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#O2-Kunden landen in der Abo-Falle und wissen es meist gar nicht

Seit Jahren landen Kunden von O2 in dubiosen Abo-Fallen. Noch immer sollen Tausende betroffen sein – und viele wissen es noch nicht einmal. Wir zeigen dir, wie die Abo-Falle zuschnappt, wer dahintersteckt und wie man sich dagegen wehren kann.

O2-Kunden landen in der Abo-Falle und wissen es meist gar nicht
O2-Kunden landen in der Abo-Falle und wissen es meist gar nichtBildquelle: Telefónica

Immer wieder beschweren sich Kunden von O2 im Forum, in Shops oder an der Hotline über Abos, die sie nie abgeschlossen haben. Betroffene gibt es, so ein Insider gegenüber inside digital, tausende. Pro Woche soll es bundesweit in mindestens 300 O2-eigenen und Partnershops 8 bis 10 Reklamationen geben. Das wären mindestens gut 10.000 Fälle pro Monat. Die Dunkelziffer dürfte noch deutlich höher sein, da nicht jeder regelmäßig seine Mobilfunkrechnung prüft. O2 aber dementiert und sieht keine Auffälligkeiten. Doch was ist da wirklich los? Wie können plötzlich monatliche Abos von 7,99 oder 9,99 Euro auf der Rechnung auftauchen?

Jeder O2-Kunde kann Opfer sein

Regelmäßig tappen Handy-Nutzer in Abofallen – und das bereits seit vielen Jahren. Hier haben wir über mehrere schwerwiegende Fälle berichtet. Anfang 2020 wollte sich die Bundesnetzagentur das nicht mehr länger mit ansehen und schob der Abzocke einen Riegel vor. Telekom, O2, Vodafone und Co. sollten fortan mobiles Bezahlen sicherer und vor allem trans­parenter machen. Im Detail sollte das so aussehen: Kaufst du etwas bei einem Drittanbieter im Internet, muss dein Mobilfunkanbieter dich auf seine eigene Internetseite umleiten. Erst hier schließt du dann den Kauf per Klick auf einen Button mit eindeutiger Aufschrift wie „zahlungs­pflichtig bestellen“ ab. Doch trotz Mobilfunkgarantie und der Vorschrift der Bundesnetzagentur tappen heute noch immer viele Menschen in die Abo-Falle und stellen erst viel später fest, dass ihnen etwa für ein Musik-Abo bei O2 rund 16 Euro monatlich vom Konto abgebucht werden. Uns liegen dutzende aktuelle Fälle vor, die uns Shop-Betreiber zugespielt haben.

In einem Fall ist einer O2-Kundin erst nach 15 Monaten aufgefallen, dass sie ein Gymondo-Fitness-Abo abgeschlossen haben soll. Sie zahlt rund 10 Euro pro Monat, hat ihre Rechnungen nie überprüft, da sie seit fast 20 Jahren O2 vertraut hat, sagt sie. Wie Einträge in der O2 Community zeigen, ist sie nicht allein. „Mir ist das gleiche heute auch passiert … Gymondo Abo hat sich von alleine abgeschlossen“, lautet etwa einer der 225 Einträge in dem Forum. Neben nicht abgeschlossenen, aber auf der Rechnung ausgewiesenen Abos für Gymondo Fitness, haben wir auch Belege darüber, dass Kunden ungewollte Abos für das O2 Music Paket oder die O2 Unlimited Games Flatrate haben. Und sie zahlen bis zu 16 Euro im Monat dafür. Für Dienste, die sie nie abonniert haben und nicht nutzen.

O2 Music Paket Abo
O2 Music Paket Abo

So funktioniert die Abo-Falle über O2 und Co.

Doch, wie kann das sein? Wie können Handy-Nutzer heute noch immer in solche Abo-Fallen tappen? Wir haben mit einer Expertin gesprochen, die sich mit Werbung und Tricks im Internet auskennt. Sie sagt uns, dass jeder Hacker mit krimineller Energie solche sogenannten iframe-Layer auf praktisch jeder Internetseite einbauen kann. Landet ein Handy-Nutzer auf einer solchen Seite, läuft im Hintergrund ein Identifikationsprozess der Mobilfunknummer ab und Zahlungsinformationen werden an den Mobilfunkanbieter gesendet.

Die Verbraucherzentrale erklärt dieses sogenannte Clickjacking wie folgt: „Auf dem Smartphone wird zum Beispiel eine Werbung angezeigt und Sie tippen eine Schaltfläche an, um die Werbung zu schließen. Die Anzeige ist aber so manipuliert, dass im Hintergrund ein „Kaufen“-Button des Drittanbieters aktiviert wird.“ Und das kann auch auf seriösen Internetseite und in Apps wie etwa YouTube oder TikTok der Fall sein. Das Perfide: Mithilfe dieser iframes lässt sich grundsätzlich jede Schaltfläche auf einer Website so manipulieren, dass die von Hackern gewünschten Aktionen unwissentlich vom Nutzer ausgeführt werden.

Wer profitiert davon?

Die Verbraucherzentrale erklärt zudem, dass unseriöse Abo-Betreiber gerne auf das Clickjacking setzen. Ist O2 also unseriös? Wir haben bei O2 nachgefragt, wer davon profitiert und ob Telefónica sogar einen Dienstleister beauftragt, Layer über Werbeanzeigen zu legen. Der Netzbetreiber antwortet uns: „Nachdem der Kunde den Kauf-Button geklickt hat, kann er seinen Kauf bei Bedarf oder Versehen auf der Kaufbestätigungsseite direkt wieder stornieren.“ Trotzdem könne es zu Fehlkäufen kommen, da etwa Kinder das Handy benutzt haben und keine entsprechende Sperre gesetzt war, erklärt uns eine Sprecherin.

