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#Nachspiel am Nürburgring

Nachspiel am Nürburgring

Die „Grüne Hölle“, das war in den vergangenen Wochen nicht der Nürburgring, sondern die Gegend darum. Teile der überfluteten Regionen und zerstörten Ortschaften liegen in der Nähe der traditionsreichen Rennstrecke. Der Ring selbst entwickelte sich in dieser Zeit für die Menschen zum Anlaufpunkt, ein Hort der Hilfe. Erst im Fahrerlager, später auf einem Zuschauerparkplatz richteten die Helferinnen und Helfer ihr „Bereitstellungszentrum“ ein: Maschinen, Werkzeug, Fahrzeuge, Generatoren, Zelte, Berge von Kleidung – alles, was dringend gebraucht wurde, fand und findet dort seinen Platz.

Bernd Freytag

Wirtschaftskorrespondent Rhein-Neckar-Saar mit Sitz in Mainz.

Am Donnerstag erinnerte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg die Landesregierung in Mainz allerdings an die weniger erbaulichen Seiten aus der jüngsten Vergangenheit der Rennstrecke. Dass der Ring über viele Jahre mit rund einer halben Milliarde Euro gefördert wurde und doch nicht vor der Insolvenz gerettet werden konnte. Mehr noch: Geht es nach dem obersten europäischen Gericht, muss der Verkauf an den Automobilzulieferer Capricorn 2014 nochmals geprüft werden.

Die Europäische Kommission habe zu Unrecht und ohne ein förmliches Prüfverfahren über den Verkauf an Capricorn entschieden. Die Firma des Düsseldorfer Unternehmers Robertino Wild hatte 77 Millionen Euro gezahlt. Zwei weitere Bieter wurden nicht berücksichtigt. Nach jahrelangem Rechtsstreit bekamen die beiden nun in weiten Teilen recht. Der EuGH hob damit ein früheres Urteil des Gerichts der Europäischen Union auf, durch das sich die Kommission in ihrem Vorgehen bestätigt sah. Heute gehört der Ring nicht mehr Capricorn, sondern einer Holding des Russen Viktor Charitonin. Als der klamme Düsseldorfer Mittelständler nicht mehr zahlen konnte, war der Oligarch da und kaufte den Ring – ein Debakel für die Landesregierung.

Aufbau eines Erlebnis- und Geschäftsparks spektakulär gescheitert

Unter dem einstigen Landesvater Kurt Beck hatten die Verantwortlichen in Mainz vergeblich versucht, die strukturschwache Region und den Ring mit einem Erlebnis- und Geschäftspark aufzuwerten. Doch die versprochene Privatfinanzierung von Diskos, Freizeitpark, Kongresszentrum und Hotels scheiterte spektakulär. Nachdem die Suche nach privaten Geldgebern gescheitert war, musste das Land selbst den Ausbau für rund 300 Millionen Euro finanzieren. Die Insolvenz im Jahr 2012 konnte es trotz des Kraftaktes nicht abwenden.

Das höchste europäische Gericht wirft der EU-Kommission vor, sie sei zu Unrecht davon ausgegangen, das Kauf­angebot von Capricorn sei durch eine Finanzierungszusage der Deutschen Bank garantiert gewesen. Das lasse „Zweifel an der Diskriminierungsfreiheit des Bietverfahrens“ aufkommen. Denn ein deutlich höheres Angebot des Bieters Nexovation sei gerade wegen des fehlenden Finanzierungsnachweises ausgeschlossen worden. Ob mit dem Verkauf an Capricorn auch eine staatliche Beihilfe verbunden war, muss Brüssel nun prüfen. Der EuGH beanstandete nicht die Geldmittel der Landesregierung an den früheren Eigentümer des Nürburgrings. Insoweit wies der Gerichtshof die Beschwerden zurück. Die beiden Kläger könnten unterschiedlicher nicht sein.

Auf der einen Seite Nexovation, ein amerikanisches Technologie-Unternehmen, das im Streit um den Ring US-Kongressabgeordnete einschaltete. Daneben der Verein „Ja zum Nürburgring“, in dem sich nach eigenen Angaben 360 Privatpersonen und Vertreter der Automobilverbände zusammengefunden hatten. Ihnen geht es um den Erhalt der Strecke. Durch die Entscheidung sieht sich der Vorsitzende des Vereins in seiner Kritik am Verkaufsverfahren bestätigt. „Es ist für uns nicht nachvollziehbar, warum erst die letzte Instanz bemüht werden musste, um die offensichtlich unzureichende Finanzierungslage der Käufer korrekt einzuordnen. Das Verkaufsverfahren ist nun endgültig als Farce entlarvt“, sagt Dieter Weidenbrück.

Matthias Nordmann, Anwalt der von Nexovation beauftragten Kanzlei Dentons, sagte, der Ball liege nun im Feld der Kommission. Diese werde angesichts der klaren Worte nicht um die Eröffnung eines förmlichen Prüfverfahrens herumkommen. Kommt die Kommission zu dem Ergebnis, dass der Käufer den Ring nicht zu Marktkonditionen erworben hat und damit rechtswidrig staatliche Beihilfen geflossen sind, ist der alte Kaufvertrag nichtig. Dann müsse es ein neues Bieterverfahren geben.

Die Landesregierung kommentierte das Urteil bis Donnerstagnachmittag nicht. Zur Zeit gibt es Wichtigeres. Für diesen Freitag hat Bundeskanzlerin Angela Merkel einen weiteren Besuch in den Flutgebieten angekündigt. Dann zeigt sich der Nürburgring noch mal von seiner besten Seite.

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