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#Selenskyj vergleicht Mariupol mit Verdun

„Selenskyj vergleicht Mariupol mit Verdun“

„Merci, Frankreich“: Mit einem Dankeschön hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj seine Rede an die beiden Kammern des französischen Parlaments beendet. Fast zwanzig Minuten lang sprach er über unsere „gemeinsame Freiheit“, die es zu verteidigen gelte, von Kiew bis Paris, von Berlin bis Madrid. Er lobte den Einsatz des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, mit dem er sich oft austausche. „Er beweist echte Führung“, sagte Selenskyj, der bei der direkten Videoübertragung ein olivfarbenes T-Shirt trug. Die Ukraine erwarte von der französischen Staatsführung weiterhin, dass sie Einfluss nehme, damit Russland endlich in eine Waffenruhe einwillige.

Mit Kritik sparte Selenskyj nicht, aber sie galt anders als im Bundestag nicht der Politik, sondern den Unternehmen. Der Automobilhersteller Renault, die Baumarktkette Leroy Merlin und die Supermarktkette Auchan dürften nicht weiter „die Sponsoren der russischen Kriegsmaschine“ bleiben. Der Präsident forderte, dass alle französischen Unternehmen ihre Geschäftsbeziehungen kappen und den russischen Markt verlassen. Das Mineralölunternehmen Total Energies erwähnte er nicht namentlich. „Sie müssen aufhören, den Mord von Kindern und Frauen und Vergewaltigungen zu finanzieren. Werte sind wichtiger als Profite“, sagte er.

Der rechtsbürgerliche Senatspräsident Gérard Larcher betonte zur Begrüßung, wie außergewöhnlich die Rede Selenskyjs an beide Parlamentskammern sei. „Zum ersten Mal in unserer parlamentarischen Geschichte empfangen wir einen Präsidenten, dessen Land im Krieg steht, in dessen Hauptstadt Luftschläge eingehen, die in diesem Augenblick an Intensität zunehmen“, sagte Larcher. Vor den Toren der EU sei Krieg. Das ukrainische Volk leiste heldenhaften Widerstand. Nichts könne „den mörderischen Wahn der russischen Verantwortlichen“ rechtfertigen. „Der Zeitpunkt ist gekommen, uns zu sagen, was Sie von unserem Land erwarten. Zweifeln Sie nicht an unserer Unterstützung!“, sagte der Senatspräsident. Die Ukraine kämpfe für die „Demokratie, den Humanismus, die Freiheit, kurzum für die europäische Zivilisation“, sagte Larcher. Die Ukraine gehöre zur europäischen Familie.

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Der Präsident der Nationalversammlung, Richard Ferrand (LREM), erinnerte daran, dass Selenskyj seine erste Auslandsreise 2019 Frankreich vorbehalten habe. Frankreich wolle an der Seite der Ukraine stehen und helfen, wo es nur könne, sagte er. Niemand wollte am Mittwoch im Parlament fehlen. Marine Le Pen sagte eigens einen Wahlkampftermin ab. Sie versucht ihre langjährige Förderung durch den Kreml vergessen zu machen. Sie verurteilt den russischen Krieg, lehnt aber schärfere Sanktionen wie ein Öl- und Gasembargo gegen Russland ab. Dabei macht sich die Rechtspopulistin das Argument der deutschen Ampelkoalition zu eigen. Höhere Energiepreise seien den Verbrauchern nicht zuzumuten. Außerdem sei eine Rezession mit steigender Arbeitslosigkeit zu befürchten, warnte Le Pens Sprecher Sébastien Chénu.

Selenskyj bat zum Auftakt seiner Rede die Senatoren und Abgeordneten, sich zu einer Schweigeminute für die Kriegsopfer zu erheben. Auch die Mitglieder des Pariser Stadtrats, die zu der Videoübertragung eingeladen worden waren, erhoben sich. Die Bilder aus Mariupol erinnerten an die von Verdun, sagte er. Der Vergleich mit dem Ersten Weltkrieg, als deutsche Truppen im Stellungskrieg weite Landstriche in Ruinenlandschaften verwandelten, verfehlte seine Wirkung nicht. Selenskyj blickte zurück auf das unter deutschem Impuls begründete Vierer-Verhandlungsformat „Normandie“, das er nach seiner Wahl zum Präsidenten vorgefunden habe. 2019 habe es einen Hoffnungsschimmer gegeben, als Russland in einen Gefangenenaustausch einwilligte. Doch der 24. Februar habe alle Hoffnung auf deutsch-französische Vermittlung zerbombt.

Der Präsident machte sich vor dem Parlament für neue, schärfere EU-Sanktionen gegen Russland stark, „damit die Freiheit siegen kann“. Er forderte auch verstärkte Waffenlieferungen, ohne konkreten Bedarf zu nennen. Frankreich hat im Gegensatz zu Deutschland genaue Angaben zu den Waffenlieferungen verweigert, um der russischen Seite möglichst wenig Informationen zuteilwerden zu lassen. „Wir erwarten von Frankreich, von ihrer Führung, dass unsere territoriale Integrität wieder hergestellt wird“, betonte Selenskyj. „Wir hoffen, dass unter französischer EU-Ratspräsidentschaft eine einzigartige und historische Entscheidung zugunsten eines EU-Beitritts der Ukraine fällt“, sagte er.

Den von britischer Seite erhobenen Vorwurf, Präsident Macron spreche zu oft mit Putin und wecke das Misstrauen der ukrainischen Staatsführung, bestätigte Selenskyj nicht. Macron hat seit Kriegsbeginn 17-mal mit Selenskyj telefoniert. Mit Putin kam es zu acht Unterredungen, davon zwei mit Bundeskanzler Olaf Scholz. Nach dem jüngsten Gespräch mit Putin am Dienstag bekundete Macron, er stehe „an der Seite der Ukraine“. „Es kann keinen anderen Ausweg als eine Waffenruhe und Verhandlungen Russlands mit der Ukraine geben“, teilte der Elysée-Palast mit. Die Lageeinschätzung in Paris ist sehr pessimistisch. Außenminister Jean-Yves Le Drian hat wiederholt auf die Kriegsführung Putins hingewiesen, die darin bestehe, Verhandlungsbereitschaft vorzutäuschen und gleichzeitig die Kriegsziele mit brutaler Gewalt weiterzuverfolgen.

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