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#Nur Autor von Spionageromanen?

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Nur Autor von Spionageromanen?

Vor zwölf Jahren schrieb der britische „Guardian“ in einem Leitartikel, der Kalte Krieg habe in der englischen Literatur keine bedeutenden Romane hervorgebracht. Die große Ausnahme sei David Cornwell, besser bekannt als John le Carré, der mit „Der Spion, der aus der Kälte kam“ 1963 zu Geld und Ruhm gekommen war. Tatsächlich erzielte dieser kurze Roman eine ungeheure Wirkung. Erschienen nach dem Bau der Mauer und vor der Ermordung John F. Kennedys, bündelte sich in der traurigen Geschichte um einen britischen Spion, der vom eigenen Geheimdienst zynisch verkauft wird, die politische Krisenstimmung der frühen sechziger Jahre. Der Roman wurde nicht nur verschlungen, weiterempfohlen, in viele Sprachen übersetzt und mit Richard Burton verfilmt, sondern sofort als bedeutender Ausdruck der zeitgenössischen Kultur erkannt. Zuvor hatte es durch Ian Fleming den lässigen Agenten im Smoking gegeben – mit Le Carré war der Spionageroman erwachsen geworden und endlich in der Wirklichkeit angekommen.

Paul Ingendaay

Diese Wirklichkeit war unwiderruflich düster, schmutzig und in moralisches Zwielicht getaucht. Nicht die Werte, aber die Methoden der Abwehrdienste in Ost und West glichen einander. Keine der zahlreichen Le-Carré-Verfilmungen hat das besser erfasst als „Dame, König, As, Spion“ von Tomas Alfredson (2011). Die kranken Grün- und Grautöne und das versiffte britische Nachkriegsmobiliar, das so erschöpft wirkt wie die Gesichter der Agenten, machen jede Vorstellung von „guten“ und „bösen“ Geheimdiensten obsolet.

Was von der Nachwelt für aufbewahrenswert gehalten wird, ist nicht nur Moden, sondern langfristigen Schwankungen im kulturellen Gedächtnis unterworfen. Ordnungssysteme und Etiketten spielen dabei eine entscheidende Rolle. Etwas, für das es noch keinen Begriff gibt, wird leicht missverstanden und umso schneller beiseitegeschoben; oft lenken Oberflächenphänomene vom Eigentlichen ab; und manchmal ist der Kulturbetrieb einfach nur phantasielos. So wurden die Romane von Georges Simenon (1903 bis 1989) im Lauf der Jahrzehnte von einer schleichenden Umwertung erfasst, und eines Tages waren sie von der billigen Ecke in der Buchhandlung ins Klassikerregal befördert worden.

Unterhaltung ist immer noch suspekt

Debatten um Wert und Wichtigkeit bestimmter Literaturen entzünden sich oft an den Entscheidungen des Nobelpreiskomitees. Gegen die Schwedische Akademie lässt sich inzwischen ein dreifacher Vorwurf erheben: zuerst die prinzipielle Missachtung von Frauen. Sodann, revolutionäre Künstler wie Proust, Joyce, Virginia Woolf und Borges systematisch übergangen zu haben. Und letztens, populären Schriftstellern wie Simenon, Eric Ambler, Patricia Highsmith oder John le Carré mit Hochnäsigkeit und Ablehnung begegnet zu sein. Gemessen daran, dass die Akademie mehrere Jahrzehnte Zeit hätte, ihre Versäumnisse nachzuholen, sind erstaunlich viele emblematische Autoren unserer Zeit übersehen worden.

Ian McEwan befand, le Carré werde möglicherweise als „der bedeutendste britische Romanautor der zweiten Jahrhunderthälfte“ in Erinnerung bleiben.


Ian McEwan befand, le Carré werde möglicherweise als „der bedeutendste britische Romanautor der zweiten Jahrhunderthälfte“ in Erinnerung bleiben.
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Bild: Helmut Fricke

Dem dritten Versäumnis liegt offensichtlich ein enger Begriff von „Genre-Literatur“ zugrunde. Genre bedeutet ja, innerhalb einer bestimmten Gattung zu schreiben und leicht klassifizierbar zu sein. „Der Spion, der aus der Kälte kam“, Le Carrés dritter Roman, wollte das Gegenteil. Er erschien 1963 in England nicht mehr mit dem gelben Krimiumschlag der beiden früheren Bücher „Schatten von gestern“ (Call for the Dead, 1961) und „Ein Mord erster Klasse“ (A Murder of Quality, 1962), sondern im Hauptprogramm seines Verlags. Die Leser sollten das Gefühl haben, sie läsen mehr als nur einen Spionageroman.

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