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#Nanogerüst lässt Knorpel nachwachsen

Nanogerüst lässt Knorpel nachwachsen

Knorpelschäden im Knie, beispielsweise durch Verletzungen oder Arthrose, lassen sich bislang kaum heilen. An Kaninchen haben Forscher nun einen neuen Ansatz erprobt: Sie implantierten den Tieren in das betroffene Gelenk ein biologisch abbaubares Gerüst aus Nanofasern. Dieses war so konstruiert, dass es, angetrieben von den Bewegungen des Kaninchens, eine elektrische Spannung erzeugte. Diese regte die Zellen dazu an, neuen Knorpel zu bilden. Bei den auf diese Weise behandelten Tieren heilte das beschädigte Knorpelgewebe innerhalb von ein bis zwei Monaten Training nahezu vollständig aus. Weitere Studien sollen klären, inwieweit eine Anwendung beim Menschen in Frage kommen könnte.

Arthrose ist die häufigste Gelenkerkrankung in Deutschland und eine der Hauptursachen für chronische Schmerzen. Verschleiß und chronische Gelenkentzündungen sorgen dafür, dass der Knorpel in Gelenken abgebaut wird, sodass schließlich Knochen auf Knochen reiben. Entzündungshemmende Schmerzmittel können die Symptome lindern und den Abbau verlangsamen, jedoch nicht rückgängig machen. Bisherige Therapieansätze versuchen, den beschädigten Knorpel durch ein gesundes Stück von einer anderen Stelle des Körpers zu ersetzen. Dabei wird allerdings die Entnahmestelle verletzt. Versuche, den Knorpel im beschädigten Gelenk nachwachsen zu lassen, hatten bislang das Problem, dass der nachgewachsene Knorpel weniger stabil war als natürlicher.

Nanogerüst mit elektrischer Aktivität

Ein Team um Yang Lui von der University of Connecticut hat nun einen neuen Ansatz erprobt, der ebenfalls darauf zielt, Knorpel nachwachsen zu lassen. Während frühere Versuche in der Regel mit chemischen Wachstumsfaktoren gearbeitet haben, setzte Luis Team stattdessen auf elektrische Signale. „Studien haben gezeigt, dass Knorpel auf elektrische Stimulation reagiert“, erklären die Forscher. „Elektrische Felder fördern die Geweberegeneration.“ Die Forscher konstruierten daher ein Gerüst aus Nanofasern, die bei mechanischer Belastung eine elektrische Spannung erzeugen, sogenannte Piezoelektrizität. Als Material nutzten sie Poly-L-Milchsäure, ein biologisch abbaubares Polymer, das unter anderem zum Vernähen von Operationswunden verwendet wird.

Tatsächlich gelang es ihnen mit dem neu entwickelten Gerüst, in einer Zellkultur Knorpel nachwachsen zu lassen. Um die Wirksamkeit in echten Gelenken zu testen, fügten die Forscher zunächst mehreren Kaninchen schwere Knorpelschäden im Knie zu, die denen bei von Arthrose betroffenen Menschen ähnelten. Einer Gruppe von Kaninchen implantierten sie dann das piezoelektrische Nanogerüst, einer anderen Gruppe ein ähnliches Nanogerüst ohne piezoelektrische Aktivität. Eine Gruppe ohne Implantat diente als Kontrollgruppe.

Fast vollständige Knorpelregeneration

Nach einer vierwöchigen Erholungsphase nach der Operation unterzogen die Forscher jeweils die Hälfte der Kaninchen aus jeder Gruppe einem Trainingsprogramm. Dabei bekamen die Tiere die Gelegenheit, auf einem Laufband zu hüpfen. Durch die Bewegung wurde bei den Kaninchen mit entsprechendem Implantat das piezoelektrische Material gestaucht und gedehnt und erzeugte so ein schwaches elektrisches Feld. Nach ein bis zwei Monaten töteten die Forscher die Kaninchen und untersuchten, inwieweit sich der Knorpel regeneriert hatte.

Das Ergebnis: Bei den Tieren, die ein piezoelektrisches Implantat erhalten und danach trainiert hatten, hatte sich der beschädigte Knorpel fast vollständig regeneriert. Dabei machte es keinen Unterschied, ob das Training einen oder zwei Monate gedauert hatte. „Schon ein einmonatiges Training führte zu einer erheblichen Knorpelheilung und ließ kaum Raum für weitere Verbesserungen“, erklären die Forscher. Bei Kaninchen hingegen, die kein piezoelektrisches Implantat erhalten oder nicht trainiert hatten, verlief die Knorpelheilung deutlich langsamer.

Weitere Studien erforderlich

„Piezoelektrizität ist ein Phänomen, das auch im menschlichen Körper existiert. Knochen, Knorpel, Kollagen, DNA und verschiedene Proteine haben eine piezoelektrische Reaktion. Unser Ansatz zur Heilung von Knorpel ist in hohem Maße klinisch übertragbar, und wir werden die damit verbundenen Heilungsmechanismen untersuchen“, sagt Liu. Bevor die Ergebnisse allerdings tatsächlich in die Praxis übertragen werden können, sind weitere Studien erforderlich. „Mit unserer Studie haben wir nachgewiesen, dass das Konzept grundsätzlich funktioniert“, sagt Lius Kollege Nguyen. „Das Ergebnis ist faszinierend, aber wir müssen es noch an größeren Tieren überprüfen, die in Größe und Gewicht eher dem Menschen entsprechen. Zudem sollen die Tiere in zukünftigen Studien mindestens ein Jahr lang beobachtet werden, um die Haltbarkeit des Knorpels sicherzustellen.

Quelle: Yang Liu (University of Connecticut, USA) et al., Science Translational Medicine, doi: 10.1126/scitranslmed.abi7282

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