→ O2: Preise steigen, Leistung sinkt

Clickjacking jedoch, sei das nicht, erklärt man uns. Zudem erhalte der Kunde eine Bestätigungs-SMS, die ebenfalls einen Verweis auf die Kündigungsmöglichkeit seines Kaufs gebe. „Kund:innen haben also Gelegenheit, ihre Kaufentscheidung zu korrigieren.“

So kann man sich vor der Abo-Falle schützen

Ein Shop-Betreiber sagt uns, dass Kunden nach dem unabsichtlichen Abschluss eines Abos zwar eine SMS bekommen, in der ihnen aufgezeigt wird, dass sie ein Abo abgeschlossen haben. Allerdings reagieren viele oft gar nicht auf diese SMS und gehen häufig von Spam aus. Auch, weil sie sich darüber im Klaren sind, kein Abo auf irgendeiner Internetseite oder in einer App abgeschlossen zu haben. Doch das sollte das erste Warnsignal sein. Zudem sollte man immer wieder seine Mobilfunkrechnung kontrollieren. Auf dieser Internetseite von O2 kann man sofort herausfinden, ob man ein Abo abgeschlossen hat und es hier auch kündigen.

Damit es gar nicht erst zu ungewollten Abbuchungen und solchen Abo-Fallen kommt, kann man beim Mobilfunkunternehmen eine sogenannte Drittanbietersperre einrichten lassen. Die kann man etwa per Brief beauftragen. Die Verbraucherzentrale hat dafür diesen Musterbrief. Eine Drittanbietersperre lässt sich aber auch per E-Mail und oftmals auch über das Kundenportal oder eine Kunden-App des Anbieters einrichten.

→ O2-Mitarbeiter packt aus: So werden Kunden belogen, beklaut und abgezockt

Allerdings muss man beachten, dass die Sperre erst dann aktiv ist und nicht mehr für bereits unfreiwillig abgeschlossene Abos gilt. Seit Ende 2023 greift diese Drittanbietersperre auch bei den Diensten von O2, also beim Music Paket und bei der Unlimited Games Flatrate, erklärt uns ein Shop-Betreiber. Davor seien O2 Kunden auch trotz eingerichteter Drittanbietersperre in der Abo-Falle gelandet.

Das können Kunden tun, wenn es zu spät ist

Hast du festgestellt, dass dir bereits Abos in Rechnung gestellt werden, die du aber nie abgeschlossen hast, solltest du umgehend reagieren. Das ungewollte Abo solltest du bei der Abrechnungsfirma (oder direkt beim Abo-Betreiber) deaktivieren (online oder per Musterbrief von der Verbraucherzentrale). Das ist Voraussetzung dafür, vom Mobilfunkanbieter im Zuge der Mobilfunkgarantie das Geld erstattet zu bekommen. Überdies solltest du beim Abo-Betreiber und Mobilfunkanbieter, in diesem Fall O2, die Rechnung beanstanden und den Betrag zurückfordern (auch dafür gibt es einen Musterbrief).

Beim Mobilfunkanbieter lässt sich die Handyrechnung bis zu acht Wochen nach der Rechnungszustellung beanstanden. Zwar kannst du auch per E-Mail widersprechen. Wir empfehlen aber, die Beanstandung per Einschreiben mit Rückschein zu versenden. Ohne Rückschein kann es passieren, dass der Widerruf seitens des Mobilfunkanbieters nicht weiter beachtet wird und in „Vergessenheit“ gerät.

Anzeige erstatten

Ein Insider verrät uns, wann O2 besonders schnell handelt. Nicht etwa an der Hotline, in der man erst lange Zeit warten muss und anschließend nicht sicher sein kann, ob das Abo wirklich gekündigt wurde. Am besten auf den Hilfeseiten in der O2 Community anmelden und sich öffentlich zu dem Fall äußern. Wir haben uns viele dieser Hilfeseiten angesehen und Mitarbeiter von O2 haben hier meist schnell reagiert und das laufende Abo gekündigt. Oder aber man geht in einen O2-Shop und beschwert sich dort.

Ein Shop-Betreiber erklärt uns, dass O2 aber keine Kulanzgutschriften macht, obwohl der Anbieter weiß, dass Kunden unwissentlich in die Abo-Falle tappen. Das würde bedeuten: O2 profitiert von den Einnahmen, die über die Abos reinkommen, die der Kunde aber niemals nutzt. Ein Sprecher des Netzbetreibers aber sagt uns, dass sich die Stornierungen der Abos im Promillebereich bewegen und man von Fall zu Fall schaut, wie kulant man sein kann. „O2 Telefónica ist maximal kulant bei Erstattung. Das heißt, sollten Kund:innen das Angebot nie genutzt haben, dann werden die entstandenen Kosten erstattet“, erklärt uns ein Sprecher.

Bist du in eine Abo-Falle geraten, solltest du den Dritt­anbieter wegen Betrugs bei der Polizei anzeigen und bei der Bundesnetzagentur melden. Damit diesen Unternehmen das Handwerk gelegt wird – wenn man dieses Vorgehen denn als Handwerk bezeichnen möchte.

Bildquellen

  • O2 Music Paket Abo: inside digital
  • Vodafone ist krank: Aus diesen Gründen fliehen Kunden in Scharen: Blasius Kawalkowski / inside digital
  • O2-Kunden landen in der Abo-Falle und wissen es meist gar nicht: Telefónica

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