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#Nur ein Gerücht in unserer Stadt

Nur ein Gerücht in unserer Stadt

Wir sehen Elvis Costello in Hoodie und Sonnenbrille zu Hause in Vancouver, wo er mit seiner Frau, der kanadischen Jazzmusikerin Diana Krall, lebt – und jetzt in die Zoom-Kamera blickt. Anfangs wirkt er etwas mürrisch, hellt aber bald auf. Am Ende des Gesprächs sagt er: „Ehrlich gesagt wollte ich nicht Sänger werden. Ich wollte Songwriter werden.“ Davor reden wir über „Shipbuilding“, seine 1983 erschienene Nebelballade über den Falklandkrieg. Der Songwriter Costello schrieb den Text ursprünglich für Robert Wyatt, der ihn in einer eher dünnen Version auch als Erster vertonte, bevor der Sänger Costello das Lied für sein Album „Punch the Clock“ doch selbst aufnahm. Zwei Geschichten stecken darin – eine politische und eine musikhistorische.

Über Costello und die Politik der Thatcher-Ära kann man ein ganzes Buch füllen. In „Tramp the Dirt Down“, einem in keltische Schönheit gekleideten Folksong, sang Costello, er wolle einst die Erde auf dem Grab der Premierministerin festtrampeln. „Shipbuilding“ geht subtiler vor. Wie Mark Knopflers Falklandkriegslied „Brothers in Arms“ schweigt es von den politischen Akteuren. Weder Kriegsparteien (das Vereinigte Königreich und Argentinien) noch -schauplatz (die von beiden Regierungen beanspruchten Falklandinseln im Südatlantik) finden Erwähnung. Die Zeilen „The boy said, ‚Dad, they’re going to take me to task / But I will be back by Christmas‘“ erinnern allenfalls leise an den Ersten Weltkrieg. 1914 hieß es im Königreich, bis Weihnachten Weihnachten seien alle wieder zu Hause. Es stimmte bekanntlich nicht. 1982 stimmte es nur teilweise. In dem zweieinhalb Monate andauernden Konflikt starben 255 Menschen auf britischer und 649 auf argentinischer Seite.

Is it worth it?

A new winter coat and shoes for the wife

And a bicycle on the boy’s birthday

It’s just a rumour that was spread around town

In „Shipbuilding“ ernährt der Krieg nicht den Krieg. Er ernährt die Hafenstädte, deren Werften aus ihrem Dornröschenschlaf geweckt werden. Die Royal Navy brauche Schiffe, heißt es, bald werde es wieder Arbeit geben. Oder ist das nur Gemurmel, das sich in der Stadt verbreitet wie ein Wunsch? Schon träumt man vom neuen Wintermantel für die Frau, vom Fahrrad für den Jungen.

Is it worth it? Der argentinische Erzähler Jorge Luis Borges bezeichnete den Falklandkrieg als „Streit zweier glatzköpfiger Männer um einen Kamm“. Die in Buenos Aires regierende Militärjunta wollte die Falklandinseln, deren Bewohner sich fast ausnahmslos als Briten sahen, unter ihre Herrschaft bringen, um von einer Wirtschaftskrise abzulenken und die Zustimmung der Bevölkerung zu vergrößern. London hatte sich ohnehin lange nicht sonderlich für den ein Weltmeer entfernten Archipel interessiert. Die schmerzlos gebilligte Rechnung der Labour-Regierungen, die vor Margaret Thatcher an der Macht waren, besagte, dass die Inseln innerhalb der nächsten Jahrzehnte geordnet an Argentinien gehen würden. Erst nachdem Argentinien 1976 durch einen Militärputsch (wieder) zur Diktatur geworden war, änderte London langsam seine Haltung. An eine Terrorherrschaft wollte man kein Gebiet abtreten – jedenfalls noch nicht. Als Argentinien am 2. April 1982 überraschend zur Annexion blies, mobilisierte Thatcher die Marine.

Within weeks they’ll be re-opening the shipyard

And notifying the next of kin

Once again

It’s all we’re skilled in

We will be shipbuilding

Verglichen mit der Hampelmann-Coolness, die Costello in Songs wie „(What’s So Funny ’Bout) Peace, Love and Understanding“ verkörpert, ist „Shipbuilding“ ungewohnt bedeutungsschwer. Die düstere Klaviermusik und die Melodie stammten von Clive Langer, der vorrangig als Plattenproduzent renommiert war und „Punch the Clock“ später auch gemeinsam mit Alan Winstanley produzieren sollte. Unzufrieden mit dem eigenen Text, bat er Costello, sich daran zu versuchen, mit dem designierten Interpreten Robert Wyatt im Hinterkopf.

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