augen.

Seriöse Geister nennen so etwas unseriös. Aber der Supervirtuose verdient auch als Komponist ernstgenommen zu werden. Seine kunstvoll ziselierten Arrangements von Bachs „Badinerie“ oder des Tangos „La Cumparsita“ sind tönende Fabergé-Eier für verwöhnte Klavierliebhaber. Im Rahmen seiner konkurrenzlos vollständigen und ebenso blutvollen wie stilsicheren Gesamtaufnahme der Mozart-Konzerte hat Katsaris für jene Werke, für die keine originalen Kadenzen vorliegen, selbst welche komponiert. Und zwar jeweils im Doppelpack: die erste halbwegs stilecht, die zweite resolut verrückt. Die B-Kadenzen für die Ecksätze von KV 482 gleichen atemlosen Jagden, rauschenden Opernstrettas voller kontrapunktischer Kombinationen und (Beethoven-)Zitate – tolle Fusionen von Watteau und Makart. Doch Katsaris’ Opus magnum ist die 2017 eingespielte „Grande Fantaisie sur Zorba“, eine dreiundfünfzigminütige griechische Rhapsodie über nicht ganz klischeefreie Themen von Mikis Theodorakis: wild, perkussiv, zugleich archaisch und voll harmonischem Piment – ein Parforceritt.

Berühmt wurde der in Marseille geborene Pianist in den achtziger Jahren mit der Gesamtaufnahme von Beethovens Symphonien in Liszts Transkription. „Ständig werde ich darauf angesprochen“, seufzt er. Ebenso souverän wie sanguinisch, setzt die Einspielung bis heute Maßstäbe. „Etwa zehn Jahre lang an diesen Übertragungen gearbeitet zu haben, war unschätzbar lehrreich“, sagt der Pianist. „Man muss da orchestral denken, in anderen Klangwelten als jener des Klaviers.“

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