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#Netanjahu will offenbar Aussetzung der Justizreform verkünden

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ist offenbar bereit, einen wichtigen Teil der Justizreform seiner Regierung auszusetzen. Israelische Medien berichteten, der Regierungschef werde am Montagvormittag eine Rede halten, in der er dies verkünde.

Christian Meier

Politischer Korrespondent für den Nahen Osten und Nordostafrika.

Der Druck auf Netanjahu hatte zuvor zugenommen. Der Vorsitzende des Gewerkschaftsdachverbands Histadrut, Arnon Bar David, verkündete am Montagmorgen in einer Pressekonferenz einen Generalstreik, um „die juristische Revolution zu stoppen“. Unmittelbar im Anschluss teilte der Chef der Flughafengewerkschaft mit, dass es als Teil des Streiks ab sofort keine Abflüge vom Ben-Gurion-Flughafen mehr geben werde. Die Ärztegewerkschaft kündigte an, von Dienstag an zu streiken.

Der Minister für nationale Sicherheit und Vorsitzende der ultrarechten Partei „Jüdische Stärke“, Itamar Ben-Gvir, forderte Netanjahu dazu auf, die umstrittene Reform nicht auszusetzen. Auf Twitter schrieb er am Montagmorgen: „Die Reform des Justizsystems darf nicht gestoppt werden, und wir dürfen nicht gegenüber der Anarchie kapitulieren.“

Die innenpolitische Lage hatte sich seit der Entlassung von Verteidigungsminister Joav Galant am Sonntagabend weiter zugespitzt. Galant, der zu Netanjahus rechter Likud-Partei gehört, hatte sich am Samstag als erstes Kabinettsmitglied offen gegen die Pläne der Koalition gestellt. Er warnte, dass die Sicherheit des Landes auf dem Spiel stehe, da immer mehr Reservisten der Armee ihren Dienst aus Protest gegen die Justizreform verweigern wollten. Am Sonntagabend verkündete das Regierungspresseamt die Entlassung Galants. Daraufhin zogen vor allem in Tel Aviv abermals Zehntausende Menschen auf die Straße.

Die Straßen von Tel Aviv am Sonntagabend


Die Straßen von Tel Aviv am Sonntagabend
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Bild: dpa

Schon am Samstag hatten dort rund 200.000 Menschen gegen die Pläne der Regierung protestiert. Auch am Sonntagabend blockierten Demonstranten mit Israel-Fahnen zentrale Verkehrsachsen und setzten Reifen in Brand. Die Polizei ging mit Reiterstaffeln und Wasserwerfern gegen die Menge vor, aus der Steine auf die Einsatzkräfte flogen. In Jerusalem durchbrachen wütende Menschen eine Straßensperre neben Netanjahus Wohnhaus, der Chef des Inlandsgeheimdienstes Schin Bet begab sich noch in der Nacht dorthin.

In der Nacht rief Netanjahu dann die Führer seiner ultrarechten Koalition zu Beratungen zusammen. Die linksliberale Zeitung „Haaretz“ berichtete, Netanjahu und der Vorsitzende der ultraorthodoxen Schas-Partei, Arye Dery, hätten sich für eine Aussetzung der Reform ausgesprochen. Auch zwei weitere ultraorthodoxe Parteien sollen sich offen für eine Pausierung der Pläne gezeigt haben. Justizminister Yariv Levin hingegen habe mit seinem Rücktritt gedroht, sollten die Neuregelungen nicht wie geplant umgesetzt werden, berichtete „Haaretz“.

Justizausschuss treibt Reform dennoch voran

Dennoch trieb der Justizausschuss der israelischen Knesset am Montagmorgen das Gesetzgebungsverfahren für einen Kernteil der Reform weiter voran. Dabei geht es um eine Änderung der Besetzung des Richterwahlausschusses, der unter anderem auch die Richter für das Höchste Gericht bestimmt. Durch die Änderung könnten die jeweiligen Regierungskoalitionen mit eigener Mehrheit über die Besetzung der Posten entscheiden. Das würde nach Ansicht von Kritikern dazu führen, dass die Regierung die Justiz unter ihre Kontrolle bringe und die Gewaltenteilung aufgehoben werde. Vor allem Israels Rechte, aber auch renommierte Staatsrechtler, werfen dem Höchsten Gericht seit Langem vor, sich immer wieder in rein politische Fragen einzumischen. Der Justizausschuss stimmte am Vormittag unter lautem Protest der Opposition für den Gesetzestext, der laut Planung am Montag in letzter Lesung verabschiedet werden sollte.

Andere Teile der Reform sehen Einschränkungen für die Aufhebung von Gesetzen durch das Höchste Gericht vor und sollen der Knesset ermöglichen, Gesetze wieder in Kraft zu setzen, die das höchste Gericht aufgehoben hat. Zudem werden Verfahren für den Erlass von „Grundgesetzen“ bestimmt, die in Israel eine Art Verfassung bieten. Ein Grund für die Justizreform ist auch, dass viele fundamentale Fragen – etwa die Mehrheiten, die zum Erlass von Grundgesetzen nötig sind – in Israel bislang nie gesetzlich geregelt wurden.

Mehrere Bürgermeister im Hungerstreik

Auch international lösten die Pläne erhebliche Kritik aus. Selbst die US-Regierung als wichtigster Verbündeter Israels zeigte sich in einer Stellungnahme „tief besorgt“: Angesichts der geplanten „grundlegenden Änderungen an einem demokratischen System“ rief das Weiße Haus die israelische Führung „nachdrücklich auf, sobald wie möglich einen Kompromiss zu finden“.

Israelische Universitäten verkündeten am Sonntagabend aus Protest gegen die Entlassung Galants und die Reformpläne einen vorläufigen Unterrichtsstopp. Mehrere Bürgermeister traten in den Hungerstreik und forderten eine sofortige Eindämmung der nationalen Krise. Der Dachverband der Gewerkschaften (Histadrut) setzte für Montag eine Pressekonferenz an, allem Anschein nach zur Ausrufung eines Generalstreiks.

Der ehemalige Ministerpräsident Naftali Bennett warnte, Israel befinde sich in der größten Gefahr seit dem Jom-Kippur-Krieg 1973. Arabische Staaten hatten Israel damals überraschend am höchsten jüdischen Feiertag angegriffen. Bennett rief Netanjahu dazu auf, die Entlassung Galants zurückzunehmen, die Reform auszusetzen und einen Dialog mit den Gegnern aufzunehmen. Die Demonstranten ermahnte er, keine Gewalt anzuwenden und Blutvergießen zu verhindern. „Wir sind Brüder“, schrieb Bennett.

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